BLKÖ:Šafařík, Janko
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 28 (1874), ab Seite: 50. (Quelle) | |||
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Paul Joseph Š. [S. 53], und Oheim der beiden: Adalbert und Jaroslav Š. Der Vater Johann war Herrschaftsverwalter und die Mutter Susanna eine Tochter des evangelischen Theologen und slavischen Schriftstellers Martin Lauček [Bd. XIV, S. 212]. Die unteren Schulen beendete der Sohn in seinem Geburtsorte, dann kam er im Jahre 1821 zu Verwandten nach Neusatz, wo [51] er die deutsche Schule besuchte, und im Jahre 1823 in das Haus seines berühmten Oheims Paul Joseph, der zu jener Zeit Professor und Director des dortigen serbischen griechisch-unirten Gymnasiums war. Nachdem er im Jahre 1829 das Gymnasium beendet, begab er sich nach Preßburg, wo er die philosophischen und juridischen Studien hörte. Dort verweilte er bis zum Jahre 1832 und machte sich mit mehreren slavischen Koryphäen jener Tage, wie mit Hodza, Hurban, Stur, Škultety u. A., bekannt. Dieser Verkehr bestärkte ihn immer mehr in den Tendenzen, welche damals in der Nation, der seine Familie angehörte, zu Tage traten und denen er sein lebelang treu blieb. Im Jahre 1832 bezog er die Pesther Hochschule und begann an derselben das Studium der Medicin. Während seines dreijährigen Aufenthaltes daselbst besuchte er oft das Haus des berühmten slavischen Poeten Johann Kollár [Bd. XII, S. 325]. Im Herbste 1834 begab er sich nach Wien, wo er bis 1837 die medicinischen Studien beendigte und im Jahre 1838 daraus die Doctorwürde erlangte. Auch dort befreundete er sich mit mehreren später bekannt gewordenen Slaven, wie mit Kampelik, Vusin, Rieger, Zach u. A. Nun reiste er nach Prag, wo er einige Zeit slavische Studien, vornehmlich auf den Gebieten der Geschichte, Archäologie, Ethnographie und Sprachkunde trieb und viel mit čechischen Schriftstellern verkehrte. In dieser Zeit entstanden mehrere literarische Abhandlungen, welche dann im Časopis českého Muzeum abgedruckt erschienen, so z. B. „Betrachtungen über die Dichtungen von Demeter, Rossi und Kukuljević“ (Úvahy o básnických spisech Demetrových, Rossiho a Kukuljevićových, 1838); – „Ueber den Zustand der čecho-slavischen Sprache und Literatur am evangelischen Lyceum zu Preßburg“ (Zpráva, o ústavu pro řeč a literaturu českoslovanskou při lyceu A. V. v Prešpurku, 1839); – „Abhandlung über die südslavische Literatur“ (Zprava o literatuře jihoslovanske, 1842); – „Abhandlung über den Dichter Gundulic“ (Rozprava o Gundulićovi, in der Zeitschrift „Květy“ 1839). Im Jahre 1840 ließ sich nun Š. als praktischer Arzt in Neusatz nieder, folgte aber im Jahre 1843 einem Rufe der serbischen Regierung als Professor der Physik am Lyceum zu Belgrad; dabei trug er schon im nächsten Jahre die Geschichte der Redekunst und slavische Philologie vor, erlangte im Jahre 1845 die serbische Staatsbürgerschaft und noch im nämlichen Jahre die Mitgliedschaft des serbischen Schulrathes, der dem Unterrichtsministerium als ständiger Beirath zugewiesen war. Im Jahre 1849 trat er seine Lehrkanzel der Physik an einen anderen Collegen ab und übernahm nach dem Tode des Isidor Stojanovich das Lehramt der allgemeinen und dann jenes der serbischen Geschichte. In dieser Zeit und auch noch in den folgenden Jahren versah Š. verschiedene Ehrenämter und sonstige, mit seinem Lehrberufe in nächster Beziehung stehende höhere wissenschaftliche Functionen. Endlich gab er im Jahre 1861 aus Gesundheitsrücksichten sein Lehramt auf und übernahm nun die Stelle eines Bibliothekars und Custos des National-Museums, in welcher Stellung er bis zum Jahre 1869 thätig blieb; im letztgenannten Jahre erfolgte seine Ernennung zum Präsidenten der serbischen Akademie der Wissenschaften und am 12. September d. J. seine Berufung in den Senat, [52] welch letzteren Posten er wohl noch zur Stunde einnehmen mag. Seit seiner Uebersiedelung nach Serbien ist Š. auf dem Gebiete serbischer Geschichtsforschung schriftstellerisch thätig und seine dießbezüglichen Arbeiten sind in der Glasník, d. i. der Verkünder der dortigen gelehrten Gesellschaft, abgedruckt; davon sind zu erwähnen: „Uebersicht der Urkunden und Quellen zur Geschichte Serbiens und der südslavischen Nachbarländer, welche Š. im General-Archive zu Venedig aufgefunden“ (Popis aktah prinadleźećih k istorii Srbah o ostalih Jugoslovenah nahodećih se u ces. kr. mletačkom generalnom archivu 1858, auch separat gedruckt erschienen); – „Die Entwickelung der slavischen Literatur in Bulgarien“ (Rozkvĕt slovanské literatury v Bulharsku 1849, eine Übersetzung der Arbeit über diesen Gegenstand aus dem Čechischen seines Onkels Paul Joseph Š.); – „Die türkische Chronik des Michael Konstantynovich“ (1865, gleichfalls übersetzt aus dem Čechischen); – „Zusätze zur Geschichte der serbischen und bulgarischen Hierarchie“ (Prilozi k istorii srbske a bugarske hierarchije 1855); – „Leben des Stephan Uros III., geschrieben von dem Mönche Gregorius“ (Žitije Stefana Uroja tretiago s’ pisano Grigoriem’ m’nichom 1859), es ist dieß ein Werk des Gregor Camblak aus dem Jahre 1411; und viele andere kleinere historische und archivalische Arbeiten, welche in den Jahrgängen 1862, 1863, 1866 und 1868 des „Glasník“ abgedruckt stehen. In den Jahren 1857 und 1858 unternahm Š. in den Schulferien eine Reise nach Venedig, um in den dortigen Archiven die Urkunden zur Geschichte Serbiens und der angrenzenden südslavischen Länder kennen zu lernen, Abschriften davon zu nehmen und zu sammeln. Das Ergebniß dieser Reise hat Š., wie oben erwähnt, im „Glasnik“ niedergelegt. Janko Š. nimmt zur Zeit in Serbien auf wissenschaftlichem Gebiete eine hervorragende Stelle ein, und ein wesentliches Verdienst erwarb er sich um das serbische Museum zu Belgrad, für welches er wichtige slavische Handschriften in Serbien und Bulgarien sammeln ließ. Dabei aber ließ er auch andere antiquarische Gegenstände, wenn sie zur serbischen Geschichte in Beziehung standen, nicht aus den Augen. Die wissenschaftlichen Kreise anderer slavischen Völker ließen Š.’s Verdienste nicht unbeachtet, und so wurde er von der Gesellschaft für südslavische Geschichte und Alterthümer in Agram (1868), von der Matice srbska in Neusatz (1861), von der archäologischen Gesellschaft in Moskau und noch von anderen gelehrten Vereinen und Akademien zum Mitgliede gewählt.
Šafařík, Janko (serbischer Schriftsteller, geb. zu Kis-Körös in der Pesther Gespanschaft Ungarns 14. November 1814). Ein Sohn Johann’s Š., älteren Bruders des berühmten Sprach- und Geschichtsforschers- Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, I. L. Kober, Lex. 8° ) Bd. IX, S. 13, Nr. 3.