BLKÖ:Darvar, Demeter Nikolaus

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Darnaut, Vincenz
Nächster>>>
D’Aspre
Band: 3 (1858), ab Seite: 166. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Demeter Nikolaus Darvar in Wikidata
GND-Eintrag: [1], SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Darvar, Demeter Nikolaus|3|166|}}

Darvar, Demeter Nikolaus (Pädagog und Philolog, geb. zu Klissura in Macedonien 13. Aug. 1757, gest. zu Wien 5. März 1823). Von frühester Jugend an zeigte Demeter Nikolaus große Neigung und Anlage zum Studiren, das Altgriechische lernte er von dem berühmten Gelehrten Eugenius auf dem Berge Athos, dem nachmaligen Erzbischofe von Cherson. 1769 kam er nach Semlin, wo sein Vater schon mehrere Jahre vorher ein Handlungshaus errichtet hatte, 1771 trat er in die zu Ruma, 8 Stunden von Semlin, errichtete illyrisch-lateinische Schule, studirte beide Sprachen, Geographie und Geschichte und setzte 1774 zu Neusatz auf das Emsigste das Studium der altgriechischen Sprache fort. Nach seiner Rückkehr sollte er sich den Handelsgeschäften widmen. Doch auf sein und seiner Freunde Bitten sandte ihn sein Vater nach Bukarest, wo er durch drei Jahre die Humanioren und die alte Philosophie studirte und die Metaphysik von Baumeister in’s Altgriechische übersetzte, wovon bald unzählige Abschriften durch ganz Griechenland verbreitet wurden. 1780 reiste er über Wien nach Leipzig, wo er den Vorlesungen Platners und Hindenburgs beiwohnte. Nach vollendeten Studien kam er 1784 nach Wien und eröffnete mit der Herausgabe seiner deutsch-griechischen Sprachlehre seine literarische Laufbahn. 1785 ging er nach Semlin und betrieb auf das Eifrigste die Errichtung einer griechischen Normalschule, in welcher er durch 9 Jahre mit dem größten Erfolg das Lehreramt versah, und mehrere seiner Schüler zu Lehrern bildete. 1794 ging er neuerdings nach Wien und eröffnete daselbst, um die Bildung der griechischen Jugend zu fördern, eine griechische Schule, zu deren Gründung der griechische Gutsbesitzer Christoph von Nako ein Legat von 20,000 fl. hinterlassen hatte. In dieser Schule ertheilte D. freiwillig durch ein ganzes Jahr unentgeltlich Unterricht. Großen Einfluß auf die Ausbildung der griechischen Jugend hatte D. auch durch seine zahlreichen und zweckmäßigen Elementar- und andere Schulbücher ausgeübt. Ueberhaupt besitzt D. auf dem noch jetzt sehr verwahrlosten Felde der neugriechischen Literatur große Verdienste. In seinem Testamente verordnete er, daß die von ihm verfaßten und auf seine Kosten gedruckten neugriechischen Schulbücher zum größten Theile an die griechischen Nationalschulen der k. k. Staaten, nach dem Verhältnisse der Anzahl der Schüler unentgeltlich vertheilt, der übrige Theil seiner literarischen Werke aber zum Behufe der Herausgabe seiner hinterlassenen Manuscripte verkauft werden solle. Den Verlag derselben unternahm sein Bruder Peter Darvar. Seine wichtigsten im Druck erschienenen Schriften sind in neugriechischer Sprache: „Deutsche Sprachlehre für Griechen“ (Wien 1785); – „Sichere Anleitung zur Menschenkenntniß oder Theophrasts ... Charakterschilderungen etc.“ neugriechisch (Ebd. 1795) und altgriechisch: „χαρακτηρες ἑλλενισι εκεδοθξντες μετα συντομων κριτικων ἐπιζασεων ύπω Δημητριον Νικολαου Δαρβαρεζ;“ (Έν Βιεννη 1815, 8°.). Was die altgriechische Ausgabe des Theophrast betrifft, so zählt sein Biograph Rupprecht dieselbe zu den vorzüglichsten es sind darin, schreibt R., viele verdorbene Stellen verbessert, dunkle erläutert, fehlerhafte Lücken beseitigt, ungewisse und mangelhafte Ausdrücke bestimmt und ergänzt, Momente, welche in den bis dahin als die besten gehaltenen Ausgaben von Casaubonus, Fischer, Koray, Schneider noch so Vieles zu wünschen übrig ließen. Ebert (Bibliogr. Lex. II. Bd. Sp. 950, Nr. 22844) bemerkt darüber, „daß es eine kritische Ausgabe [167] des Textes sei, der hier oft blos nach Conjectur geändert ist“; – „Anleitung zur altgriechischen Sprache“ etc. (Ebendaselbst 1798, 2. Auflage Venedig 1799); – „Das goldene Buch oder Kebes Gemälde und Epiktets Handbuch“ etc. (Wien 1799); – „Kurzgefaßte biblische Geschichte der Kirche des alten und neuen Bundes, aus dem Russischen, neugriechisch (Eb. 1800); – „Anleitung zur Rechtschaffenheit“ etc. (2. Aufl. Ebenda 1802); – „Der Jugendlehrer, oder sittliche Lebensregeln für Knaben und Mädchen“ (Ebenda 1804); – „Sammlung von allerlei Gedanken und Sprüchen, auserlesenen Fabeln, Erzählungen“ (Ebenda 1804); – „Gemeingriechische Grammatik“ (Ebenda 1806); – „Gemeinnütziger Briefsteller in der gemeingriechischen Sprache“ (Ebenda 1808); – „Der Hauslehrer oder Anleitung zur Naturkunde“ (Ebenda 1810); – „Kern der Weisheit“ (Ebenda 1811); – „Der Wegweiser durchs Leben“ (Ebenda 1812); – „Kurzgefaßte Physik“, 3 Theile (Eb. 1812–13); – „Allgemeine Weltgeschichte“, 2 Bde.; – „Neugriechische Encyklopädie zum Gebrauche der studierenden Jugend“, erschien nach seinem Tode (1829) im Drucke. In deutscher Sprache: „Der Stein des Anstosses oder von dem Ursprunge und der Ursache der Spaltung der griechischen und lateinischen Kirche, aus dem Griechischen“ (Wien 1787). In illyrischer Sprache: „Sittenlehre des Anton v. Byzant“ (Wien 1796); – „Spiegel der Christen“ (Ofen 1801); – „Kebes Gemälde und Epiktets Handbuch im gemeinen Slavischen oder Serbischen“ (Ebenda 1801). D.’s Verdienste um die Bildung seines Volkes entgingen seinen Zeitgenossen nicht. Die Bukarester philologische Gesellschaft hatte ihn 1810 zugleich mit dem um Ungarns Geschichte vielverdienten Engel (s. d.) und Kopitar (s. d.) zum correspondirenden Mitgliede ernannt und der in Paris herausgegebene „Mercure étranger 1813 N. V.“ würdigt in seiner Beurtheilung von D.’s Werk: „Όδηγὸς τοῦ βίου“, d. i. Führer des Lebens, sowohl dessen Kenntnisse in den classischen Sprachen sowie dessen Tact in Benützung des ihm gebotenen Materials. Mehreres hinterließ D. in Handschrift, das in den Besitz seines Bruders Peter Darvar gelangte.

Man nannte Darvars Familie, welche aus einem griechisch-römischen Geschlechte abstammt und aus fünf Brüdern bestand: Pentades; den Namen Darvar, d. i. Holzversilberer, erhielt erst D.’s Großvater Demeter, der mit seinem Bruder Nikolaus Pentades nach der Uebergabe Belgrads die Holzlieferung für Semlin und die Pallisadirung dieses offenen Platzes übernommen hatte. – Archiv für Geographie, Historie, Staats- u. Kriegskunst (Wien) Jahrg. 1816, Nr. 53, 54: „Biographische Skizze“, von Joh. B. Rupprecht [enthält eine vollständige Uebersicht der Werke D.’s, welche er in neugriechischer, deutscher und illyrischer Sprache hatte im Drucke erscheinen lassen. Die Zahl derselben beläuft sich auf 28 Druckwerke (24 neugr., 1 deutsches, 3 illyr.). – Sartori (Franz Dr.), Histor.-ethnographische Uebersicht der wissenschaftlichen Cultur, Geistesthätigkeit u. Literatur des östr. Kaiserthums (Wien 1838, Gerold, 8°.) I. Theil (mehr ist nicht erschienen) S. 189. [Enthält Ausführlicheres über D.’s Testament, die Liste der Darvar’schen gedruckten Bücher und Manuscripte nach den Originaltiteln; und einige Mittheilungen über seinen Bruder Peter Darvar, der als Uebersetzer der Geßner’schen Schriften in’s Neugriechische und Verfasser mehrerer anderen Werke, welche Sartori auch anführt, bemerkenswerth ist.]