BLKÖ:Hay, Johann Leopold

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Hayd, Karl von
Band: 8 (1862), ab Seite: 103. (Quelle)
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Hay, Johann Leopold (Bischof von Königgrätz, geb. zu Fulnek in Mähren 22. April 1735, gest. zu Chrast 1. Juni 1794). Sein Vater Johann Franz H. war Oberamtmann zu Fulnek. Johann Leopold studirte zu Olmütz und widmete sich dem geistlichen Stande. H. wurde Ceremoniär der Olmützer Bischöfe Grafen Egkh und Hamilton, 1770 Capiteldechant in Kremsier, bischöflicher Rath, Consistorial-Assessor, Pfarrer und Landdechant, 1775 infulirter Propst zu Nikolsburg und am 29. Juli 1780 von der Kaiserin Maria Theresia zum Bischof von Königgrätz in Böhmen ernannt, am 11. December d. J. von Papst Pius VI. bestätigt und am 11. März 1781 von Cardinal Migazzi zu Wien feierlich consecrirt. Seinen Einzug in Königgrätz hielt er ohne alle Feier am 8. April 1781. Schon als Propst zu Nikolsburg hatte Kaiser Joseph Hay persönlich kennen gelernt und dieser in den Jahren 1772 und 1775, wo er sich fast das ganze Jahr in Wien aufhielt, mit dem Kaiser viel verkehrt. Als im Jahre 1777 im Hradischer und Preraurer Kreise religiöse Unruhen unter den seit 1624 heimlich bestehenden Akatholiken ausbrachen, erhielt H. vom Olmützer Consistorium den Auftrag, die sehr mißliebige Sache zu erheben und beizulegen. Zwei Jahre später, 1779, vollführte er eine ähnliche Mission in Rußland und 1780 wieder in den oben genannten zwei Kreisen. Als Kaiser Joseph auf Hay’s Antrag politische Toleranz gewährte, machte sein Circularschreiben an die Geistlichkeit seines Kirchsprengels über die Toleranz allgemein große Sensation. Unter ihm fand 1784 die Vergrößerung der Königgrätzer Diöcese durch Zuweisung des Časlauer und Chrudimer Kreises Statt, welche vordem zum Prager Erzbisthum gehört hatten. Die von Kaiser Joseph beabsichtigte Uebertragung des Bischofsitzes nach Chrudim unterblieb wegen des Kostenaufwandes, den der bevorstehende Türkenkrieg zu bestreiten nicht gestattete. 1786 erließ Hay für seine Diöcese eine neue Kirchenordnung und unternahm eine Visitationsreise durch sieben Vicariate. 1787 begann er zu Königgrätz den Bau eines Seminars für 18 Alumnen, welche daselbst nach beendeten Studien noch Unterricht im Seelsorgerdienste erhalten sollten. 1788 erhielt er vom Kaiser die Gestattung, zum Behufe der Seelsorge eine Station der Minoriten in Königgrätz zu errichten, deren er 21 von Prag berief und bis zur Herstellung eines Ordenshauses in [104] seiner bischöflichen Residenz unterbrachte. Auf seine Veranlassung und Kosten wurde eine genaue Detailkarte seiner Diöcese in Angriff genommen, welche nach drei Jahren in Kupfer gestochen und veröffentlicht wurde. Hay war der stille Wohlthäter seiner Diöcese. Allen, welche von ihm Wohlthaten empfingen, war die strengste Verschwiegenheit auferlegt, erst bei seinem Tode brach der allgemeine Schmerz das gegebene Wort Aller, welche wehklagend von den zahllosen genossenen Unterstützungen des edlen Kirchenfürsten erzählten. 1781 unterstützte er die unglücklichen Bewohner von Leutomischl; als 1789 eine Feuersbrunst das Bergdorf Chlum einäscherte und die Bewohner in die bitterste Noth versetzte, ließ er auf seine Kosten die Häuser wieder aufbauen. H. war der Erste, welcher schon in jener Zeit jährlich viele Landwirthe, deren Ackerbau und Viehzucht die beste war, mit Prämien belohnte und so zur Veredlung beider Beschäftigungen Anlaß gab. Auch vertheilte er Heirathsausstattungen an mittellose brave Mädchen, besoldete in fünf Schulen besondere Lehrerinen für weibliche Handarbeiten und speiste von seinem Tische täglich eine beträchtliche Anzahl Arme, unter welchen die Kranken Nahrung, Arznei und Geld häufig aus den Händen des Bischofs selbst oder durch seine Diener in’s Haus erhielten. An diesen Wohlthaten nahmen aber die Bekenner fremder Religionen, wie die Katholiken Theil. Rührende und herrliche Belege seines hochherzigen Charakters sind die vielen Züge, die man sich von ihm erzählt, die noch heute nach 60 Jahren im Munde des Volkes leben und sein Andenken erhalten haben, als wäre er jüngst erst aus der Mitte seiner Gemeinde geschieden. Diese Erinnerung war bisher Ersatz einer umfassenden Biographie dieses edlen Kirchenfürsten. Ein kleiner Hof von geistvollen Männern umgab gewöhnlich den Bischof Johann Leopold. Von seinen Arbeiten sind seine Hirtenbriefe wahre Muster echt evangelischen Sinnes und wird er noch heute der „österreichische Fenelon“ genannt. Seine auf den Tod des Olmützer Bischofs Hamilton gehaltene Trauerrede erschien gedruckt (Olmütz 1777); als er am 18. März 1781 seinem Nachfolger in der Nikolsburger Propstei die Inful übergab, nahm er in einer des h. Chrysostomus würdigen lateinischen Anrede gerührten Abschied; seine Bemerkungen über die mährischen 1777 ausgebrochenen Unruhen und über die Beschreibung der mährischen Religionsschwärmerei von dem gräflich Illeshazy’schen Buchhalter Bernhard Zhorský von Zhorz sind in Zlobicky’s „Miscellanea histor. Moraviae et Bohemiae“ (1779), welche sich handschriftlich im Brünner Museum befinden, enthalten. Hay besaß fünf Schwestern, von denen die eine die Frau des berühmten Sonnenfels, eine andere die des ausgezeichneten Schulmannes J. Melch. Birkenstock [Bd. I, S. 406] war. Die drei übrigen hatten in die Adelsgeschlechter Sobeck, Neffzern und Sternstein geheirathet.

Notitiae biographicae Episcoporum Reginae-hradecensium. XIV. Episcopus Joannes Leopoldus ab Hay (2 Seiten 4°.). – Austria. Oesterreichischer Universal-Kalender für das gemeine Jahr 1858 (Wien, Klang, gr. 8°.) XIX. Jahrgang, S. 28 [nach den darin mitgetheilten von G. A. Schimmer redigirten „Vaterländischen Denkwürdigkeiten“ ist Hay zu Kremsier geboren). – D’Elvert (Christian), Geschichte des Bücher- und Steindrucks, des Buchhandels, der Bücher-Censur und der periodischen Literatur, so wie Nachträge zur Geschichte der historischen Literatur in Mähren und Oesterreichisch-Schlesien (Brünn 1854, Lex. 8°.) S. 297. – Sonntagsblätter von L. A. Frankl (Wien, 8°.) Jahrg. 1844, S. 909: „Blätter aus [105] Böhmen. Eine Grabschrift, ein Monument, ein Felsendichter“. Von Siegfr. Kapper; – Dieselben, Jahrgang 1847, Nr. 31, S. 373: „Ein Bischof in Chrast und hussitische Bauern“, von L. A. Frankl [Frankl nennt H. einen Sohn armer Eltern, das ist unrichtig]. – Hormayr’s Taschenbuch für vaterländische Geschichte (Wien, 12°.) 1841, S. 132. – Brünner Zeitung 1781, Nr. 25; 1782, Nr. 4. – Pappe, Hamburger Lesefrüchte, Jahrg. 1831, Bd. I, S. 204. – Kempen-Album (Wien 1859, Klemm, 8°.) S. 61: „Johann Hay“, Gedicht von L. Bowitsch [eine viel erzählte Begebenheit aus Hay’s Leben mit zwei hussitischen Bauern behandelnd]. – Grabmonument. Bischof Hay wollte nicht in der bischöflichen Gruft, sondern auf dem Friedhofe zu Chraschitz begraben sein, mitten unter dem Volke, dessen Seelenhirt er war, und das er liebte. Ein schlichtes Denkmal auf diesem Friedhofe bezeichnet die Ruhestätte des edlen Kirchenfürsten. Die czechische Inschrift lautet:
Zde
Sobě wywolil odpočinnti
Jan Leopold biskup kralohradecky
By anj po smrtj
(Tak geho poslednj wule znj)
Od sweho mileho ludu oddělen nebyl
Mezy njmž
Blahoslawenstwj spokogeneho žiwobitj
Požiwal
Wejslowně odpiral wssech
Pamětnych nahrobku
Spokogen gich w srdczech tychž dosahnautj
Kterež osstastnity taužil
Ah! On gich došahl
On byl hoden gich dosahnautj.
Narozen 22 Dubna 1735
W Panu usnul 1 Czerwna 1794.

(D. i. Hier erkor sich seine Ruhestätte Johann Leopold, Bischof zu Königgrätz, um auch nach seinem Tode (so war sein letzter Wille) von den geliebten Leuten nicht getrennt zu sein, unter denen er das Glück eines zufriedenen Lebens genossen. Ausdrücklich verbat er sich jedes Denkmal, zufrieden es im Herzen jener zu finden, die zu beglücken sein einzig Streben war. O, er fand es, er war so werth es zu finden. Geb. ... gest. ....) – Hay, das Muster eines wahrhaft katholischen Kirchenfürsten. Der Geist der katholischen Kirche ist nicht stets von jener Unduldsamkeit befleckt gewesen, wie in der Gegenwart. Hay selbst bietet dafür ein herrliches Beispiel. Hempel’s Geschichte der christlichen Kirche theilt Mehreres aus seinen Hirtenbriefen mit. In einem derselben aus dem Jahre 1781 heißt es unter Anderem: „Ihr sollt Euch auf Euren Kanzeln aller Controvers-Predigten, welche den Katholiken und Protestanten mit Recht mißfallen, gänzlich enthalten; sie erregen Verdacht und Erbitterung. Erklärt an ihrer Statt die Evangelien der Sonn- und Feiertage auf eine Art, wodurch das bürgerliche und Seelenheil gewinnt. Unerschöpflich ist die Quelle jener Lehre, welche wahre Christen, den Gesetzen willig gehorchende Unterthanen, sorgsame Bürger, sorgfältige Hausväter bildet, den Kindern Achtung gegen die Eltern einflößt und die ganze Gemeinde heilig, friedfertig, arbeitsam, Gott, dem Regenten und dem Vaterlande getreu, glücklich und selig macht.“ – „In den Verhandlungen des heiligen Kirchenrathes zu Trient kommen nicht einmal die Namen Luther’s oder Calvin’s etc. vor; erwähnt auch ihr sie nicht, sondern überzeuget Eure Schafe von der Wahrheit bloß durch Beweisgründe, denen man es ansieht, daß sie aus dem Munde eines Freundes kommen.“ – „Man muß,“ sagt der heilige Chrysostomus, „Niemanden Verweise geben oder Hohn sprechen, sondern ihn ermahnen; Niemanden mit einem feindlichen Uebermuthe verfolgen, sondern mit Liebe zurechtweisen, nicht wie ein Feind auf Bestrafung dringen, sondern wie ein Arzt Heilmittel bereiten.“ – Er erinnert ferner an das Verbot des Kaisers, „die Häuser zu durchsuchen, um Bücher wegzunehmen und Heimlichkeiten zu erforschen“. – „Toleranz schließe auch den freien Gebrauch der Mittel in sich, die man zu seinem Heile bedürfe. Nur wenn sie unter den Katholiken und Nichtkatholiken Schriften fänden, welche von der Hofcensur verboten wären, weil sie Ruchlosigkeit gegen Gott und die Religion, gegen Gesetze und gute Sitten etc. enthielten, sollten sie die Verbreitung und die Verbreiter bei der weltlichen Obrigkeit anzeigen, die darüber erkennen würde; so auch offenbar verdächtige Zusammenkünfte sowohl von Katholiken als Akatholiken.“ – „Die Toleranz schließt auch in sich, daß ein Akatholik in seiner Religion ungekränkt sterben darf; ihn soll also kein katholischer Pfarrer unberufen besuchen, um ihn zu bekehren; es bleibt uns nichts übrig, als mit ununterbrochenem Gebete die Seele des Sterbenden der Barmherzigkeit Gottes zu empfehlen.“ – „Dem [106] Gewissen sollt ihr keine Fallstricke legen, wenn ihr etwa Euern Protestanten die Sakramente ausspendet, wenn sie es verlangen sollten, sondern nur das Wesentliche beibehalten, die Formeln, welche bloß katholisch sind, weglassen; also z. B. bei der Taufhandlung die Taufzeugen, welche statt der Kinder antworten, nicht fragen: Glaubst du an die Römisch-katholische Kirche? nicht die katholischen Gebete bei Beerdigungen sprechen, da die Protestanten an kein Fegfeuer glauben; nicht das Weihwasser gebrauchen; nicht das Krucifix zum Küssen darreichen“. Der Bischof verspricht für solche Fälle ein besonderes Ritual zu geben. Seine Geistlichen sollen mit Behutsamkeit dafür wirken, daß die Leichname der Akatholiken mit den übrigen Gläubigen eine Ruhestätte haben, bis der Kaiser etwas Anderes darüber verordne; das Volk sollten sie darüber verständigen und nur bei offenbarer Gährung die Akatholiken außerhalb des Gottesackers an einem anständigen Orte begraben.“