Ave Maria!
Der Berge Riesenhäupter strahlen
Noch von des Tages Scheidekuß;
Tief aus den Schlünden, aus den Thalen
Aufsteigt die Nacht mit leisem Gruß,
Und drunten tönt von der Capelle
Am Felsenrand das Glöcklein helle:
Ave Maria!
Komm, Gritli! Schallt Dir nicht zum Ohre
Der traute Laut? Komm zu der Statt,
Wo zum Gebet die Felsempore
Gott selbst uns ausgerichtet hat!
Wie tief herauf die Töne dringen,
Sie sind des Engelgrußes Schwingen:
Ave Maria!
Ob Säulen gleich die Berge ragen
Fast über Wolk’ und Mond hinaus –
Zu groß ist für des Herzens Zagen
Solch unermeßlich Gotteshaus.
Der Glaube und die Liebe treten
Gern in den kleinsten Raum und beten:
Ave Maria!
Wie klein und arm das Kirchlein hanget
Am Felsgezack! Doch birgt es nicht,
Was einzig durch das Dunkel pranget,
Am Heil’genschrein ein ewig Licht?
Im Glockenklang und Lampenscheine
Begrüßt das Herz die Hehre, Reine:
Ave Maria!
Ein jedes Herz hat seine Weise,
Wie es die Blüthen und die Frucht
Auf unsrer Erdenpilgerreise
Im Glauben und im Lieben sucht.
Wem wohl das Herz bei seiner Weise,
Dem klingt wie Himmelsgruß das leise
Ave Maria!