BLKÖ:Burkhardt, Anton Ulrich

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 14 (1865), ab Seite: 410. (Quelle)
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Burkhardt, Anton Ulrich (Meteorolog, geb. zu Salzburg 9. December 1826, gest. zu Wien 27. Februar 1860). Sein Vater war Oberjäger in der kaiserlichen Armee, hatte als solcher die französischen Feldzüge mitgemacht und war an den Folgen der in den Kriegen empfangenen Wunden gestorben, als sein Sohn erst sechs Jahre alt war. Obgleich die Mutter sich und ihren Sohn von dem kärglichen Erlöse ihrer Handarbeit ernährte, ließ sie doch ihren Sohn studiren und dieser beendete die Gymnasial- und philosophischen Classen zu Salzburg. Die Naturwissenschaften flößten ihm in frühester Jugend schon ein außerordentliches Interesse ein und Wetterkunde, Botanik, Astronomie betrieb er trotz der äußerst beschränkten Mittel, welche ihm zu Gebote standen, mit einer seltenen Vorliebe und Ausdauer. Seit dem Jahre 1839, also seinem dreizehnten Jahre, machte er genaue Aufzeichnungen über den Gang der Witterung, über die Blüthezeit der Flora Salzburgs und über die vorkommenden merkwürdigsten astronomischen Erscheinungen. Schon damals war es sein sehnlichster Wunsch, an irgend einer Sternwarte angestellt zu werden. Im J. 1845 wurde B. militärpflichtig und unter zwanzig sich zu stellenden Jünglingen als der einzig taugliche befunden. Wohl wurde ihm zur Fortsetzung seiner Studien sofort ein Urlaub bewilligt, er aber doch schon im folgenden Jahre (1846) nach beendeten philosophischen Studien zu den militärischen Uebungen einberufen, worauf er bis Ende 1849 im Infanterie-Regiments Großherzog von Baden als Feldwebel im activen Dienste blieb. Auch in dieser Stellung benutzte er die kleine ihm gegönnte Muße zur Fortsetzung seiner meteorologischen Beobachtungen, wobei im Hinblick auf seine untergeordnete Stellung und die dienstlichen Verhältnisse nicht geringe Schwierigkeiten zu überwinden waren. Endlich fand er an dem General Geppert [Bd. V, S. 144] einen Gönner, dessen Fürwort ihm die Beurlaubung auf unbestimmte Zeit erwirkte. Im J. 1850 begab sich nun B. nach Wien, setzte an der Hochschule und am polytechnischen Institute seine naturwissenschaftlichen Studien fort, während er seinen Lebensunterhalt mit Ertheilung von Unterrichtsstunden fristete. Endlich gelang es ihm im October 1852 eine Stelle bei der im J. 1850 neu errichteten k. k. Centralanstalt für Meteorologie und [411] Erdmagnetismus zu erhalten. Ueber Vorschlag des Directors derselben, Kreil [Bd. XIII, S. 179], wurde B. zum Assistenten an der Centralanstalt ernannt. In dieser Stellung wurde er sofort mit der Beobachtung und Herausgabe der Uebersichten der Witterung von nahe an 100 Beobachtungsstationen in und außerhalb Oesterreichs betraut. Sie erschienen monatlich unter seinem Namen im Drucke. Ungeachtet er nur den kleinen Gehalt von 500 fl. besaß, ließ B. doch sogleich seine alte Mutter nach Wien kommen, die bisher in den dürftigsten Verhältnissen in Salzburg gelebt hatte. Um seinen und der damals nahezu 70jährigen Mutter Lebensunterhalt bestreiten zu können, mußte B. Nebenarbeiten suchen. Er erhielt auch einen Antrag, für das Journal „Die Donau“ populäre Berichte über die Erscheinungen der Natur zu schreiben, welche in den gebildeten Kreisen bald Aufmerksamkeit erregten. Bis zum 15. November 1856 setzte er seine Berichte für die „Donau“ fort, von da ab schrieb er dieselben für die „Presse“. Aber in den Jahren 1853 bis 1856 hatte B. sechs bis neun Monate des Jahres hindurch Beobachtungen während der Nacht angestellt, war oft um ein Uhr Nachts aufgestanden und hatte dann eine Stunde und auch länger beobachtet. In Folge dieser Nachtwachen in jedem Wetter war er zu Anfang des Jahres 1857 schwer erkrankt und mußte seine Arbeiten einstellen. Durch einen mehrmonatlichen Landaufenthalt in dem Orte Mauer bei Wien hoffte er Genesung zu finden, aber seine Begeisterung für das Studium der Natur ließ ihn nicht zur nöthigen Ruhe kommen und die ihm zu Gebote stehenden materiellen Mittel machten es ihm nicht möglich, dem geistig aufgeriebenen Körper zur Herstellung des Gleichgewichtes die nöthige Bequemlichkeit und sonst das nöthige Aequivalent für die erschöpften Kräfte zu verschaffen. So nahm das Uebel immer mehr zu; in den ersten Tagen des August 1859 erkrankte er so bedenklich, daß er nur noch durch einen Wechsel des Klima’s Genesung hoffen konnte. Zu einer ärztlich ungeordneten Reise nach Kairo schafften Freunde die erforderlichen Mittel. Aber auf der Seereise verschlimmerte sich das Uebel so sehr, daß er in Corfù einem zurückkehrenden Schiffe übergeben werden mußte, das ihn nach Venedig brachte, wo er bis gegen Ende December 1859 blieb. Am 28. December kehrte er nach Wien zurück, aber nur mehr wenige Wochen waren ihm gegönnt. So lange sein Geist denken, sein Auge sehen konnte, beobachtete er. Den letzten Blick nach der dünnen Quecksilbersäule gerichtet, entschlief er, ein Opfer seines wissenschaftlichen Eifers, erst 34 Jahre alt, eine 76jährige Mutter zurücklassend, deren einzige Stütze er gewesen. „Burkhardt, schreibt Uhl im Nachrufe, den er dem Andenken seines zu früh hingeschiedenen Freundes gewidmet, war kein Name, der dießseits und jenseits des Oceans bekannt war, keiner jener epochemachenden Naturforscher, die der Stolz der Welt sind, und doch hat es wohl wenig Gelehrte gegeben, welche treuer im Dienste der Natur ausgeharrt, emsiger und anhaltender in der Erforschung derselben ihr Leben zugebracht haben. B. opferte im Dienste der Natur Alles, sogar sein Leben, denn man kann sagen, die Natur, die er so sehr geliebt, hat ihn getödtet. Er war keiner jener begünstigten Männer, an deren Wiege die Genien des Talentes und des Glückes die Pathenstelle übernehmen, die dem Jünglinge die Wege ebnen und, ihn von äußerer [412] Sorge befreiend, bewirken, daß er ungehemmt und ungebeugt seinem Ziele entgegengehen, dereinst als Mann und Greis der Stolz der Wissenschaft, der Ruhm des Vaterlandes werden kann. Im Gegentheil, das leider so kurze Leben B.’s war eine dornenvolle Laufbahn, ein Weg voll Mühsal und Entbehrung, Noth und Kampf; er fand fast nur Hindernisse auf seinem Pfade. Daß er aber ausharrte im Dienste der Wissenschaft, ein echter Held des Geistes trotz aller Drangsal; daß er dem Dienste der Natur, die ihm wohl Kränze um das Haupt wand, aber ihn sehr kümmerlich nährte, treu blieb: das machte den Mann nicht nur doppelt achtungswerth, das machte ihn auch zum Vorbild und zum Tugendbeispiel in einer Zeit, die selten mehr solcher Aufopferung fähig ist.“

Presse (Wiener polit. Journal) 1860, Nr. 60 (29. Februar): „Nachruf Burkhardt’s“, von Friedrich Uhl. – Salzburger Zeitung 1860, Nr. 56 u. 57: „Anton Ulrich Burkhardt“.