BLKÖ:Frankenberg, Johann Heinrich Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Frankel, Zacharias
Band: 4 (1858), ab Seite: 330. (Quelle)
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Frankenberg, Johann Heinrich Graf (Erzbischof von Mecheln, geb. zu Glogau 18. Sept. 1726, gest. zu Breda 12. Juni 1804). Entstammt einem alten schlesischen Geschlechts, von dem im vorigen Jahrhundert mehrere Mitglieder in näherer Beziehung zu Oesterreich standen (siehe unten über die Familie), am meisten aber der in Rede stehende Graf Johann Heinrich. Dieser ist ein Sohn des Grafen Otto Venantius und widmete sich dem geistlichen Stande, wurde Dechant zu Olmütz, Erzdiakon an der Breslauer Kathedrale, und erhielt von der Kaiserin Maria Theresia im März 1759 das Erzbisthum Mecheln, da die Niederlande noch zu Oesterreich gehörten. F. wurde auch durch das Großkreuz des St. Stephansordens ausgezeichnet und von Papst Pius VI. am 1. Juni 1778 zum Cardinal ernannt. Schon durch 30 Jahre stand er an der Spitze seiner Diöcese, sie mit Weisheit und Würde leitend, als die religiösen Reformen des Kaisers Joseph ihn in Zwiespalt mit der weltlichen Macht brachten. Zum offenen Ausbruche desselben kam es, als die Errichtung der Generalseminarien von Kaiser Joseph ausgesprochen worden und der Erzbischof sich weigerte, die Alumnen seiner Diöcese in die von der weltlichen Macht gegründeten General-Seminarien zu senden. Der Cardinal wurde von dem Monarchen nach Wien beordert, der ihn in den Geist seiner Absichten blicken ließ. Der Erzbischof verließ, wie es schien, beruhigt die Residenz, als er aber in seine Diöcese zurückgekehrt war, trat er mit noch stärkerem Widerstand diesen Anordnungen entgegen. Graf Trautmannsdorf, bevollmächtigter Minister in den Niederlanden, versuchte Alles, die Dinge in den rechten Gang zu bringen; das Resultat war, daß die Schließung des erzbischöflichen Seminars bei Strafe von 1000 Ducaten verfügt wurde. Die Schließung erfolgte Febr. 1788. Indeß wuchs die Bewegung im Volke u. nahm einen immer drohenderen Charakter an, am meisten als die Versetzung der philosophischen, [331] medicinischen und juridischen Facultät der Universität Löwen nach Brüssel am 17. Juli 1788 stattfand und andere Maßregeln decretirt wurden, den Widerstand der Geistlichkeit zu lähmen. Am 4. Aug. wurde das erzbischöfliche Seminar gewaltsam geschlossen. Der Erzbischof wurde in seinem Widerstande durch die Bischöfe von Antwerpen, Namur, Brügge, Ypern u. Roermonde unterstützt. Nun erhielt er den Befehl bei Strafe der Temporaliensperre am 8. März 1789 in Löwen einzutreffen, um sich zu überzeugen, ob das, was im kaiserl. Generalseminar öffentlich gelehrt werde, gut zu heißen oder zu verwerfen sei. Der Erzbischof erschien in Löwen, aber nicht zu dem von der Regierung beabsichtigten Zwecke, sondern um öffentlich den Professoren kirchenrechtliche Fragen vorzulegen, welche die Schwierigkeit der verwickelten Sachlage nur steigerten. Indessen wurde der Zustand im Lande immer bedenklicher, die Auswanderung nahm zu, die Exulanten häuften sich und umstanden als bewaffnete Banden die Gränzen, so daß in Berücksichtigung dieser Volksbewegung im August 1789 ein kaiserl. Decret erschien, welches die Herstellung der bischöflichen Seminarien anordnete. Doch es war zu spät, die politische Gährung war zu groß, alle Versuche, die allmälig stark angewachsenen bewaffneten Haufen zu zerstreuen, vergeblich. Mit dem Gefecht bei Turnhout am 27. Oct. 1789 hatte der Bürgerkrieg seinen Anfang genommen. Die Regierung bemächtigte sich nun Derjenigen, denen sie diese Wendung der Dinge Schuld gab; der Bischof von Antwerpen, die Grafen von Lannoy, Duras, von Spangen und andere einflußreiche Männer wurden verhaftet. Dem Erzbischof Frankenberg stand ein Gleiches bevor, aber mit dem dem Gefängnisse entsprungenen Bischofe von Antwerpen rettete er sich durch List. Er benützte die ihm bekannt gewordene bevorstehende Abreise des Generals Grafen Arberg, ließ seine Diener in die Livree der Diener des Grafen kleiden und als der Wagen, in welchem beide Prälaten saßen, mit dieser den Soldaten nach der Livree bekannten Dienerschaft an die Thorwache kam, wurde er, für den Wagen des Generals gehalten, anstandslos hindurchgelassen. Die Flucht war gelungen, der Erzbischof und sein Begleiter waren in Breda angelangt. Der Aufstand hatte sich organisirt und im Dec. 1789 wurde vom Erzbischof eine allgemeine Kirchenfeier für diesen Ausgang der Ereignisse ausgeschrieben. Aber bald wendete sich die Sache. Papst Pius VI. mißbilligte das Treiben den Belgier und ihres geistlichen Oberhauptes und erließ am 25. Jänner 1790 ein Breve an den Erzbischof und die Bischöfe der insurgirten Provinz, worin er sie auffordert, die Insurgenten zur Treue gegen den rechtmäßigen Herrn aufzufordern. Dieses päpstliche Breve hatte eine Erklärung des Erzbischofs vom 8. März 1790 zur Folge, worin von Letzterem die Republik als Thatsache hingestellt und der Grundsatz, dieser neuen Regierungsform nunmehr zu gehorsamen, ausgesprochen wird. Dieser Schriftenwechsel der Kirche fand endlich eine Erledigung als ein österreichisches Armeecorps im Lande einrückte, die Provinzen unterwarf und am 13. Dec. 1790 Cardinal-Erzbischof Frankenberg selbst in Brüssel in pontificalibus das Te Deum anstimmte.

Theiner (Augustin), Der Cardinal J. H. von. Frankenberg, Erzbischof von Mecheln, Primas von Belgien, und sein Kampf für die Freiheit der Kirche und die bischöflichen Seminarien unter Joseph II. (Freiburg im Breisgau 1850), die französ. Uebersetzung von Paul de Geslin (Löwen 1852, 8°.). – Leben und Charakter Frankenbergs (Berlin 1789, 8°.). – Voorvallen, daaden u. s. w. van J. H. Graef von Frankenberg, aerts-bisshof van Mecheln (Breda 1804, 8°.). – Ersch (J. S.) und Gruber (J. G.), Allg. Encyklopädie der [332] Wissensch. u. Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 51. Thl. S. 256. –