BLKÖ:Hohenegger, Ludwig

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Hohenegger, Johann
Band: 14 (1865), ab Seite: 482. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Ludwig Hohenegger in der Wikipedia
Ludwig Hohenegger in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Hohenegger, Ludwig|14|482|}}

Hohenegger, Ludwig (Geolog, geb. zu Memmingen in Bayern im Jahre 1807, gest. zu Teschen 25. August 1864). Die unzureichenden Daten über Hohenegger im IX. Bande dieses Lexikons, Seite 187, in den Quellen, werden durch nachstehende Lebensskizze ersetzt. Das Gymnasium besuchte H. zu Kempten, die Hochschule zu München, dann bezog er die Bergakademie zu Freiberg in Sachsen. Chemie, Geologie und Paläontologie waren daselbst seine Lieblingsstudien. Im Jahre 1829 trat er als Adjunct bei den berühmten Fürst Salm’schen Gußwerken zu Blansko in Mähren ein, zwei Jahre darauf wurde er Ingenieur bei den Herforder Eisenwerken in Westphalen, 1833 kam er in gleicher Eigenschaft zu den Puddlingswerken in Wetter an der Ruhr, das Jahr darauf als Betriebsleiter der Messing- und Eisenwerke nach Naschrod in Westphalen. Vom Jahre 1836 bis 1839 war er Generaldirector der Rosthorn’schen und gräflich Henckel-Donnersmark’schen Werke zu Wolfsberg in Kärnthen. Endlich (mit 15. Juli 1839) trat er in die Dienste Sr. kais. Hoheit des Erzherzogs Albrecht als Generaldirector der schlesischen Güter, in denen er bis an sein Lebensende blieb. Hohenegger ist in den weitesten Kreisen der gelehrten Welt hauptsächlich bekannt geworden durch seine 1861 bei Perthes in Gotha erschienene: „Geognostische Karte der Nordkarpathen [483] in Schlesien und der angrenzenden Theile von Mähren und Schlesien.“ Dieses mit persönlichen Opfern der einschneidendsten Art gegründete Unternehmen füllt eine empfindliche Lücke in der geologischen Chartographie aus. H. gründete zu diesem Zwecke bereits im Jahre 1846 eine kleine Schule, in welcher er selbst in den Abendstunden den Zöglingen den nöthigen Unterricht in der Geologie und Versteinerungskunde ertheilte. Erst mit so vorbereiteten Zöglingen wurde es ihm möglich, an die Aufnahme der obigen sehr detaillirten geologischen Karte eines naturgeschichtlich ebenso wichtigen, als bisher wenig gekannten Gebietes zu schreiten. Zu gleicher Zeit legte er in Teschen eine Bibliothek und eine reiche Petrefactensammlung aus Privatmitteln an, um die Funde der neu aufgenommenen Gegenden mit den Objecten der Sammlung, deren Fundorte alle bekannt waren, zu vergleichen und auf diese Art jene Folgerungen zu ziehen, welche in so anregender Weise in dem die Karte begleitenden Texthefte niedergelegt sind. Hohenegger war eines der thätigsten Mitglieder des sogenannten Werner-Vereins (zur geologischen Erforschung Mährens und Schlesiens), sowie er der geologischen Reichsanstalt die regste Theilnahme widmete. In den „Mittheilungen“ dieser Anstalt sind auch mehrere Aufsätze aus dem Gebiete der Geologie und Paläontologie zu suchen, in denen sich die gründliche Gelehrsamkeit des Mannes spiegelt; ebenso in den von Haidinger seinerzeit herausgegebenen naturwissenschaftlichen Abhandlungen, welche vor Gründung der geologischen Reichsanstalt in Oesterreich das einzige Fachblatt für Geologie abgaben. Hohenegger hat gerade dadurch, daß er die Geologie und Paläontologie in ihrer wissenschaftlichsten Form unmittelbar auf den Bergbau und selbst auf das Hüttenwesen anwandte und wahrhafte Erfolge, damit erzielte, sich ein besonderes Verdienst erworben. In den letzten Jahren beschäftigte er sich mit einer Ausdehnung seiner geologischen Untersuchungen über das Krakauer Gebiet in Galizien, bis wohin sich die Bergbauunternehmungen der erzherzoglichen Eisenwerke erweitert hatten, und legte eine Karte bei der Berg- und Hüttenmänner-Versammlung in Ostrau im September 1863 vor. Die Ausarbeitung des Textes und der Karte, welche beide im Berichte über die Versammlung erscheinen sollten, verzögerte sich durch seine gestörte Gesundheit. Zwölf Tage vor seinem Tode schrieb er noch über diesen Gegenstand und gab ein kurzes Resumé der Resultate seiner geologischen Arbeiten im Gebiete von Krakau. Es war ihm gelungen, die dortige Kreideformation in Uebereinstimmung mit den neuesten Forschungen genau zu gliedern, den Muschelkalk mit den ihm zugehörigen Dolomiten, Galmei-, Eisen- und Bleierzen zu revidiren und in seinen Unterabtheilungen festzustellen, sowie aus diesen Untersuchungen zeit- und geldsparende Anhaltspuncte für bergmännische Schürfungen zu gewinnen. Ein Hauptstreben seines letzten Lebensjahres war die Zustandebringung eines Schienenweges, der die nordkarpathischen Erzdistricte unter einander und mit den übrigen Theilen Oesterreichs und Deutschlands verbinden sollte. Wenn sein letztes Lieblingskind, die Kaschau-Oderberger Bahn, einst fruchtbar eingreifend in der Verwerthung der Hilfsquellen der Karpathenländer fertig dastehen wird, gebührt ihm, der die ersten Projecte ausgearbeitet, auch ein wesentliches Mitverdienst an ihrem Zustandekommen. Die großen Eisengießereien [484] in Górka und Trzynietz, die an letzterem Orte in’s Leben gerufene Emailhütte, das nach dem neuesten Fortschritte umgestaltete Walzwerk in Ustron, die Durchführung der neuen Frischmethoden in Ustron, Baschka, Górka und Obszar, die gelungene Darstellung von Spiegeleisen in Hradek und die großartige Eisen- und Stahlhütte in Lipina (Karlshütte), sind sichtbare Zeugnisse seines schöpferischen und erfolgreichen Wirkens und haben den erzherzoglichen Eisenwerken in Teschen einen wohlverdienten ehrenvollen Ruf verschafft. H. war unermüdet für das Beste seines Dienstes, für das geistige und materielle Wohl seiner Untergebenen bedacht: die Pflege der Schulen, die Begründung eines fruchtbaren und wohlthätig wirkenden Knappschaftswesens sind bleibende Denkmale seines humanitären Wirkens. Die Bedeutung der auf den Werken durch ihn angeregten und ausgeführten Fortschritte läßt sich in sprechenden Ziffern nachweisen. Der Ertrag der Teschner Eisenwerke betrug bei seinem Dienstesantritte 1839 etwa 40.000 fl., während er im Jahre 1862 schon 400.000 fl. weit überschritten hatte. Wenige Tage vor seinem Tode wurde ihm noch die kaiserliche Huld, mit dem Franz Joseph-Orden ausgezeichnet zu werden. Seine reiche paläontologische Sammlung – einzig in ihrer Art – die sämmtlichen Formationsglieder der Karpathen und des Krakauer Gebietes, die alte Thierwelt von mehr als 200 Quadratmeilen, in meist sehr schönen, gut erhaltenen und vielen seltenen Prachtexemplaren vertretend, wurde seinem eigenen Wunsche gemäß mit Inbegriff seiner sämmtlichen geologischen Werke dem k. Staatsministerium um die Summe von 16.000 fl. zum Ankauf angetragen. Die Verhandlungen zerschlugen sich und die kön. bayerische Regierung schloß den Kauf um 10.500 fl. in sofortiger Auszahlung ab. Um die Mitte des Jahres 1865 ging die Sammlung, in 92 Kisten verpackt, an ihre Bestimmung in die Fremde ab. „Die Presse“ bemerkt aus diesem Anlasse, „wenn ein deutscher Staat, für welchen die Karpathen kein eigentliches praktisches Interesse haben, für diese Sammlung 10.500 fl. geben konnte, welchen Werth mußte dieselbe für Oesterreich haben!“

Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt (Wien, Staatsdruckerei, 4°.) XIV. Band (1864) S. 449 u. f.: „Ludwig Hohenegger“. von Otto Freih. v. Hingenau. – Oesterreichische Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und öffentliches Leben. Beilage zur amtl. Wiener Zeitung (Wien, gr. 4°.) 1864, Nr. 40, S. 1276. – Presse (Wiener polit. Journal) 1865, Nr. 156: „Eine lehrreiche Geschichte“. – Silesia (Teschener Journal) 1864, Nr. 36, S. 318. –