BLKÖ:Herberstein, Leopold

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 8 (1862), ab Seite: 347. (Quelle)
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Herberstein, Leopold (General-Feldmarschall und Ritter des goldenen Vließes, geb. 1655, gest. 24. December 1728). Von der Neuberg’schen Linie, ihr letzter Sproß, Sohn des Grafen Franz Albert, k. k. Obersten und Commandanten von Buccari, aus dessen Ehe mit Maria Rosalia Gräfin von Petazzi. Er trat in die kais. Armee, in welcher er sich unter den Augen des Prinzen Eugen zum vortrefflichen Kriegsmanne ausbildete und auch dessen General- und Flügel-Adjutant war. Früher Commandant der Festung Großwardein, war er bei der Belagerung Wiens 1683 Feldmarschall-Lieutenant, dann Commandirender der windischen und slawonischen Grenzen, erhielt 1691 das nachmals (1809) aufgelöste. 1851 wieder errichtete Infanterie-Regiment Stain Nr. 50, zur Zeit Großherzog von Baden, und wurde im nämlichen Jahre General-Feldzeugmeister; mit seinem und einem zweiten Füselier-Regimente, 2 Cavallerie-Regimentern und 10 Kanonen überschritt er am 12. Juli 1701 die Etsch, also den ersten Feldzug des durch Eugen’s Siege so denkwürdig gewordenen spanischen Successionskrieges eröffnend. In der Schlacht von Luzzara gegen den französischen Marschall Vendome am [348] 15. August 1702 hatte sich Graf Leopold ausgezeichnet. Nach dem Tode des Prinzen Vaudemont, der am 12. Mai 1704 zu Ostiglia gestorben war. hatte der Graf dessen Commando in Italien übernommen, aber gleich in der ersten Meldung über Vaudemont’s Tod um Entsendung eines Andern auf diese Stelle gebeten, die einen weniger sanften Mann erforderte, als er es war. Später that er sich noch in dem glänzenden Siege Eugen’s bei Turin am 7. September 1706 hervor. Zuletzt erhielt er die Stelle des Hofkriegsraths-Präsidenten in Wien. Der Graf war überdieß wegen seiner Biederkeit und Herzensgüte berühmt und hochgeachtet. Kein Armer, der sich bei ihm einfand, durfte abgewiesen werden; den Dienern war dieß mit großer Strenge bei Verlust ihres Dienstes untersagt und selbst wenn er sich in Gesellschaft befand, mußte ihm jeder Bedürftige, der bei ihm Hilfe suchte, gemeldet werden. Als Beispiel vieler ähnlicher Züge stehe hier der folgende oft erzählte: Als er sich eines Tages bei der Gräfin Bathyany zu Gast befand, wurde ihm gemeldet, daß ihn eine arme kinderreiche Militärswitwe zu sprechen wünsche. Er erhob sich, ging hinaus und kehrte nach einiger Zeit mit sichtlichen Zeichen der Rührung in das Gemach zurück. Als er bemerkte, daß seine Rührung Einigen aus der Gesellschaft Anlaß zu unzeitigen Winken gab, rief er aus: Mein Mitleid und mein Menschengefühl scheinen nicht nach Ihrem Geschmacke zu sein. Ich schäme mich nicht, als Soldat ein guter Christ und ein Mensch, was seine erste Pflicht ist, zu sein. Ich hasse solche Generale und Soldaten, welche jene Worte des heidnischen Poeten (Lucanus) in unseren Zeiten leider gar zu oft wahr machen: „Nulla fides pietasque viris, qui castra sequuntur“. Der Graf war seit dem Jahre 1721 Senior des ganzen Hauses. Er starb im Alter von 73 Jahren unvermält und wurde unter großem militärischem Gepränge zu St. Anna in Wien beigesetzt.

Arneth (Alfred), Prinz Eugen von Savoyen. Nach den handschriftlichen Quellen der Archive (Wien 1858, Typogr. artist. literarische Anstalt, gr. 8°.) Bd. I, S. 108, 111, 182, 238, 304, 305 und 474, Anmerkung 27; Bd. II, S. 165; Bd. III, S. 92. – Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, II. Section, 6. Bd. S. 122. – Kumar (J. A.), Geschichte der Burg und Familie Herberstein (Wien 1817, Gerold, 8°.) Bd. III, S. 109. – Oesterr. Militär-Konversations-Lexikon, herausg. von Hirtenfeld (Wien 1850 u. f.) Bd. III, S. 159.