Australien und die australische Race

Textdaten
<<< >>>
Autor: Friedrich Gerstäcker
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Australien und die australische Race
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 473–475
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[473]
Australien und die australische Race.
Von Fr. Gerstäcker.

Es sind in letzter Zeit wieder eine Menge von Gerüchten aufgetaucht, daß neue fruchtbare wasserreiche Strecken im Inneren Australiens entdeckt wären; ja die Zeitungen phantasirten sogar von einem mehrere englische Meilen breiten Strome, den man dort gefunden haben wollte; kein Blatt gab aber an, wohin er strömte, woher er kam.

Es sind das lauter Märchen, die sich auf ein Minimum reduciren, und sämmtliche neue Entdeckungen laufen höchstens darauf hinaus, daß noch einige Stellen im Inneren, und nicht zu weit von der Küste entfernt, gefunden sind, wohin ein paar Stationsbesitzer ihre Schafheerden treiben können, denn mit der dortigen Nahrung, die gerade die Schafe abweiden, mit dem im trockensten Sandboden wachsenden, sehr saftigen pjgsface und Satzbusch, können diese Thiere auch vollständig das ganze Jahr ohne Wasser bestehen, während die Schäfer in der „Regenzeit“ zum Trinken wie Waschen genug haben, und sich in der trockenen Saison das Waschen abgewöhnen.

Es gibt Leute in Deutschland wie England, die noch immer die Hoffnung haben, daß in dem ungeheueren Inneren des Landes wichtige Entdeckungen für die Colonisation gemacht werden würden – aber es sind nur solche, die das Land nicht von eigenem Beschauen kennen, und die Zeit wird lehren, daß all ihre Hoffnungen vergebens waren.

Die Erforschung des inneren Australiens hat in der That etwas ungemein Aehnliches mit der Untersuchung und Auffindung der Nordwest-Passage um Amerika – sie ist von rein geographischem Interesse, und wird schwerlich je den geringsten Nutzen für das Land selber bringen. Von der Wasserarmuth jenes ungeheueren Landes hat der Fremde nämlich nur selten einen Begriff und denkt deshalb immer, daß solch ein weites Terrain, das seinen Flächenraum nach Tausenden von Quadratmeilen zählt, auch noch hie und da ein kleines Paradies in seinem Inneren bergen könne, ohne daß man bis jetzt etwas davon entdeckt habe.

Es ist unmöglich, denn zu einem Paradies gehört Wasser, und ein Strom kann im Innern Australiens nicht existiren, weil weder ein Platz da ist, wohin er fließt, noch woher er kommen kann. Australien hat überhaupt nur einen Fluß, der fortwährend fließendes Wasser hält, den Murray, denn selbst der Murrumbidgee, nach ihm der größte und ein in der Regenzeit bedeutender Strom von mehreren hundert Schritten Breite, besteht außer der Regenzeit nur aus einer Kette von Wasserlöchern, zwischen denen man überall hin mit trockenem Fuß gehen kann. Ebenso ist es mit Hunter’s River, auf dem allerdings Dampfboote laufen, aber in der trockenen Jahreszeit nur so weit die Wirkung der Meeresfluth reicht. Darüber hinaus schwindet er ebenfalls zu Wasserlöchern zusammen. Das Nämliche ist es mit dem aus dem Innern kommenden und sich in den Murray ergießenden Darling, das Nämliche mit dem Torrens und allen anderen Flüssen Australiens, einige kleine Bergbäche abgerechnet, die aus den sogenannten australischen Alpen kommen.

Diese australischen Alpen sind die höchsten Berge des Landes, und von ihnen aus geht kein einziger Strom nach dem Inneren, der nicht genau bekannt wäre und im Meere ausmündete, und aus dem Inneren kommen nur jene furchtbaren und heißen Winde, die das sichere Zeichen einer Wüste sind. Wie wenig aber selbst in diesem Inneren auf die Regenzeit zu rechnen ist, davon gab jenes Jahr, in dem ich Australien besuchte (1851), den sichersten Beweis, da am Murray in sechzehn Monaten kein Tropfen Regen gefallen war, und auf der ganzen ungeheueren Strecke kein einziger Grashalm mehr wuchs. Nur in der Nähe der Berge hatte es geregnet.

Jenes Land habe ich in dem 4. Bd. meiner Reisen (J. G. Cotta’sche Buchhandlung) genau beschrieben und damals selber die Gegend besucht, die unmittelbar an dem bedeutendsten Strom des ganzen Continents liegt. Aber selbst dort mußte zu den nächsten Schafstationen, die nur wenige Miles vom Strome entfernt lagen, das Trinkwasser für die Schäfer in Fässern hinausgefahren werden, und dicht am Strome begannen schon die dürren Mullayhügel, die sich wellenförmig in das Innere ausdehnten, und vom Strom ab nicht einmal die Spur eines selbst trockenen Flußbettes zeigten. Der Regen, der dort fiel, wurde auch im Nu von dem Boden aufgesogen und konnte nicht einmal in der Regenzeit eine Rinne bilden. Daß hie und da im Inneren des Landes noch höhere, vielleicht mit Büschen dicht bestandene Strecken liegen, die in der Regenzeit Wasser und Gras, und in der trockenen Jahreszeit Salzbusch und pigsface für die Schafe haben, will ich nicht bestreiten, und mehr verlangen die Schafzüchter auch nicht; für diese gäbe es also in der That noch hie und da ein Terrain, auf dem sie sich ausbreiten könnten, aber daß ein großer Strom, daß ein fruchtbares Land im Inneren bis jetzt entdeckt wäre, ist ein Märchen, und wird ein Märchen bleiben noch für Jahrhunderte lang. Daß es sich nämlich später ändern könnte, ist möglich, denn in Australien steht die wunderbare Thatsache fest, daß sich das Wasser mehrt. Im Adelaide-District ist es in der That schon in den letzten zehn Jahren geschehen, und im Lyndock-Valley, dem fruchtbarsten District in der Nähe Adelaide’s, das einen prachtvollen Ackerboden hat, ist das Wasser in den letzten Jahren so augenfällig gewachsen, daß es sogar einen kleinen See oder Teich gebildet. Möglich, daß das durch irgend eine uns unbekannte Naturkraft, vielleicht durch Hebung des Bodens selber, mit den Jahren noch bedeutender würde.

Eben so irrige Begriffe bestehen über den Ursprung der australischen Eingeborenen, die es mich drängt, zu berichtigen, in soweit ich sie selber nach eigener Anschauung kennen gelernt habe.

Die Eintheilung des Menschengeschlechts überhaupt, wie sie Blumenbach hingestellt hat, ist meiner Meinung nach ungenau, und ich will suchen es zu beweisen. Ich nehme allerdings fünf verschiedene Menschenracen an, wie Blumenbach, aber in anderer Eintheilung, und scheide sie nicht in die kaukasische, mongolische, malayische, äthiopische und amerikanische, sondern in die kaukasische, mongolische, äthiopische, amerikanische und australische, denn die australische ist kein Mischlingsstamm von Malayen und Aethiopiern, während die Malayen selber unter keiner Bedingung eine eigene und selbstständige Race bilden können.

Wir haben eine Anzahl von Menschen, die sich die größte und höchst unnöthige Mühe geben, zu beweisen, daß wir Alle, wie wir den Erdboden bewohnen, von einem einzigen Menschenpaar abstammen, und es geschieht dies einzig und allein nur, um ihrer Meinung nach die Worte der Bibel aufrecht zu erhalten. Das Merkwürdige ist, daß sie dabei von ihrer eigenen Quelle im Stich gelassen werden, denn die Bibel sagt nicht allein nirgends ausdrücklich, daß Adam und Eva die einzigen Menschen gewesen wären, sie spricht nur von den ersten, sondern sie bestätigt auch mit klaren, gar nicht anders zu deutenden Worten, daß außer der Familie von Adam und Eva auch noch andere Menschen existirt haben, indem Kain, nachdem er seinen Bruder Abel erschlagen hatte, „in ein anderes Land ging und ein Weib nahm“. Das alte Testament liefert uns auch nur die Geschichte jenes Erdtheils, der den damaligen Bewohnern bekannt war; sie konnte eben nichts weiter liefern, und wir wären thöricht, mehr davon zu verlangen. Für jenes Ländergebiet und also für die kaukasische Race überhaupt mögen wir denn auch immer Adam und Eva als erstes Menschenpaar beibehalten. Da wir die damalige Zeitrechnung nicht kennen, liegt nicht der geringste Grund vor, jene Angabe zu bezweifeln. Aber außer Asien existirte auch schon damals die übrige Welt, und es wird Niemand kühn genug sein zu behaupten, daß sie Jahrtausende leer gestanden habe.

Mit den Erfahrungen, die wir bis jetzt gesammelt, gibt uns die uns umschließende Natur nicht allein die feste Ueberzeugung, sondern sogar die Gewißheit, daß, wenn nicht die Thiere und Pflanzen von der ersten Möglichkeit ihres Bestehens an gleichmäßig über alle Länder vertheilt wurden, wenigstens verschiedene Centralstellen bestanden haben, von denen aus sie sich in der Nachbarschaft und dem ihnen zusagenden Klima verbreiteten. Der Eisbär und Zobel ist ebenso wenig in einem warmen Klima erschaffen worden und später, mit den dortigen Verhältnissen unzufrieden, nach seiner behaglich kalten Eisregion ausgewandert, wie der australische Gumbaum, mit all den zahlreichen Arten der Banksias, aus Asien stammt, wo nicht einmal die Spur einer ähnlichen Vegetation gefunden wird.

[474] Die Kraft, die jene Thiere erschuf, hat auf das Wunderbarste in ihrer kunstvollen Bildung auf jedes ihrer Bedürfnisse Rücksicht genommen, und dürfen wir da glauben, daß sie dieselben nicht auch gleich der Stelle zugetheilt hätte, auf der sie später hausen – auf der in vielen Fällen sie nur allein existiren konnten? Wie wäre im anderen Fall – von den übrigen Thieren gar nicht zu reden – ein Tiger z. B. aus dem Paradies nach Süd-Amerika gekommen? Zu Wasser sicher nicht, und zu Land hätte er die Eisregion durchwandern und die Behringsstraße durchschwimmen müssen. Die Kraft aber, die einen Elephanten und Tiger, einen Eisbär und Walfisch, ein Känguruh und einen Strauß schuf, die ein Kameel in die Wüste, eine Gemse auf die zackigen Grate der Alpen, ein Flußpferd in die Moräste Afrika’s setzte, war auch im Stande den Menschen dort zu erschaffen, wo er sich eben heimisch fühlen konnte. Im anderen Fall müßten wir außerdem annehmen, daß alle jene entlegenen Welttheile Jahrtausende lang ihre für das Menschengeschlecht so werthvollen Gaben nutzlos getragen und vergeudet hätten, ehe sie zufällig von ein oder dem anderen Wanderer entdeckt und langsam bevölkert wären.

Weit natürlicher und ihrem Zweck entsprechend stellt sich uns aber die Bevölkerung des Erdballs dar, wenn wir verschiedene Centralstellen annehmen, deren Beweis wir auch in der verschiedenen Körperbildung und Farbe, wie in der ganzen geographischen Eintheilung der Erdkugel finden. Die Frage ist nur jetzt, wie viele solcher Centralstellen bestanden haben müssen, und hierin gibt uns unsere jetzige Kenntniß des Erdballs den besten und sichersten Anhaltspunkt, indem sie uns lehrt, daß wir mit gutem Gewissen wenigstens fünf annehmen dürfen. Schon Cuvier erkennt keine malayische Race an und theilt das Menschengeschlecht in Kaukasier, Mongolen und Aethiopier – die amerikanische Race als eine Unterabtheilung der Mongolen, die Malayen als eine eben solche der Kaukasier betrachtend. Er wie Blumenbach gehen über die australische Race flüchtig weg, indem sie jene Stämme als Mischlingsrace von Malayen und Aethiopiern abfertigen – aber sie haben Beide darin Unrecht.

Die malayische Race kann vor allen Dingen gar kein Haupt- oder Urstamm sein. Sie hat überhaupt in der Geschichte keinen Anhaltspunkt, keine eigentliche Heimath, und nur Vermuthung ist es, daß sie von Sumatra stamme. Viel wahrscheinlicher bleibt es dagegen, daß sie ihre Entstehung dem ersten Seeverkehr zwischen mongolischen und kaukasischen Stämmen verdankt, und bis auf den heutigen Tag sind die Malayen ein unternehmendes, seefahrendes, aber auch vollkommen unstätes und wanderlustiges Volk geblieben, das sich auf fast allen Inseln des ostindischen Archipels, wie an allen Küsten festsetzte und die dort vorgefundenen Eingeborenen in’s Innere jagte. So finden wir auf Borneo, Luzon, Sumatra, Java und wie die Inseln alle heißen, verschiedene Völker im Inneren, wie an der Küste, so verschieden in der That, daß sie sogar in ihrer Sprache nicht die geringste Aehnlichkeit haben.

Die Küstenbewohner, wenn sie nicht das unvermischte Gepräge des Stammes tragen, den wir nun einmal Malayen nennen, tragen jedenfalls deutlich ihre malayische Abstammung. Die alten Stämme aber, die in die Berge flüchteten, als die Eroberer ihre Küsten überschwemmten, werden von ihnen Orang Gunung oder Bergmenschen genannt. Es ist allerdings immer eine mißliche Sache, Autoritäten wie Cuvier und Blumenbach gegenüber eine eigene Meinung zu haben. Nach dem aber, was ich selber von der Welt gesehen, hat sich mir die Ueberzeugung aufgedrängt, daß beide Naturforscher die australischen Eingeborenen wie das australische Land nicht gründlich genug kannten, wenn sie jenen Stamm als eine Mischlingsrace von Aethiopiern und Malayen bezeichneten. Ich meinestheils halte die Australier, so gut wie die Kaukasier und Aethiopier, für einen ganz entschieden echten Urstamm, wie denn Australien jedenfalls einen jener Centralpunkte bildet, der seine eigenen Exemplare von Thier- und Pflanzenarten für sich bekommen hat, und dem wir nicht den geringsten Grund haben die Menschen abzusprechen.

Wichtig ist hierbei, vor allen Dingen eine falsche geographische Eintheilung zu berichtigen, die noch in manchen Schulen und auf vielen, selbst neueren Landkarten ihre Vertreter wie Unterstützung findet. Ich meine die Eintheilung, welche, als fünften Welttheil unter dem Namen Australien oder Oceanien, das eigentliche Neu-Holland mit sämmtlichen Inseln der Südsee und Neu-Seeland, oft sogar mit einem Theil des ostindischen Archipels zusammenwirft und ihm, der Bequemlichkeit wegen, den Namen Oceanien gibt. Diese Zusammenlegung ist vollkommen falsch, und die Engländer, mit der Natur jener einzelnen Inseln aus eigener Anschauung bekannt und vertraut, rechnen schon seit langen Jahren sämmtliche Südsee-Inseln – selbst Neu-Seeland nicht ausgeschlossen – zu einem besonderen und sechsten Welttheil, den sie Polynesien nennen.

Zu Australien oder Neu-Holland (der Name Australasia, der auch vorkommt, ist ein Unding, und etwa gerade so, als ob ich sagen wollte Amerikanisch-Europa) kann nur Van-Diemensland gezählt werden und vielleicht noch die Süd-Küste von Neu-Guinea; aber selbst Neu-Guinea gehört schon weit mehr dem ostindischen Archipel wie Australien an, und dieser ostindische Archipel, wie auch die Inseln des stillen Meeres, ist an Menschen, Thieren und Pflanzen von Australien so verschieden, wie Europa von Afrika. Mit Australien haben diese Inseln alle auch nicht die geringste Aehnlichkeit, und Australien bildet deshalb für sich ein eigenes, selbstständiges Land – mit einem Wort einen eigenen Welttheil und einen jener Centralpunkte unserer Erdkugel.

Um nun wieder auf die Eingeborenen Australiens zurückzukommen, so hat man sich bis jetzt außerordentlich wenig Mühe gegeben, ihre Abstammung zu ergründen. Die verschiedenen Naturforscher sagten: Der australische Eingeborene hat eine schwarze Hautfarbe und weiches lockiges Haar – folglich stammt er von Malayen und Aethiopiern ab. – Folglich stammt er aber, gerade aus diesem Grund, nicht von diesen beiden Völkern ab, denn alle Nachkommen der äthiopischen Race, wenn sie sich nicht wenigstens dreifach mit einer anderen gemischt hatten, haben das mehr oder weniger wollige Haar, haben jene bestimmten Zeichen an den Fingernägeln, haben die sammetartige Haut, vorstehende Backen und aufgeworfene Lippen – was Alles dem Australier fehlt.

Eine Mischlingsrace von Aethiopiern und Malayen haben wir an der Ostküste Madagaskars, aber es ist noch Niemandem eingefallen zu behaupten, daß zwischen den Malegassen und australischen Schwarzen auch nur die geringste Aehnlichkeit herrsche. Doch wir brauchen wahrlich nicht bis Madagaskar zu gehen, um den Beweis zu finden, daß die Aethiopier Australien nicht bevölkerten. Ja ich bezweifle sogar, daß je ein Neger seinen Fuß auf australischen Boden setzte, bis in neuerer Zeit Einzelne auf Schiffen der Weißen dorthin gebracht wurden.

Die Aethiopier sind überhaupt kein Volksstamm, der sich weit über die See hinüber ausgebreitet hätte, und nur die unmittelbar in der Nähe des afrikanischen Continents liegenden Inseln, wie Madagaskar, die Comoren, die Inseln des grünen Vorgebirgs und einige andere, wurden von ihnen erreicht. hätten sie aber weite Seereisen gen Osten unternommen, so brachte sie der günstige Monsuhn viel leichter zu den schönen Inseln des ostindischen Archipels. Dort finden wir jedoch keine Spur von ihnen, und das soviel weiter entlegene Australien mit seinen dürren Sandwüsten und wasserarmen Küsten – gerade am trostlosesten im Norden und Westen – sollten sie so bevölkert haben, daß jede Spur eines anderen Stammes verwischt wäre? Es ist das nicht gut zu glauben, und mit einem Wort nicht wahr.

Die Bewohner von Sumbaya, Timor wie der kleineren benachbarten Inseln des ostindischen Archipels besuchen allerdings im günstigen Monsuhn die australische Nordküste, um in der außerordentlich fischreichen Torresstraße dem Fischfang obzuliegen. Sie vermeiden aber so viel als möglich den Continent selber, der vielen dort hausenden bösartigen Stämme wegen, und halten sich auf den kleinen, durch jenen klippenreichen Canal zerstreuten Inseln auf. Trotzdem aber, daß sie alljährlich diese Reise machen, hat sie das öde, heiße, wasserarme Land noch nie verleiten können, sich dort niederzulassen, und daß sie mit den australischen Wilden in gar keiner Berührung stehen, dafür gibt schon die Thatsache den sichersten Beweis, daß die Letzteren nichts in ihrem Besitz haben, was von den Malayen abstammen könnte. Was sollten diese auch von Leuten eintauschen, die sich kaum selber das Leben fristen können und nichts auf der Gotteswelt besitzen, als ihre einfachen hölzernen Waffen, Wurfspeere und Harpunen?

Wollten wir dann auch wirklich annehmen, daß sich ein Theil von ihnen, vielleicht aus dem Unterland vertrieben, oder durch Schiffbruch an die Küste geworfen, dort niedergelassen hätte, so würden sie erstlich keine Aethiopier dort gefunden haben, und dann wären sie immer noch von dem übrigen Theil Australiens durch [475] die große Sandwüste abgeschnitten geblieben. Ganz unnähnlich den verschiedenen Inseln des Archipels finden wir aber in ganz Australien nur ein Volk, und zwar vom äußersten Norden bis zum Süden, im öden Innern, wie an allen Küsten, das weder mit den Malayen, noch den Bewohnern der Südsee-Inseln die geringste Aehnlichkeit in Sprache, Sitten, Religion, Gebräuchen, Sagen und Waffen hat. Auf den Boden wanderte auch kein anderer wilder Stamm, der auf das angewiesen blieb, was ihm die Natur selber bot, ein, denn nicht einmal wilde Früchte finden wir in dem Lande, ausgenommen an der Nordküste eine Pflaumenart. Nein, ein Volk, das diese salzigen wasserarmen Einöden bewohnt, mußte auch von Anfang an dafür erschaffen werden, oder hätte es nun und nimmer ausgehalten.

Noch jetzt erhalten sich auch die Australier rein, und wie man überall bei den Stämmen, die mit den Weißen seit Jahren in nächster Berührung stehen und keinen anderen „Handelsartikel“ für sie haben, als ihre Frauen und Mädchen, nie ein Kind von Mischlingsblut findet, weil sie es jedesmal nach der Geburt gleich tödten, so hat sich auch kein anderer Stamm mit ihnen vermischt, wie sie denn auch noch weniger ihren Ursprung von einem anderen ableiten.

In Afrika allerdings bewohnen die Nachkommen der kaukasischen Race, die Einwanderer aus Arabien und Kleinasien – die Mauren – noch jetzt die Wüste Sahara, oder wenigstens die darin liegenden Oasen, aber sie fanden zuerst, wie sie erobernd das Land betraten, eine fruchtbare Küste, weite, wasserreiche Districte, an denen sie sich festsetzen, von denen sie sich ausbreiten konnten, und unterwarfen dabei die Eingeborenen oder trieben sie in’s Innere zurück. So finden wir, wie in Afrika die Abkömmlinge der kaukasischen Race die ganze Nordküste, den größten Theil der Ostküste bis Nubien hinunter und auch einen kleinen Theil der Westküste bevölkerten, und während der eigentliche Urstamm des Landes, die äthiopische oder Negerrace, im Innern unverfälscht blieb, war im Süden oder Südosten auch dieser Theil des Landes den Eroberungen der malayischen Völker ausgesetzt, von denen wahrscheinlich die Kaffern in ihrer Vermischung mit den Negern abstammen.

Für Asien und Europa dürfen wir ebenfalls die auffällig von einander unterschiedene mongolische und kaukasische Race annehmen, die dort, wo sie zusammenstieß, die unzähligsten und verschiedenartigsten Vermischungen hervorrief, trotzdem aber in den Grenzvölkern ihre Spuren zurückließ, wie denn auch z. B. die Slaven wahrscheinlich ihren Ursprung einer mehrfachen Verschmelzung dieser beiden Racen verdanken.

Die amerikanische Race steht ebenfalls selbstständig in dem ungeheuren Continent, denn schon die Farbe derselben verräth, daß sie nicht von Asien gekommen sein kann, wenn auch der Uebergang über die Behringsstraße sonst sehr leicht möglich gewesen wäre. Die amerikanische Race zeigt uns aber auch, wie die Farbenveränderung des Menschen unter einer heißen Zone gar nicht stichhaltig sei, auf welche sich Jene immer stützen, die den Neger gern von Adam und Eva ableiten möchten. Mit nur geringem Unterschied in ihren äußeren Formen, aber mit ein und derselben dunkelkupferbraunen Haut bevölkert dieser Stamm den ganzen ungeheueren Continent, von den nördlichen Eisregionen durch die heiße Zone bis zu dem in Schnee begrabenen Feuerland, und mit derselben Hautfarbe, mit der der Pescheräh über seinem dürftigen Feuer kauert, oder der in sein Büffelfell gehüllte Blackfoot und Sioux auf Schneeschuhen das Wild verfolgt, läuft der Botokude unter seinen Palmen in Brasilien herum. Die Bewohner der heißen Zone hätten allerdings jenem Glauben der Farbenveränderung nach dunkler werden können, als die asiatischen Stämme waren, aber wie steht es dann mit den Bewohnern des hohen Nordens und Südens, denen Eis und Schnee doch schwerlich die verbrannte Hautfarbe geben konnte?

Der amerikanische Stamm bildet also, wie das auch schon die abgeschiedene geographische Lage seines ganzen Landes auf den ersten Blick zeigt, eine auch vollkommen selbstständige Race, wie Amerika auch wieder seine nur ihm eigenthümlichen Pflanzen und Thiere hat, und als wenigstens einer jener fünf Centralpunkte des Erdbodens betrachtet werden muß. Ob nun die Südsee-Inseln, die zum großen Theil erst in späteren Jahren durch das Wachsen der Koralle entstanden, von Amerika oder Asien ihre Bevölkerung erhielten, bleibt sich vollkommen gleich, und meiner Meinung nach wurden sie von beiden Theilen besetzt: vom Westen her durch die unternehmenden seefahrenden Stämme der Malayen, vielleicht auch mit von Australiern, und vom Osten durch die amerikanischen Indianer, die mit ihren leichten Fahrzeugen, nur erst einmal vielleicht durch einen Sturm aus dem Bereich der Land- und Seewinde gebracht, von dem Passat und der dort steten Meeresströmung schon ganz von selbst jenen Inseln zugetrieben wurden. Jedenfalls haben diese ihre Vegetation von Amerika erhalten, denn die Meeresströmung setzt zwischen den Wendekreisen entschieden von Ost nach West.

Wie ich also der festen Ueberzeugung bin, daß Gott den amerikanischen Wilden auch für das Land schuf, das er noch bis zum heutigen Tag bewohnt, wie der Stamm der Neger allein in Afrika heimisch war, wie der Kaukasier aus dem Grenzland zwischen Asien und Europa stammt, und dem Mongolen die ungeheueren Strecken des östlichen Asiens zur Wiege gegeben wurden, so finden wir ebenfalls in den australischen Stämmen eine besonders jenem Lande vollkommen eigenthümliche Race, die weder dem Malayen, noch weniger aber dem Aethiopier für ihren Ursprung zu danken hat, sondern auf dem Boden, auf dem sie lebt, mit dem Känguruh zugleich erschaffen wurde.