BLKÖ:Eßlair, Ferdinand

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Esquilles, Joseph
Band: 4 (1858), ab Seite: 80. (Quelle)
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Eßlair, Ferdinand (dramat. Künstler, geb. zu Essegg in Slavonien 2. Febr. 1772, gest. zu Mühlau bei Innsbruck 10. Nov. 1840). Nach Einigen Sohn eines östr. Beamten, nach Andern von vornehmer Abkunft, ja nach einzelnen Mittheilungen aus dem alten Geschlechte der Khevenhüller stammend. Seine frühern Verhältnisse hielten ihn von der Bühne entfernt. Nach einigen Versuchen auf Privatbühnen, trat er, 23 Jahre alt, zuerst in Innsbruck auf, ging dann nach Passau, 1793 nach Prag, 1800 nach Augsburg, 1806 nach Nürnberg, 1807 nach Stuttgart, dann nach Mannheim, 1814 wieder nach Stuttgart als Regisseur der Hofbühne und 1818 als solcher nach München, wo er blieb und es nur mehr um Gastrollen zu geben und zu sonstigen Kunstausflügen verließ. E. war 3mal verheirathet. Seine erste Frau, welche 1806 starb, betrat nicht die Bühne; von seiner zweiten, einer gebornen Elise Müller, welche in den Rollen der Orsina, Lady Milfort, Isabella in der „Braut von Messina“ u. A. mit ihrem Gatten zugleich und mit Beifall auftrat, ließ er sich scheiden; die dritte eine geborne Ettmeier lernte er 1818 bei einem Gastspiel in Mannheim kennen; sie war als Darstellerin ohne Bedeutung, wie auch seine Tochter aus zweiter Ehe, welche die Phädra, die Jerta in Müllners „Schuld“ u. d. m. spielte. Der Rollenkreis, in dem E. glänzte, ist sehr groß, und besonders bemerkenswerth war seine eigenthümliche Auffassungsart einer und derselben Rolle nach Verlauf eines längeren Zeitraumes wie z. B. sein Tell, sein Wallenstein, wobei sich öfter der ungünstige Einfluß der splitterrichtenden Kritik auf den Genius des Künstlers, der nicht der Kunst, sondern der Kritik genügen wollte, besonders bemerkbar machte. In tragischen Rollen war E. großartig, z. B. als Hugo, in Müllners „Schuld“ als Ingurd, Karl Moor, Otto von Wittelsbach, Macbeth, Lear, Belisar. In spätern Jahren war er im bürgerlichen Drama, namentlich in sentimentalen Rollen, als Abbé l’Epée, Oberförster, Essighändler, als Dalluer in Ifflands „Dienstpflicht“ ausgezeichnet. [81] In E. fand Tieck noch einen Repräsentanten der alten großen Schule der deutschen Schauspielkunst, bei ihm war noch Spiel und Rede, statt Hersagens und Herbetens unserer jüngeren Declamatoren, Wahrheit, Natur und Größe, die höchste Täuschung, und dies alles ohne Anstrengung, ohne viele Mittel, sondern ganz einfach und naturgemäß, als könne und dürfe es gar nicht anders als ebenso sein. In seinem declamatorischen Vortrage wie in seiner Körperhaltung erinnerte E. oft an Talma, welche Aehnlichkeit namentlich in der Rolle des Theseus in der Phädra bedeutend hervortrat. Ohne Flecks geniale Erfindungskraft, ohne dessen überraschende Geistesblitze besaß er doch was jenem mangelte: Das volle ebenmäßige Gleichgewicht, den sichern Rythmus der ganzen Darstellung, welchen die neue ideale Kunstepoche in’s Leben gerufen hat. E. war von überragend hoher Gestalt, besaß schöne blaue Augen, regelmäßige Gesichtszüge, ein körniges gewaltiges Organ, Alles Mittel, welche ihn zu den großen Leistungen im Heldenfache besonders befähigten.

Chezy (Wilhelmine Christiane von), Eßlair in Wien (1824, 8°.). – Eßlair in Prag. Kritische Beleuchtung seiner Gastdarstellungen .... im April 1826, nebst einem Anhange des Künstlers Lebensumstände enthaltend (Prag 1826, 8°.) [diese anonym erschienene Schrift ist von Dräxler-Manfred (s. d. III. Bd. S. 374) verfaßt]. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Voigt, 8°.) XVIII. Jahrg. (1840) II. Theil. S. 1325. – Allg. Theater-Lexikon, herausg. von R. Blum, K. Herloßsohn, H. Marggraff (Altenburg u. Leipzig 1840, 8°.) III. Bd. 2. Heft. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 1840, Nr. 312. [Nach diesem und dem obigen Artikel stammt E. aus dem adeligen Geschlechte der von Khevenhüller und ist 1772 geb.] – Dieselbe: 1840, Nr. 166: „Charakteristik verstorbener und lebender deutscher Bühnenkünstler nach Shakspeare, Schiller, Goethe etc.“ – Europa, redigirt von Kühne 1850, S. 335 [nach dieser Sohn eines östr. Beamten]. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) II. Bd. S. 76 [nennt ihn 1772 aus einer adeligen Familie in Ungarn geboren]. – Klingemann, Kunst und Natur I. Bd. – Funt (Z.), Erinnerungen aus meinem Leben (Leipzig 1836 und 1838) II. Bd. S. 131. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) V. Bd. S. 641. – Wanderer (Wiener Unterhaltungsblatt, 4°.) 1840, Nr. 283: „Eßlair“ [nach diesem gest. 10. Nov. 1840]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) IX. Bd. S. 215 [nach diesem, Brockhaus und dem Neuen Nekrolog stammt E. aus dem Hause Khevenhüller]. – Ueber sein Spiel vergleiche: Tieck (L.), Dramaturgische Blätter I. Bd. S. 86–109. – Hermione, redigirt von Dr. H. Schulz 1827, Sp. 314 u. f., 328 u. f., 342: „E.’s Gastspiel auf dem Theater zu Bonn“ von Alfred Reumont [beurtheilt die Rollen des Lear, Belisar, Otto v. Wittelsbach, Wilhelm Tell]. – Zeitung für die elegante Welt. 1822, Nr. 127–133: „Ueber Wilhelm Tell durch Eßlair dargestellt“ von Pr. A. Wendt. – Morgenblatt für gebildete Leser (Stuttg. 1841, Cotta) Nr. 78: „Eßlairs Gedächtnißfeier“, Epilog von Eduard von Schenk [dargestellt auf dem kön. Hoftheater zu München am 26. März 1841. Der Genius hinter E.’s Denkmal hervortretend, ruft den Epilog schließend: „Und immerdar soll Eßlairs Name neben | Den Namen Garricks hier u. Talma’s leben“]. – E. wurde viel, unter Andern von D. Weichselbaumer, Theodor Hell besungen. Die ergötzlichste Huldigung jedenfalls brachte ihm aber das Chemnitzer Wochenblatt 1838. [Man vergleiche darüber: „Leipzig-Berlin-Dresdener Dampfwagen“, herausg. von Herloßsohn 1838, Nr. 35: „Chemnitz.“] – Porträte. 1) Gestochen von Fleischmann (Stuttgart, Ebner, kl. 8°.). – 2) Lith. von Schimon (München, Wimmer, Fol.). – 3) Lithogr. von Lanzedelli (Wien, Spina, Fol.).