Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Jelinek, J.
Band: 10 (1863), ab Seite: 134. (Quelle)
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Jelky, Andreas (Reisender, geb. zu Baja im Bacser Comitate Ungarns 30. Juli 1730, gest. zu Ofen 6. December 1783). Der Sohn eines kais. ausgedienten Soldaten, der sich zu Baja niedergelassen hatte, wo er das Schneiderhandwerk betrieb und seine Kinder Handwerker werden ließ. Jelky’s älterer Bruder war bereits kais. Garderobeschneider in Wien und zu diesem wurde nun auch Andreas geschickt. Nachdem er einige Zeit bei ihm gearbeitet, ging er auf dessen Rath auf Wanderschaft, und von diesem Zeitpuncte beginnen die wunderlichen, bald widrigen, bald glücklichen Ereignisse seines Lebens, welche Stoff zu einem bändereichen Romane böten und die hier nur angedeutet werden können. Schon in Erlangen, wo er 1754 zum ersten Male Halt machte, entging er nur mit List preußischen Werbern; in Hanau wurde er jedoch gepackt und in den Soldatenrock gesteckt, um nach Amerika überschifft zu werden. Hier entkam er durch die Flucht und gelangte mit einem Gefährten, der sich ihm auf dem Wege angeschlossen und für reich ausgegeben hatte, nach Rotterdam. Dort [135] lebten sie mehrere Tage flott im Gasthause, und als es zur Zahlung der Zeche kam, war der reiche Kamerad verschwunden und Jelky als Landläufer an Bord eines Transportschiffes gebracht. Dieses Schiff war nach Ostindien bestimmt, scheiterte aber bereits im Canal von Calais. Jelky rettete sich auf einem Balken schwimmend und fand in einem Maltheserschiffe, welches gegen die Barbaresken kreuzte, Aufnahme. Aber schon nach vier Tagen wird dasselbe von einem Algier’schen Caper genommen, Jelky an die Ruderbank geschmiedet und in Algier auf den Sclavenmarkt gebracht. Dort wurde er von einem Türken gekauft, dessen Sklavenaufseher ihn mit allen ersinnlichen Qualen auf das Grausamste peinigte. Als aber der Aufseher eines Tages, um zu fischen, ein Fahrzeug bestieg, Jelky und einen Mohrenknaben mit sich nehmend, benützte jener die Gelegenheit, und als sie mit dem Schiffe auf der hohen See sich befanden, ergriff er den Aufseher und stürzte ihn in’s Meer. Während er nun mit dem Mohrenknaben auf gut Glück fortsteuerte, ward er von einem portugiesischen Kauffahrer entdeckt, und nachdem er diesem den Mohrenknaben verkauft, zum Matrosen geworben. Mit dem Kauffahrer segelte er nach Canton, nahm dort unter den Truppen der vereinigten Staaten Dienste, schiffte sich, 1758, nach Batavia ein und fand dort im Hause des Vorstehers der ostindischen Handelscompagnie eine Freistätte, an welcher er sein Handwerk betreiben konnte. Im Hause Peter Albert’s von der Parra, so hieß sein Gönner, fand J. vielen Zuspruch und es gelang ihm bald, in den Bürgerstand aufgenommen zu werden. Durch die Heirath mit der Tochter eines englischen Pächters Namens Sequin hoffte J. seine Vermögensumstände noch mehr zu bessern; aber diese Hoffnung schlug ihm fehl; dazu gesellte sich noch der mißliche Umstand, daß er das Brautkleid der Tochter seines Gönners, welches von dem kostbarsten Sammt war, durch Ungeschicklichkeit mit Lampenöl überschüttet hatte und in ganz Batavia einen ähnlichen Stoff aufzutreiben nicht im Stande war. Dieser Unfall verdrängte ihn aus dem Hause seines Wohlthäters. J. gab nun wieder das Handwerk auf, ließ seine Frau ihrem Vater zurück und sich bei der Miliz anwerben; mit dieser kam er nach Ceylon und von dort zu einer Abtheilung, welche mit der Fällung von Nelkenbäumen auf einer der nächstgelegenen Inseln beauftragt war. Bei diesem Geschäfte wurde er von einem Haufen Indianer überfallen, ein großer Theil seiner Gefährten niedergehauen, er aber mit noch Einigen gefangen, in kleine Käfige gesteckt und zu gelegentlichem Opfer für die Götzen gefüttert. Von sicherem Tode rettete ihn nur die Tochter eines vornehmen Indianers, die für ihn Liebe empfand, ihn aus dem Käfig befreite und mit ihm in eine ferne Wüstenei floh. In dieser lebte J. mit seiner Retterin über ein Jahr von Früchten, Fischen, Krebsen u. dgl. m., als seine Befreierin erkrankte und in wenigen Tagen auch starb. In dieser trostlosen Lage harrte J. tagelang am Meeresstrande auf ein vorübersegelndes Schiff, endlich gewahrte ihn ein solches, welches nach Batavia fuhr und ihn mitnahm. Mit offenen Armen nahm ihn dort seine Frau auf und auch sein ehemaliger Wohlthäter von der Parra, welcher mittlerweile Statthalter von Batavia geworden, hatte ihm verziehen und sich ihm wie das erste Mal liebreich zugewendet. Nun ging für J. der Glücksstern von Neuem auf. Mit von der [136] Parra’s Unterstützung erhielt J. eine Officiersstelle und wurde bald darauf Director eines Erziehungshauses der heidnischen und mohamedanischen Waisen. Unter Einem verlegte sich J. eifrig auf den Handel, erwarb sich durch Fleiß, Geschicklichkeit und Glück nach und nach ein ansehnliches Vermögen und war im Jahre 1767 bereits in der Lage, eine Pflanzung mit 1400 Häusern zu kaufen. J. wurde nun Capitän-Lieutenant der Bürgerschaft, 1770 geheimer Rath des holländischen Guberniums und besorgte in dieser Eigenschaft Gesandtschaften nach Japan und Java und andere wichtige Staatsgeschäfte. Als er im Jahre 1772 seine Frau und 1775 seinen Wohlthäter von der Parra durch den Tod verlor, da erwachte in ihm die Sehnsucht nach dem Vaterlande mit solcher Macht, daß er seine glänzende Stellung in seiner zweiten Heimat aufgab und nach Europa sich einschiffte. Am 30. August 1777 langte J. in Amsterdam, am 2. October 1778 in Wien an, wo er nach einer Abwesenheit von 24 Jahren seinen Bruder noch am Leben fand. Seine merkwürdigen Schicksale hatten die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Er wurde der Kaiserin Maria Theresia und dem Kaiser Joseph am 28. November 1778 vorgestellt, welch’ Letzterem er mehrere indianische Seltenheiten verehren durfte und dafür er mit einer goldenen Medaille und goldenen Dose beschenkt wurde. Einige Zeit blieb J. in Wien, dann begab er sich nach Ofen und ließ sich dort bleibend nieder. In Ofen verheirathete er sich von Neuem und lebte in glücklicher Ehe. Aber die ausgestandenen Mühseligkeiten schienen doch seinen Körper sehr geschwächt zu haben, denn plötzlich ergriff ihn die Lungensucht mit solcher Wuth, daß er nach kurzer Krankheit im Alter von 53 Jahren starb. Seinen Erben hinterließ er ein beträchtliches Vermögen. Seine merkwürdigen Schicksale erschienen aber ausführlich beschrieben in einer eigenen, jetzt schon sehr seltenen Broschüre (Wien 1779, J. G. Weingand), welche später wieder gedruckt und auch ins Magyarische übersetzt wurde.

Geschichte des Herrn A. Jelky, eines gebohrnen Ungars u. s. w. (Ofen und Pesth 1784, 8°.); auch in ungarischer Uebersetzung von István Sandor (1791, 8°.). – Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (von Hormayr) (Wien, 4°.) Jahrgang XV (1824), Nr. 17 u. 18, S. 92. – Ungarischer Plutarch von Kölösy und Melczer (Pesth 1816, Eggenberger, 5“) Bd. II, S. 212. – Sartori (Franz Dr.), Pantheon denkwürdiger Wunderthaten volksthümlicher Herren und furchtbarer Empörer des österr. Reiches (Prag und Wien 1816, 8°.) Bd. III, S. 319 bis 341. – Lesefrüchte vom Felde der neuesten Literatur, gesammelt ... von J. J. C. Pappe (Hamburg, 8°.) 1823, Bd. III, Stück 22, S. 337: „Andreas Jelky’s Schicksale“. – Der Wanderer (Wiener polit. Blatt, 4°.) Jahrgang 1824, Nr. 249 u. 250: „Einige Nachrichten über einen merkwürdigen Reisenden unseres Kaiserstaates“. – Wiener Courier 1856, Nr. 175 u. 176: „Der ungarische Robinson“.