BLKÖ:Kigler, Ferdinand

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kilanyi, Ludwig
Band: 11 (1864), ab Seite: 259. (Quelle)
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Kigler, Ferdinand (Piarist und Schulmann, geb. zu Wien 23. März 1736, gest. zu Gratz 26. April 1799). Sohn eines herrschaftlichen Wirthschaftsbeamten. Der Sohn FranzFerdinand ist sein Klostername – besuchte die Piaristenschule in der Josephstadt in Wien und trat im Alter von 15 Jahren in den Orden, dessen Unterricht er genossen hatte. Er vollendete in demselben seine Studien und erhielt 1759 die h. Weihen. Den Ordensregeln gemäß versah er nun durch mehrere Jahre das Lehramt im Löwenburg’schen Convicte, in der savoyischen Ritterakademie, bis er im Jahre 1781 von Kaiser Joseph II. den Auftrag erhielt, die Normalschulen in Ungarn einzurichten. Ohne den kaiserlichen Auftrag in seinem Wortlaute zu nehmen, wählte er zuerst ein und zwar das Preßburger Comitat zur Probe und errichtete daselbst die Haupt- und Trivialschulen, stellte die Lehrer an, richtete den ganzen Organismus ein und sorgte für den pädagogischen Unterricht in der Lehrmethode. K. hatte diese Aufgabe so zur Zufriedenheit des Kaisers gelöst, daß er den Auftrag erhielt, nach diesem Muster die Nationalschulen in ganz Ungarn einzurichten. Er begab sich zu diesem Zwecke nach Ofen und fand da, wie vorauszusehen war, große Hindernisse, insbesondere von Seite der nationalen Partei. Jedoch war dieser Widerstand bald gebrochen und wurde von K. an die Einführung der Normalschulen nach dem Bedürfnisse der verschiedenen Nationen und Religionen ernstlich Hand angelegt. Früher schon hatte er sich um Reorganisation des königlichen Waisenstiftes zu Tallosch nicht geringe Verdienste erworben. Das Stift lag in einer so ungesunden Gegend, daß es mehr einem Spitale als einer Erziehungsanstalt glich. Die Kaiserin Maria Theresia hatte K. dahin abgeschickt, um die Verhältnisse genau zu untersuchen und zu prüfen. In Folge seines Berichtes wurde das ganze Institut nach Wartberg übersetzt, wo es unter dem Namen Orphanotrophium regium Szempcinense seine neue Wirksamkeit begann. Die Einrichtung des Stiftes fand nach einem fast großartigen Maßstabe Statt und gedieh unter K.’s unmittelbarer Leitung vortrefflich. Die Kaiserin belohnte K. nicht nur mit der großen goldenen Medaille, sondern Kaiser Joseph ernannte ihn im Jahre [260] 1784 zum Propste und infulirten Abte von Tég. Der Kaiser selbst äußerte sich bei einem Besuche des Stiftes: „Er habe in seinen Staaten kein solches Institut, wie jenes zu Wartberg“. Und dennoch konnte es sich nicht halten. Graf Nitzky, Präsident der ungarischen Statthalterei, erklärte es als gegen das System, daß dieses Stift bestehe und erzielte endlich 1786 – nicht dessen sogleiche Aufhebung – aber dessen Uebersiedlung nach Preßburg, wo es den Nationalen weniger in die Augen stach. Aber diese Uebersiedlung wurde allmälig eine Auflösung der Anstalt. Kaiser Joseph wollte nun K., auf den er ein besonderes Vertrauen setzte, in die Niederlande senden, um dort die Oberaufsicht des gesammten Schulwesens zu führen. Da aber K. zur Uebernahme dieses Postens sich nicht entschließen konnte, wurde er am 10. März 1787 Oberaufseher der Schulen von Innerösterreich, wie damals die vereinigten Kronländer Steiermark, Kärnthen und Krain hießen. Bei dem verkommenen Zustande, in welchem zu jener Zeit das Schulwesen in diesen Provinzen sich befand, hatte K. eine nicht kleine Aufgabe zu lösen. Zuerst reformirte er die Normalschule in Gratz in Haupt und Gliedern. Dann dehnte er seine Sorgfalt weiter aus; war vornehmlich auf Einführung einer verbesserten Katechetik nach den Grundsätzen der Sokratischen Lehrart und katechetischer Unterrichtsanstalten in Innerösterreich nach dieser Lehrmethode bedacht. Männer wie Paul Jahndl, Sylvester Vogtner u. A. gingen unter K.’s Leitung hervor. Als unter Kaiser Leopold II. die Verwaltung Kärnthens und Krains von jener Steiermarks getrennt wurde, hörte natürlich auch K.’s Oberaufsicht für jene zwei Provinzen auf, aber eine Hofverordnung bestimmte, daß in zweifelhaften Fällen sich an den steiermärkischen Oberaufseher Abt Kigler zu wenden und nach seinen Rathschlägen zu verhalten sei. So ist Kigler der Begründer des neuen Elementarschulwesens in Innerösterreich, welches er im Josephinischen Geiste organisirt und reformirt hatte. K. war ein Liebling der großen Maria Theresia, der, wenn die Fürstin nicht in Staatsgeschäften begriffen war, unangemeldet vor ihr erscheinen durfte und dessen Rathes sie sich nicht selten in den wichtigsten Fällen bediente. Auch der Kaiser, dessen Jugendgespiele K. war – denn Kigler’s Schwester Therese war der Kaiserin erste Kammerfrau und gleichfalls ihr Liebling – setzte großes Vertrauen auf den ebenso freimüthigen als charakterstarken und des großen Zieles, das er vor Augen hatte, sich bewußten Priester. Männer wie Van Swieten, Hofkanzler Franz Graf Eßterházy, der Primas von Ungarn Fürst Batthyany, der Bischof von Raab Fengler, Alexander Graf Engel, Gratian Marx und Andere waren K.’s Gönner und Freunde. In den Acten liegen seine oft umfassenden, ebenso gründlichen als freimüthigen Elaborate über das Schulwesen, und es war ein nicht unbedeutender Verlust für dasselbe, als ihn im Alter von 63 Jahren der Tod hinwegraffte.

Kunitsch (Michael), Biographien merkwürdiger Männer der österreichischen Monarchie (Wien 1805, Tänzer, kl. 8°.) Bdchn. III, S. 46.