BLKÖ:Garrick, Eva Maria (Violette)

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 5 (1859), ab Seite: 90. (Quelle)
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Garrick, Eva Maria, mit dem Künstlernamen Violette[BN 1] (Ballettänzerin, geb. zu Wien 29. Febr. 1724, gest. zu London 16. Oct. 1822). Die Tochter des Wiener Bürgers Johann Veigel. Der berühmte Balletmeister Hilverding entdeckte bereits im Kinde ein seltenes Talent für die Bühne und bewog den Vater, es dafür zu erziehen. Eva wählte, als sie auftrat, den Namen Violette – Anspielung auf den Namen ihres Vaters Veigel, im wienerischen Dialect die Bezeichnung für das Veilchen – und hielt 1734 im Hilverding’schen Ballete „Amor und Psyche“ ihr erstes Debut. Violette gefiel außerordentlich, man zog die anmuthige Künstlerin in die höchsten Kreise und ihr Ruf wuchs so, daß sie 1744 einen Ruf nach London zu Gastspielen erhielt. Sie trat im Drurylane-Theater, welches unter David Garricks[WS 1] Leitung stand, auf und feierte glänzende Erfolge. Immer mehr stieg ihr Ruf, bis sie von Lord und Lady Burlington, an die sie von Wien aus empfohlen war, den Antrag erhielt, bei ihrer Tochter, der nachmaligen Herzogin von Devonshire, die Stelle als Erzieherin und Gesellschafterin anzunehmen. Violette nahm den Posten an. Bald fing jedoch ihre Gesundheit zu leiden an und es zeigte sich, daß eine geheime Leidenschaft das reizende Wesen verzehre. Violette liebte nämlich den berühmten Mimen Garrick. Lord Burlington trat nun selbst als Werber für Violette bei Garrick auf, sicherte ihr eine Aussteuer von 6000 Pf. Sterling, und am 22. Juni 1749 wurde Violette – 25 J. alt – mit Garrick getraut. Diese Ehe war bis Garricks Tod – der am 20. Jan. 1780 erfolgte – ungetrübt; Garrick hatte 4 Jahre zuvor für immer die Bühne verlassen. Er setzte zur Erbin seines großen Vermögens seine Witwe ein, knüpfte jedoch daran die Bedingung, sich nicht mehr zu vermälen. [91] Eva lebte nun bis an ihren Tod in Hampton auf dem Landsitze, den sie noch, als ihr Gatte gelebt, mit ihm bezogen hatte. Sie starb, beinahe 100jährig, im Lehnstuhle Shakspeare’s, während ihre Vorleserin ihr eine Stelle aus „Hamlet“ vorlas. Ihr Vermögen – 70000 Pf. Sterling – kam nach Abzug bedeutender Legate in die Hände ihrer Familie nach Wien. Violette war eine der merkwürdigsten, tugendhaftesten und bewundertsten Frauen ihrer Zeit; sie erhielt die glänzendsten Liebesanträge und wies alle ab. Einer der eigenthümlichsten war jener des Lords Huntington, der ihr monatlich 50 Guineen sicherte, so lange sie ihre Tugend bewahrte; ihr aber für den Fall, daß sie je andern Sinnes werden sollte und unter der Bedingung, dann ihm den Vorzug vor Andern einzuräumen, versprach diese Summe zu verzehnfachen. Die Antwort Violettens, worin sie den Antrag des Lords entschieden zurückwies, ist eines der interessantesten Briefstücke, das je von weiblicher Hand geschrieben worden. Auf dem Platze, wo das Haus in Wien gestanden, in welchem Violette geboren worden, erhebt sich nunmehr die Creditanstalt. Violette blieb der katholischen Kirche bis zum Tode treu und liegt in der Westminster-Abtei an der Seite ihres Gatten bestattet, auf dessen am Fuße von Shakspeare’s Monument aufgestelltem Sarge nach letztwilliger Anordnung der 7. Band von Shakspeare’s Werken in Johnsons Ausgabe liegen mußte. Nach ihrem Testamente erhielt die katholische Capelle in London, welche sie regelmäßig zu besuchen pflegte, ein ansehnlicher Legat.

Memoirs of the life of D. Garrick, by Th. Davies. 2 Bde. (London 1780, und deutsch Leipzig 1782, 8°.). – Murphy’s Life of Garrick (London 1799) [diese beiden Biographien des großen Mimen enthalten zerstreut Nachrichten über sie]. – Literarisches Conversationsblatt (Leipzig, Brockhaus, kl. 4°.) 1820, Nr. 158, S. 632. – Zeitgenossen (Leipzig, Brockhaus, Lex. 8°.) Neue Reihe IV. Bd. S. 165. – Ersch (J. S.) und Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 54. Thl. S. 56 [nach dieser geboren im Februar 1725]. – Die Presse (Wiener politisches Blatt, Fol.) 1859, Nr. 16: „Das Geburtshaus von G.’s Frau in Wien.“ – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XIX. Bd. Sp. 542 [da heißt sie irrig Veegel; auch wird bemerkt: „Es ist traurig zu sagen, daß sie, der ihr Gatte eine Rente von mehr denn 100.000 Fr. hinterlassen hatte, sich nicht reich genug hielt, um ihm ein Grabdenkmal setzen zu lassen, und daß einer seiner Freunde M. Albany Wallis auf seine Kosten diesen Fehler gut machen mußte“]. – Porträt. Ein solches, mit dem ihres Gatten, beide in Oel gemalt, befand sich im Nachlasse der Frau Hofräthin von Saar (gest. um 1843), einer Verwandten Violettens, mit der sie bis an ihren Tod in Briefwechsel gestanden.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Veigl, Eva Maria, siehe: Garrik, Eva Maria [Bd. V, S. 90]. Als Nachtrag zu dem dort Gesagten fügen wir noch hinzu, daß am 14. November 1866 mit dem im Alter von 77 Jahren erfolgten Tode des k. k. Tabaktrafikanten Franz Veigl der Sprosse einer der ältesten und denkwürdigsten Wiener Familien, zu welcher auch Eva Maria Veigl gehörte, aus dem Leben schied. Die Veigl (auch Veigel) stammen aus dem vierzehnten Jahrhunderte und leiten ihre Herkunft von jenem Manne ab, der damals dem Herzoge Otto dem Fröhlichen das erste Märzveilchen brachte; dieser erhielt den Beinamen „der Veigel“, welcher von da an auf die Nachkommen überging. Anastasius Grün in seinem ländlichen Gedichte: „Der Pfaff von Kahlenberg“ behandelt diese Episode in dem Gesange: „Das erste Veilchen“ in seiner bekannten reizenden Weise, und mit der berühmten Zeile: „Was sich nicht singen und sagen läßt“. [Bd. 50, S. 71.]

Anmerkungen (Wikisource)