Aus dem Testamente Elisas von der Recke

Ausschreiben und Schießordnung zu einem Armbrustschießen in Torgau 1489 Aus dem Testamente Elisas von der Recke (1904) von Paul Rachel
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904)
Treitschke und die Kreuzschule
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Aus dem Testamente Elisas von der Recke.
Von Professor Dr. Paul Rachel.

Am 20. Mai werden es 150 Jahre, daß Elisa von der Recke als Tochter des Freiherrn und späteren Reichsgrafen Medem zu Schönberg in Kurland geboren worden ist. Auf ihrem Lebensgange, der ihr in den Jahren ihrer Ehe viele Enttäuschungen brachte, ist sie 1785, 31 Jahre alt, zum ersten Male nach Dresden gekommen. Auch in den darauffolgenden Jahren hat sie auf häufigen Reisen ihre Schritte hierher gewendet und mit lieben Freunden manchen Sommertag[1], aber auch Wintermonate, in der künstlerisch anregenden, schön gelegenen Stadt verbracht. Seit 1801 lebte sie häufiger in Berlin im Anschluß an ihre Schwester, die Herzogin Dorothea von Kurland, der sie auch oft nach Schloß Löbichau folgte. Im Jahre 1819 aber entschloß sie sich zu dauerndem Aufenthalte in Dresden. Sie erwarb das dem Geheimen Rath Freiherrn von Biedermann gehörige Haus am Kohlmarkt 11 (jetzt Körnerstraße 1) und richtete sich behaglich ein. Unter ihrem Schutze und ihrer Pflege sollte dem um zwei Jahre älteren Dichter Christoph August Tiedge, einem frühzeitig gebrechlichen, dabei nicht begüterten und zugleich äußerst unpraktischen Manne, eine sichere Heimstätte für sein Leben bereitet werden. Sie dankte ihm dadurch für die litterarischen und gesellschaftlichen Dienste, die er ihr als steter Begleiter seit 1804 geleistet hatte. Eine große Anzahl hochgebildeter Männer und Frauen schloß sich an beide an. Ihr Haus wurde bis zu ihrem Tode ein Mittelpunkt edler Geselligkeit. Ihre Gäste stammten aus adligen und bürgerlichen Kreisen. Der Beamte, der Gelehrte, von dem sie lernen konnte, waren ihr gleich willkommen. Obwohl sie vielfach kränkelte, hielt sie auf häufige Gastmähler, bei denen sie die Geladenen reichlich und vornehm bewirthete. Es würde für die Geschichte Dresdens anziehend genug sein, wenn ihr Aufenthalt in dieser Stadt aus ihren Briefen und aus Niederschriften anderer eingehend geschildert würde. Vielleicht ist in Woldemar von Biedermann, der 1903 gestorben ist, der letzte Dresdner dahingeschieden, der in ihrem Theezirkel, und zwar nach seiner eigenen Mittheilung an den Verfasser, als Kadett verkehrt hat.

Während ihrer letzten Lebensjahre hat sie, die kinderlose, viel und dringlich daran gedacht, wie sie über ihre Hinterlassenschaft verfügen solle. Sie unterschied dabei ihre Verwandten und ihre Freunde, vor allem ihre Dresdner Freunde.

Von ihren Bestimmungen über das, was nach Kurland gehe, besitzt das Körner-Museum eine große Anzahl beschriebener Blätter, die theils Abschriften, theils nur Entwürfe sind. Auf diese Anordnungen familiärer Natur ist hier nicht einzugehen. Nur ein Satz sei herausgehoben, aus dem hervorgeht, daß sie frühzeitig daran gedacht hat, einst für ihre Freunde liebevoll zu sorgen.

„Doch gab ich mir schon früh das Gesetz, mein Stammkapital von 52 000 Gulden nicht anzugreifen, weil ich immer den Vorsatz hatte, von meinem Eigenthume Vermächtnisse zu machen, um auch nach meinem Tode denen wohlzuthun, die um mich Verdienste gehabt haben und es bedürfen.“

In einem „Kodizill“ hat sie diese ihre Bestimmungen niedergelegt. Die Verwandten oder die Testamentsvollstrecker [230] haben dieses Kodizill als Manuskript für die Interessenten drucken lassen. Ein Exemplar davon liegt in der Autographensammlung des Schlosses zu Sagan und darf mit Erlaubniß des Reichsgrafen von Hatzfeld, dem die Verwaltung der Herrschaft Sagan zusteht, veröffentlicht werden.

Die Bestimmungen zeigen das Herz einer edlen, zartgesinnten Frau. Ihrem ganzen Charakter nach ist sie auch hier gefühlsselig und pathetisch. Dabei denkt sie aber auch an die kleinen Dinge und Sorgen des Lebens; es fehlt nicht an nüchternen Wendungen. Neben den ihr gleichstehenden Personen sind es die Bediensteten, deren sie in großer Dankbarkeit gedenkt, vor allem der Familie ihres bewährten Dieners oder, wie er auch manchmal genannt wird, ihres Haushofmeisters.

Aus den einzelnen Vermächtnissen geht hervor, daß namentlich Neustädter zu ihrem Freundes- und Bekanntenkreise gehört haben; insofern hat dieses Kodizill, ein Dokument aus der Zeit der Empfindsamkeit, noch besonderes Interesse:

Mein

von mir eigenhändig niedergeschriebenes Codezil, von welchem in meinem dem hiesigen Neustädter Gerichte niedergelegten Testamente die Rede ist, gebe ich hierdurch in Kraft eines gerichtlich niedergelegten Testamentes.

Nr. 1. In diesem meinem Codezille thue ich an meinen verehrten Freund Tiedge die Bitte, daß Er, dieser mir Theuere, dessen geistreicher Umgang und treue Freundschaft seit dem Jahre 1804 meine Tage erheiterte und oft, wenn traurige Ereignisse für mich eintraten, als der Vertraute aller meiner Angelegenheiten meine Sorgen mir tragen half. Dieser edle Freund erfülle jetzt meine Bitte – Er beschließe seine Lebenstage in diesem meinem Hause, über welches ich in diesem Codezille disponiren werde.

Die vier an der Elbe liegenden Zimmer, mein Schlafzimmer, mein Besuchzimmer, das Speisezimmer, das diesem folgende Zimmer und das daran stoßende Sulzer’sche Zimmer, so auch der Raum, wo der Schwefelkasten steht, und das kleine Zimmerchen, in welchem Wilhelm sich täglich aufhält, diese 9 Zimmer nebst den zwei hier benannten kleinen Gemächern bestimme ich zu Freund Tiedge’s Wohnung. – Raum zu Holz, einen eignen Keller zu Wein muß Pappermann, dem ich mein Haus hinterlassen werde, Herrn Tiedge einräumen, und beide Räume müssen verschlossen werden können, und Herrn Tiedge müssen die Schlüssel eingehändiget werden.

Nr. 2. Pappermann, der schon im Jahre 1799 in meine Dienste trat, sich mir mit jedem Jahre nützlicher machte, sowie seine thätige Frau, welche seit dem Jahre 1808 mein inneres Hauswesen verwaltete, dabei meine Kammerfrau und treue Pflegerin ist, diesem mir werth gewordenen Paare, welches für meine häusliche Ruhe und Wohlfahrt, so lange sie in meinem Dienste sind, mit Kluger Umsicht und Treue unermüdet sorgten und fortdauernd Sorge tragen; für diese meine beiden treuen Diener, die in meinem Dienste alt und kränklich geworden sind, halte ich es für meine Pflicht, nach Möglichkeit zu sorgen; und so legire ich meinen redlichen Pappermanns mein Haus, den Garten, das Gartenhaus mit der dazu gehörenden Umzäunung, für 12 000 Thlr. preuß. Cour., so daß dies Eigenthum gleich nach meinem Tode auf ihn übergehe, er aber in der Nutznießung während der Lebensdauer meines edlen Freundes Tiedge den Beschränkungen unterworfen bleibe, über welche ich in diesem Codezille hiermit disponire.

Nr. 3. für dieses, meinem redlichen Pappermann hinterlassenes Grundstück soll er meiner Verlassenschaft die oben benannten 12 000 Thlr. gewähren. Auf diese Summe sind jedoch die 4850 Thlr. sächs. Cour., welche ich dieser Familie schuldig bin, in Gegenrechnung zu bringen. Die mir übrig gebliebenen 7150 Thlr. soll Pappermann erst ein halbes Jahr nach Tiedges Tode denjenigen auszahlen, welchen ich Vermächtnisse hinter lasse, die von diesen 7150 Thlr. entnommen werden sollen, und deren Anwendung ich in diesem Codezille weiterhin bestimmen will.

Nr. 4. Pappermann übertrage ich die Pflicht, daß er, so lange Herr Tiedge lebt, diesem meinem verehrten Freunde die Wohnung in diesem Hause möglichst an genehm mache und stets bereit sey, wenn Herr Tiedge von ihm eine Dienstleistung wünscht, er diese willig vollziehe, wie dies während meines Lebens stets der Fall war. Pappermann vermiethet die andern Wohnungen, die nicht zu Herrn Tiedges Zimmer gehören; doch darf Pappermann den Gartensaal ohne Herrn Tiedges Zustimmung nicht vermiethen, auf daß meinem verehrten Freunde der Aufenthalt im Garten, in schönen warmen Tagen, nicht durch die Gegenwart des Bewohners vom Gartensaale verleidet werde, wenn Tiedge in einsamen Stunden allein oder in einem erwählten Kreise im Garten froh seyn will. – Pappermann versorgt Herrn Tiedge, wenn die Weintrauben reif sind, täglich, so viel Herr Tiedge will, mit den allerschönsten Trauben, und Pappermann sage sich dann, daß er mir im Grabe seinen Dank durch jeden Dienst erweiset, den er Herrn Tiedge leistet, wofür ihn Gott segnen wird.

Nr. 5. Es bedarf wohl nicht der Erinnerung, daß das Zimmer seiner Frau mit dem daran stoßenden Gange und dem blauen Zimmer nicht zu den zu vermiethenden gehören. Von der Miethe, welche Pappermann jährlich einnimmt, bestreitet er folgende Kosten, welche das Haus jährlich bedarf, doch braucht er Niemand [231] die Berechnung der Einnahmen der Miethe abzulegen, weil ich seine und meiner Freunde Zeit zu schonen wünsche. Die Kosten, welche auf diesem Hause ruhen, sind folgende: die Zahlung der bestimmten Abgaben, die auf diesem Hause lasten und welche der Regierung jährlich gezahlt werden müssen; die Zahlung der jährlichen Interessen der 4850 Thlr., welche ich auf diesem Hause schuldig bin; die jährlichen kleinen Reparaturen, welche oft vorfallen; die Bezahlung der Tagelöhner, welche zur Reinigung der beiden Höfe, der Straße, die das Haus begränzt, und zu Gartenarbeiten gehalten werden; die Bezahlung der Schornsteinfeger und der Röhrmeister und einiger bestimmter Neujahrsgratulanten.

Nr. 6. Da ich es weiß, daß die Miethe, welche dies Haus jährlich einträgt, nicht hinreicht, alle diese Kosten zu bestreiten, so deponire ich, so lange Tiedge lebt, 3500 Thlr. in K. pr. Staatspapieren bei Pappermann. – Die jährlichen Interessen der 3500 Thlr. Staatspapiere geben 140 Thlr. Interessen, diese 140 Thlr. werden zu der Hausmiethe hinzugelegt, und mit dieser Summe kann Pappermann die oben angeführten Ausgaben bestreiten. Doch falls unvorhergesehene Ereignisse außerordentliche Reparaturen erfordern, dann zeigt Pappermann dies meinem verehrten Freunde und Kurator, Herrn Hofrath von Langenn[2] an, überlegt mit diesem, wieviel von denen bei Pappermann deponirten Staatspapieren zu der größeren Reparatur des Hauses genommen werden kann, über diese bestimmte Summe giebt mein verehrter Freund von Langenn alsdann meinem guten Pappermann die Quittung. – Nach Tiedges Tode überliefert dieser Herrn Hofrath von Langenn den Rest der bei ihm deponirten K. pr. Staatspapiere und erhält dagegen von diesem meinem verehrten Freunde die Quittung über den Rest der abgelieferten Staatspapiere. – Ich werde in diesem Codezille weiter unten disponiren, welche Verfügungen ich mit dem Reste der übergebliebenen Staatspapiere treffen will, die ich zu Reparaturen dieses Hauses hinterlassen hatte. Sollte Freund von Langenn bei Tiedges Tode entfernt von Dresden leben, dann treten meine beiden Freunde, Hofrath Hase[3] und Advocat Lipsius, an unsers edlen Langenns Stelle, und diese Freunde führen meine Verordnungen aus.

Nr. 7. Für den Fall, daß ich meinen guten thätigen Pappermann überlebe, substituire ich ihm seine würdige Frau, und sollte ich auch den Schmerz haben, sie zu verlieren, dann substituire ich die beiden Söhne dieses mir werthen Paares, meine geliebten Zöglinge August und Theodor[4], als Erben ihrer Eltern, welche mir treulich mein Vermögen erwerben halfen.

Nach Tiedges Tode theilen meine beiden Zöglinge sich in dem, was ich ihren Eltern in diesem Codezille hinterlassen werde, und August, der jetzt schon mündig ist, wählt, wenn er das Unglück hat, seine guten Eltern zu verlieren, so lange Herr Tiedge lebt, unsern Freund den Herrn Geheimen Finanz-Secretair Pfarr und erbittet ihn, in meinem Namen dies Haus in seine Obhut zu nehmen, für die Vermiethung des Hauses, für die Reparaturen, für einen treuen Hausmann, und für alles zu sorgen, was Pappermann von der Miethe des Hauses und den Interessen der 3500 Thlr. in K. pr. Staatspapieren zu bestreiten hatte, welche, so lange Tiedge lebt, bei Pappermann deponirt waren. Würden die Verhältnisse es gestatten, daß Freund Pfarr meinen Wunsch aus Freundschaft für mich und Tiedge und aus Liebe für meine beiden Zöglinge annimmt, so wünsche ich auch, daß dieser Freund, so lange Tiedge lebt, die untere Wohnung, welche ich für die seelige Piattolie[5] habe einrichten lassen, ohne Miethe zu zahlen, bewohnen möge.

Nr. 8. Alle Möbeln, die in meinem Schlafzimmer und den vier Zimmern sich befinden, welche die Aussicht auf die Elbe haben, hinterlasse ich meinem edeln Freunde Tiedge mit der Bitte, daß dieser Freund, so lange er lebt, keine Möbeln verschenke, denn nach seiner Neigung, Geschenke zu machen, würden diese fünf Zimmer bald leer werden. Von meiner Bibliothek hat der Theure nur die Nutznießung; nach seinem Tode fällt diese meinem edeln Freunde Hase zu; doch werde ich aus dieser meiner Bibliothek auch andern Freunden kleine Vermächtnisse hinterlassen. Gleich nach meinem Tode erhält Freund Hase Canova’s Marmorbüste. Noch bitte ich Freund Tiedge, unserm geliebten Hofrath von Langenn nach meinem Begräbnisse den Schreibetisch zuzustellen, an welchem man abwechselnd bald sitzend, bald stehend schreiben kann. Die Stutzuhr, welche sich auch in meinem Schreibezimmer befindet, ist ein Geschenk unsers unvergeßlichen Freundes Hofrath Sulzers[6] und da bitte ich Tiedge, daß er nach seinem Tode dies uns so theuere [232] Andenken unserer geliebten Sulzer hinterlasse; doch so lange Tiedge lebt, muß er die Schläge dieser uns so werthen Uhr hören.

So lange Tiedge lebt, darf aus den Zimmern, die zu seiner Wohnung bestimmt sind, kein Meubel verrückt, kein Gemälde genommen werden, denn ich wünsche, daß Tiedge und alle meine Freunde, die den Theuern besuchen, diese Zimmer in der nehmlichen Ordnung finden, wie diese während meines Lebens waren. Mögen Freund Tiedge und alle meine Freunde, die den geliebten Verlassnen besuchen, sich dann sagen: „Unsre Elisa ist zwar zum neuen Leben hinter dem dunkeln Vorhange des Todes vom allweisen Schöpfer der Welten abgerufen worden, aber ihr Geist umschwebt uns, wir wollen ihren Wunsch erfüllen und ihre Seligkeit nicht durch zu tiefen Schmerz und Wehklagen stören, sondern in ihren vormaligen Zimmern das Andenken unsrer geliebten Heimgegangenen mit ruhiger Ergebung feiern“.

Nr. 9. Noch hinterlasse ich Freund Tiedge als Eigenthum meine Chaise, in welcher wir die Reise nach Carlsbad machten, mit dem dazu gehörenden Reisebette und Bettsack. Das braucht wohl nicht erwähnt zu werden, daß das in meinem Schlafzimmer stehende Bett mit allen in diesem Bette befindlichen Federbetten, Kissen und der Reise-Matratze, der wollenen und seidenen Decke, so auch das seidene Ueberbett, zu Herrn Tiedges Eigenthum gehören. So verbleiben ihm auch die zu seinem Bette gehörende Matratze, die Decke, das Ueberbett und die Rehhaut, welche auf die Matratze gelegt wird.

Von meinem sehr spärlichen Wäsch-Vorrath erhält Herr Tiedge: vier Paar der besten Betttücher und zu allen Kissen, um diese in beiden Betten zu beziehen, zwei Bezüge. Auch habe ich einen kleinen Vorrath von Tafelzeug, und so bestimme ich für Herrn Tiedge vier meiner feinsten Tischtücher, zu jedem Tischtuche eben so feine Servietten, acht an der Zahl; zwei gröbere und kleinere Tischtücher; zu diesen beiden Tischtüchern erhält Herr Tiedge acht Servietten an der Zahl; vier und zwanzig feine Handtücher, zwölf gröbere und zwölf Wischtücher.

Von meinem Tafelservice erhält Herr Tiedge die mittlere Suppenterrine mit ihrem Untersetzer; die kleinere, auch mit ihrem Untersetzer; vier Schüsseln, zwölf Suppentellern, 24 flache Tellern; eine Saucière mit einem Untersetzer, vier Salatièren, die gläserne Schale zu Salat.

Unter meinen Tassen gehören viere, welche Herr Tiedge mir geschenkt hat. Diese erhält der Theuere zurück, und von meinen Tassen bekömmt Tiedge vier Paar der schönern: die Tasse mit Gleims[7] Schattenriß und drei paar Tassen mit vergoldetem Rande.

An Gläsern erhält Tiedge vier große schöne Wasserflaschen, zwei schlechtere; zwölf Wassergläser, zwölf Weingläser, zwölf Champagnergläser und zu diesen das Weinglas, aus welchem ich täglich an der Tafel trank.

An Silber das große Tafelbesteck in einem schwarzen Kasten; dies besteht in zwölf Eßlöffeln, zwölf Messer und Gabel, zwölf Dessertlöffel und Dessertmesser und Gabeln und einem Suppenlöffel. Die beiden kleinen silbernen Kannen, die eine zu Thee, die andere zum Kaffee; so auch das kleine Sahnenkännchen. Diese drei Stücke hatten wir auf der Reise durch Italien mit. Zwölf silberne Theelöffel, die silberne Nachtlampe, zwei große plattirte Leuchter und die metallne Glocke, welche ich Tag und Nacht gebraucht habe.

Nr. 10. Von meinem, in meinem Geldschranke und meiner Chatoulle befindlichen Silbergelde erhält Tiedge am Tage meines Begräbnisses 400 Thlr pr. Cour. – Bis zum Tage nach meinem Begräbnisse führt Pappermann die Wirthschaft fort, frägt Herrn Tiedge jeden Abend, wen er am folgenden Tage zu Tische haben will und was gekocht werden soll; denn ich wünsche, daß Tiedge, so lange mein Leichnam noch nicht unter der Erde liegt, täglich zwei Freunde zu Tische habe, auch mehrere Tage nach meiner Beerdigung nie allein zu Mittage speise. Pappermann legt bis nach dem Tage meines Begräbnisses an Freund Hase täglich die Rechnung der Geldausgaben ab; doch bleibt alles, so lange mein treuer Pappermann und seine wachsame Frau die Wirthschaft führen, unter dem Verschluß dieses sorgfältigen Paares. Daß alle Geldausgaben in dieser Zeit von meinem Geldvorrathe bestritten werden, versteht sich. So wird auch, so lange Pappermann bis zu meinem Begräbnisse die Wirthschaft fortführt, der tägliche Weinbedarf aus meinem Keller genommen. Nach meiner Beerdigung aber übergiebt Pappermann meinem verehrten Freund, Hofrath von Langenn, die Schlüssel vom Geldschrank und vom Keller. Mein Rechnungsbuch wird es bezeugen, wieviel Geld und Wein nach meinem Begräbnißtage übrig seyn kann. Ist Hofrath von Langenn in dieser Zeit abwesend, dann übergiebt Pappermann meinem erprobten Freunde Hofrath Hase die Schlüssel.

Nr. 11. Seit einigen Jahren ersparte ich für Freund Tiedge, von der Pension, die ihm von der seligen Frau von Städer[8] in ihrem Testamente für die Erziehung ihrer beiden Töchter jährlich bestimmt war, einige Stück L. d’or. Doch nahm Tiedge nicht die ihm volle zugesicherte jährliche Pension an; und seit den zweijährigen Kriegsjahren 1806 und 1807 erließ Tiedge seinen vormaligen Schülerinnen wieder auf immer 100 Thlr. in Golde . . . . .

[233] Ich habe jetzt den Vorsatz gefaßt, von meiner jährlichen Einnahme 100 Thlr. in Dukaten umzusetzen und diese Dukaten für mich zu wohlthätigen Zwecken anzuwenden . . .

An meinen gesammelten Dukaten hat mein edler Freund Tiedge keinen Antheil.

Nr. 12. Meinem treuen Pappermann hinterlasse ich mein ganzes übriges Mobiliar, welches ich besitze, nachdem dies abgezogen wird von dem, was ich meinem verehrten Freunde Tiedge im Paragraph Nr. 9 bestimmt habe. Hier wiederhole ich es, so lange Herr Tiedge lebt, darf nichts in der ihm bestimmten Wohnung aus der Stelle gerückt, kein Gemälde, keine Zeichnung aus den Zimmern genommen werden, an deren Anblick Tiedge sich gewöhnt hat. Pappermann und seine mir liebe Frau haben gleichen Antheil an meinem ihnen hinterlassnen Mobiliar. Natürlich gehören zu diesen meine Betten, Bettbezüge, Bettdecken, mein Tafelzeug, mein Porzelain, mein Silber, das Küchengeschirr und die Lampen, die in meinem Besuchzimmer, im Eßzimmer und den beiden Gastzimmern gebraucht werden, doch so lange Herr Tiedge lebt, werden diese meinen Pappermanns hinterlassenen Lampen zur Erleuchtung des Gesellschafts- und des Eßzimmers benutzt; doch behalte ich es mir vor, einige Tassen, etwas Silber und andre Andenken meinen Freunden zu hinterlassen.

Meine geliebte Pflegetochter Mathilde Haupt bekommt zu meinem Andenken mein silbernes Reisebesteck; das bessere Reisebesteck ist schon lange Herrn Tiedges Eigenthum.

Meine edle Freundin die Professorin Hasse erhält meine vergoldenen zwölf Theelöffel, die in einem rothen Futteral aufbewahrt sind.

Meine geliebte Pflegetochter Wilhelmine von Wurmb erhält meine kleine silberne Glocke, mit der Inschrift: keine Uhu mehr! Den Sinn dieser Inschrift kennt meine edle Wilhelmine. Diese Glocke ist ein Geschenk ihres verehrten Vaters, meines unvergeßlichen Freundes Göckingks[9]. So bekommt die mir Theure auch das bronzene Tintenfaß mit der Uhr, auch ein Geschenk ihres edlen Vaters; und nach Tiedges Tode erhält sie die Bildnisse ihrer vortrefflichen, von mir ewiggeliebten Eltern und Vater Gleims jugendliches Bild, welches ich aus der Hand des edeln Greises erhielt.

Die Chaise mit dem dazu gehörenden Koffer, in welcher Pappermann mich auf Reisen begleitete, wird sogleich nach meinem Tode sein Eigenthum.

Nr. 13. Meiner guten Charlotte Pappermann fallen gleich nach meinem Tode meine Garderobe, meine Leibwäsche und meine Putzsachen zu, die freilich sehr unbedeutend sind; und dennoch wird meine durchaus uneigennützige Charlotte meiner geliebten Mathilde Haupt, meiner lieben Emma Jäger – – (NB. Da die gute Klengel[10] seit diesem Herbst in Lievland lebt, so bekömmt die mir liebe Klengel nichts aus meiner Garderobe. Dresden, den 16. Nov. 1832 habe ich Paragraph Nr. 13 den Namen der guten Klengel hier weggestrichen. Elisa von der Recke.) jeder zu meinem Andenken die Wahl einer meiner seidnen Ueberröcke überlassen. Meinen Pelzmantel bekömmt meine innigstgeliebte Freundinn, die verwittwete Hofräthinn Sulzer. Meine geliebte Pflegetochter, die Pastorin Pleißner, bekömmt meinen schwarzen Shwal, und stirbt die Theure eher als ich, dann bekömmt ihre Tochter, meine Pathe Elisa, dies Andenken. Meine zweite Pflegetochter Streit, Schwester meiner Pleißner[11], erhält mein großes weißes Shwaltuch, und stirbt auch diese Geliebte früher als ich, da bekömmt ihre Tochter, die ältere, dies Andenken.

Hier ist die Stelle, bei welcher ich anführen muß, daß ich schon vor ein paar Jahren meinen spärlichen Schmuck verschenkte und im vorjährig verflossenen Winter meinen letzten Zobelkragen der Erzieherinn meiner geliebten Nichten verehrte, weil sie mir in meinen kranken Tagen liebevolle Theilnahme bewies und mich pflegte.

Nr. 14. Nun komme ich zur Disposition meines hiesigen baaren Silbergeldes, welches ich in meinem Geldschrank und meiner Chatulle aufbewahre. In Nr. 10 habe ich es schon bestimmt, daß Freund Tiedge 400 Thlr. pr. Cour. von diesem Gelde ausgezahlt erhält. 200 Thlr. pr. Cour. bekömmt mein edler Freund und verehrter Arzt Hofrath Seiler[12], der den leidenden Zustand meines Körpers so theilnehmend zu mildern suchte und sich zugleich so unermüdet meiner geliebten Hausgenossen und Dienerschaft annahm. Gott lohne es diesem menschenfreundlichen Arzte! Meine geliebte Pflegetochter Mathilde Haupt bekömmt am Tage nach meinem Begräbnisse die 60 Thlr. sächs. Cour., welche sie als Taschengeld jährlich von mir erhielt. Der mir lieben verwittweten Madam Klengel bestimme ich 200 Thlr. pr. Cour., welche diesem meinem geliebten Sonnabendgaste am Tage meiner Beerdigung ausgezahlt werden sollen.

Meine ganze Dienerschaft bekömmt an diesem Tage ihr vollständiges Jahresgehalt in sächs. Cour. ausgezahlt.

[234] In meinem Rechnungsbuche ist das jährliche Gehalt eines Jeden angezeigt, und ich nehme das Jahr vom Tage meines Begräbnisses an, wo mein verehrter Freund von Langenn meine Dienerschaft verabschieden wird.

Zu meiner Beerdigung bestimme 300 Thlr. pr. Cour. Die nähere Bestimmung, wie mein entseelter Körper behandelt werden soll, befindet sich auf einem besondern, diesem Codezille beigesiegelten Bogen niedergeschrieben.

Noch werden von diesem Gelde den Tag nach meinem Begräbnisse 100 Thlr. pr. Cour. abgenommen und zwischen zwei arme Familien in der Neustadt vertheilt. Mein edler Freund von Langenn zieht bei dieser Vertheilung unsern verehrten Prediger Schmal zu Rathe, weil dieser Menschenfreund gewiß die bedürftigsten Familien in der Neustadt kennt. Noch speiset Pappermann von meinem vorräthigen Silbergelde am Tage meiner Beerdigung zum letzten Male 50 arme Leute aus der Neustadt, wie dies seit ein paar Jahren der Fall war. . . . .

Es ist mir nicht wahrscheinlich, daß nach meinem Begräbnisse mein Geldvorrath hinreichen werde, um die Vermächtnisse auszuzahlen, welche ich wünsche, daß sie gerade an dem Tage ausgezahlt würden, an welchem meine irdische Hülle meinen lieben Zurückgebliebenen nicht mehr sichtbar seyn wird. Sterbe ich ein paar Monate vor Weihnachten oder vor Johannis, dann ist mein Geldvorrath gewöhnlich sehr geringe; erhalte ich aber aus Neuenburg[13] gleich nach Weihnachten meine halbjährigen Interessen mit der halbjährigen Pfalzgrafschen[14] Einnahme, dann reicht mein Geldvorrath aus, alle meine hier bestimmten Vermächtnisse zu bestreiten. Nach Johanni habe ich aus Kurland an Interessen und Pfalzgrafschen Einkünften noch mehr zu erwarten.

Nr. 15. Mein edler Freund, Herr von Quandt, der mir schon oft, wenn meine Gelder aus Kurland ausblieben, auf die zarteste Art Geld borgte, versprach mir schon vor zwei Jahren, falls nach meinem Beerdigungstage nicht so viel Geld in meiner Casse sich befinden sollte, als ich Vermächtnisse gemacht hatte, er meinem verehrten Freund und Curator von Langenn so viel Geld zahlen würde, als nöthig sey, um alle meine Verordnungen zu erfüllen, welche ich in Paragraph Nr. 14 bestimmt habe. Dagegen giebt Freund Langenn unserm Freunde Quandt eine Versicherungsschrift, daß sowie meine Interessen und Einkünfte von Pfalzgrafen mir aus Kurland übermacht worden sind, Freund Langenn unserm edeln Herrn Quandt die mir geborgte Summe gegen den Empfangsschein ausgezahlt erhalten werde.

Nr. 16. Habe ich in meinem Sterbejahre in Pfalzgrafen eine gute Ernte, dann bleiben mehrere hundert Thaler übrig, nachdem mein geliebter Freund Quandt das mir geliehene Geld zurückgezahlt erhalten hat. Diesen Rest meiner mir übermachten kurländischen Einnahme erhält mein Freund und ernannter Erbe in meinem Testamente für mein nicht kurländisches Vermögen, Herr Hofrath Heinrich Hase, mein vieljährig erprobter Freund, der, wie mein im Neustädter Gericht niedergelegtes Testament es Paragraph 5 bezeugt, mir auch versprochen hat, nichts erben zu wollen, als das Andenken des Vertrauens, welches ich zu seiner Freundschaft hege, daß er vereint mit meinem verehrten Langenn alles pünktlich erfüllen werde, was ich in diesem Codezille verordne.

Mein edler Freund Hofrath Hase wird, wie es sich weiterhin in diesem Codezille zeigen wird, viele Mühwaltung um meine in diesem Codezille gemachten Verordnungen auszuführen haben, denn dieser mein erprobter Freund erhält auch das Geschäft, meiner Familie und meinen kurländischen Freunden die ihnen bestimmten Andenken zu übermachen, und so wiederhole ich die Bitte, daß mein Freund Hase den Rest meiner von mir hier oben angeführten kurländischen Einkünfte, welche mir gleich nach meinem Tode zu übermachen sind, liebevoll annehme . . . .

Nr. 17. Nun folgt die Bestimmung der 8000 Thlr. in königl. preuß. Staatspapieren, welche ich von meinen jährlichen Einkünften erspart habe, um Vermächtnisse machen zu können. In diesem Codezille habe ich schon Paragraph Nr. 6 über 3500 Thlr. . . .disponirt.

Gleich nach meinem Begräbnisse werden meiner geliebten Pflegetochter, Mathilde Haupt, 1000 Thlr. . . . als ihr Eigenthum überreicht. Mein geliebter Zögling, August Pappermann, erhält auch in der nehmlichen Stunde als sein Eigenthum 1000 Thlr. . . . Desgleichen werden meinem geliebten Zöglinge Theodor Pappermann auch am Tage nach meinem Begräbnisse 1000 Thlr. . . . als sein Eigenthum übergeben. Diese hier meinen drei Pflegekindern jedem bestimmten 1000 Thlr. . . . liegen schon jetzt in drei versiegelten Packeten mit der Adresse an einen jeden dieser mir Lieben in meinem Geldschranke aufgehoben.

Mein Diener, Wilhelm Gall, bekömmt, falls er bis zu meinem Tode in meinem Dienste bleibt, 500 Thlr. . . . Friederike Winkler bekömmt, wenn sie bis zu meinem Tode in meinem Dienste bleibt, 300 Thlr. . . . gleichen bekommt Maria Zeidler, die erst kurze Zeit in meinem Dienste ist, 100 Thlr. . . . So auch erhält meine Köchin, die an meinem Sterbetage in meinem Dienste ist, 100 Thlr. . . .

[235] Nr. 18. Nach Freund Tiedges Tode, wenn mein treuer Pappermann im vollen alleinigen Besitze meines ihm hinterlassenen Hauses tritt, dann habe ich noch über 7150 Thlr. pr. Cour. zu disponiren, wie dies aus Paragraph Nr. 2 zu ersehen ist.

Folgende Vermächtnisse bestimme ich hiermit, welche Pappermann sechs Monate nach Herrn Tiedges Tode den Empfängern auszuzahlen hat. Meine Pathe Constantin Naumann[15], Professor zu Freiberg, erhält 1000 Thlr. Meine geliebte Pathe Elisa Hasse, Tochter meines edeln Freundes Professor Hasse[16] zu Leipzig, erhält 1000 Thlr. Doch sollte meine geliebte Pathe Elisa Hasse früher als Herr Tiedge sterben, dann erbt ihre edle Mutter, meine innigst geliebte Freundin Auguste Hasse, diese 1000 Thlr. Meine geliebte Pathe Elisa Pleißner erhält 1000 Thlr. Sollte sie aber früher als Tiedge sterben, dann werden diese 1000 Thlr. zwischen ihrer Schwester und ihren beiden Brüdern getheilt. Mein edler Freund Kaden[17] bekömmt 600 Thlr. Sollte er früher als Tiedge sterben, dann tritt seine würdige Lebensgefährtinn an Stelle ihres trefflichen Gatten. Mein Freund, der Herr Prediger Linke, erhält 400 Thlr. Meine geliebte Pflegetochter Emma Jäger zu Ronneburg bekömmt 400 Thlr. Meine beiden Zöglinge Carl Leonhard und Moritz Leonhard, die ich beide seit ihrem 10. Jahre erzogen habe und die meiner Erziehung Ehre machen, erhalten ein jeder 300 Thlr. Die Schmaltzische[18] protestantische Armenschule erhält 400 Thlr. Der in der Neustadt gestiftete Frauenverein, an dessen Spitze die liebenswürdige Frau von Houwald[19] jetzt steht, erhält 200 Thlr. So bekömmt auch die Krankenanstalt zu Camenz 400 Thlr. Den Rest dieser 7150 Thlr. hinterlasse ich den Kindern meiner beiden Pflegetöchter, Pauline Pleißner und Johanna Streit, zu gleichen Theilen.

[In Nr. 19 disponirt Elisa über ihre Vorräthe an deutschen, französischen und griechischen Weinen, durch die sie mehreren der bisher genannten Freunde, auch Prof. Förster am Kadettenkorps, eine Freude zu machen gedachte.

Die Angaben endigen mit der Bemerkung: „Ich habe mehrere Tage unter heftigen Körperleiden an diesem Codezille geschrieben; am wüthendsten waren meine Kopf- und Nackenschmerzen am 24. Febr., als ich dies Blatt beschrieb. Daher ist der Styl so unzusammenhängend. Aber dennoch drückt alles auf diesem Blatte niedergeschriebene meinen Willen aus. Dresden, d. 28. Febr. 1832 Elisa von der Recke“.]

Nr. 20. Noch an meinem Sterbetage werden meine Freunde Hofrath von Langenn und Hofrath Hase es Pappermann und meiner guten Charlotte übertragen, daß beide bis nach meiner Beerdigung die Wirthschaft fortführen, als lebte ich noch. Charlotte nimmt gleich nach meinem Tode meine Schlüssel in ihre Obhut; und nach meinem Begräbnisse übergiebt Charlotte Herrn Tiedge die Schlüssel, welche zu den Schränken gehören, die ich Herrn Tiedge hinterlassen habe. Da meine gute Charlotte und meine liebe Mathilde es wissen, wo meine Briefschaften, Tagebücher und einige Briefschaften, die ich nicht vernichtet habe, liegen, so werden meine beiden Freunde Hofrath von Langenn und Hofrath Hase vereint mit meiner geliebten Mathilde alle meine Tagebücher sorgfältig sammt allen meinen Papieren in einen Koffer legen, diesen verschließen, und einer meiner Freunde versiegelt den Koffer mit seinem Siegel, und bis nach meiner Beerdigung bleibt der versiegelte Kasten in der Obhut meiner guten Charlotte. Dann aber übergiebt Freund Hase den versiegelten Kasten voll Manusscripte und Briefschaften, und Freund Tiedge erfüllt mir gewiß die Bitte, daß er die erste Zeit entweder meine Pflegetochter Mathilde Haupt oder einen unsrer vertrauteren Freunde um sich hat, wenn er meine Briefschaften durchsieht.

Nr. 21. Mit meinen Briefschaften soll folgendermaßen verfahren werden: Finden sich Familienbriefe oder Briefe von Freund Derschau vor, über welche ich nichts bestimmt habe, dann werden diese ungelesen verbrennt. Meines Freundes Friedländers[20] Briefe bekömmt sein Sohn, der Münzensammler, zurück. Viele dieser Briefe sind des Druckes werth. So sind alle Briefschaften, welche auf Cagliostro, auf Stark und auf die Zwecke geheimer Gesellschaften Beziehung haben, werth von Sachverständigen benutzt zu werden. Unter meinen Freunden wären Falkenstein[21] und Professor Chalibäus[22] [236] die Einzigen, die aus den Bruchstücken meiner Briefschaften den Beweis führen könnten, daß die geheimen Gesellschaften des verfloßnen Jahrhunderts, ohne daß die mehresten Theilnehmer es ahneten, von Emissären der Jesuiten geleitet wurden. Auch der edle, interessante Lavater stand, ohne es zu ahnen, unter jesuitischem Einflusse. So lange Freund Tiedge lebt, bleiben alle meine Briefschaften unter dem Verschlusse dieses Freundes, der alle Briefe, die Beziehung auf Mystik haben, unsern Freunden Falkenstein und Chalibäus mittheilen kann, falls diese Freunde aus diesen Bruchstücken darthun könnten, wie unerfahren gutmüthige Seelen, die nach einem höhern Geistesvermögen in religiöser Hinsicht ringen, zum Glauben an das Unglaubliche gebracht werden können. Hofrath Köhlers Briefe aus Petersburg erhält mein edler Freund Professor Hasse zu Leipzig, weil diese Briefe manche interessante Nachrichten für einen Historiker enthalten.

Nr. 22. Meine Tagebücher und Manuscripte bleiben, wie schon gesagt, so lange Tiedge lebt, in dessen Händen. Manches unvollendete Manuscript vernichte der Theure, nachdem er es gelesen oder auch nur durchblättert hat.

Nach Tiedges Tode nimmt Freund Hase alle meine Manuscripte zu sich und kann, wenn es seine Zeit gestattet, lesen, was er lesenswerth hält. . . .

Nr. 23. Die Briefe meiner Wohlthäterin, der hochseligen Kaiserin Catharina, sowie den ersten Theil meiner Tagebücher, abgeschrieben von Pappermanns Hand, hinterlasse ich der Königlichen Bibliothek zu Berlin zum dankbaren Andenken dessen, daß ich Berlin als das Vaterland meines Geistes und Herzens betrachte, weil ich dort unter hochverehrten Freunden und Freundinnen die glücklichsten Tage meines Lebens genossen habe. Ueber meine andern Tagebücher bestimme ich jetzt noch nichts, weil, wenn mein Befinden minder leidend werden könnte, als es seit einigen Monaten gewesen ist, ich gern Auszüge machen möchte. Jedesmal wenn ich meine Tagebücher wieder las, schnitt ich Blätter heraus, auf welchen die Handlungsart so mancher treu dargestellt war, die einen guten Ruf hatten und diesen nicht verdienten. Zu meiner Menschenkenntniß schrieb ich alle meine gemachten Erfahrungen unpartheiisch nieder; da ich aber in meinem Leben die unwürdigen Handlungen meiner Zeitgenossen möglichst zu verschweigen, ihre Fehler zu entschuldigen und die guten Eigenschaften der Fehlenden anzuführen suchte, wenn diese zu scharf beurtheilt wurden; aber in meinen Tagebüchern schrieb ich zu meiner Belehrung treulich meine Ansichten über die Charaktere und die Handlungsart derer hin, mit welchen ich in Berührung kam; daher vernichtete ich so viele Blätter in meinen Tagebüchern, um keinem nach meinem Tode wehe zu thun.

Nr. 24. Nach Tiedges Tode übergiebt Freund Hase die Darstellung meiner Kinderjahre und das Exemplar meines Briefwechsels mit meiner Jugendfreundinn Stolz, abgeschrieben von Pappermanns Hand, der hiesigen Königlichen Bibliothek in der Neustadt, zum Andenken dessen, daß ich in Dresden seit dem Jahre 1819, wo ich hier einheimisch wurde, auch hier Freunde fand, welche durch ihren geist- und gemüthvollen Umgang mein kränkliches Alter versüßten.

Versiegelt übergiebt Freund Hase beide Manuscripte der hiesigen Königlichen Bibliothek mit folgender Ueberschrift: „Erst nach acht Jahren können diese Manuscripte entsiegelt werden und der hiesige Bibliothekar Falkenstein hat das Recht, wenn er beide Manuskripte mit ihren Vorreden des Druckes werth hält, sie drucken zu lassen. Als Freund der Verstorbenen, welcher, seit er in Dresden lebte, ihr Hausfreund war, hatte er die Gelegenheit ihr häusliches Leben zu beobachten und zu beurtheilen, ob dies mit ihren geäußerten Grundsätzen übereinstimme. Die Geschichte ihrer Kindheit schrieb die Selige in reiferen Jahren nieder, auf Bitte ihrer unvergeßlichen Freundin, der verehrungswürdigen Fürstinn Luise von Dessau, welche glaubte, diese Darstellung könnte für nachdenkende Erzieher eine sehr belehrende Schrift werden; so auch stellen der Verstorbenen Briefe an ihre Jugendfreundin es dar, wie der Geist und der Charakter der Heimgegangenen sich durch äußere Verhältnisse so ausbildete, daß ihre Lebensansichten sie zu der Ueberzeugung brachte, daß man in dieser Lebensschule für zwei Welten leben müsse; um mit freudigem Bewußtseyn durch den Tod einem neuen Leben entgegen zu gehen, wo der Mensch einernten wird, was er hier ausgesäet hatte“[23].

Noch ist ein zweites Exemplar meiner Briefe an meine gute Stolz, von meiner Hand geschrieben, vorhanden. Diese Briefe schrieb ich im Jahre 1793 ab, um mein damals tief und schmerzhaft bewegtes Gemüth zu kräftigen, weil mancherlei Seelenkummer mich in dieser meiner Lebensperiode schmerzhaft niederdrückte und ich durch die lebhafte Erinnerung meiner traurig durchlebten Jugend die Kraft erhielt, mit festem Vertrauen auf Gott meine bittere Gegenwart ruhig zu ertragen. Dies von meiner Hand abgeschriebene Manuscript sendet mein treuer Freund Hofrath Hase versiegelt mit der Aufschrift nach Mitau: „Dies Manuscript soll erst acht Jahre nach meinem Tode entsiegelt werden, dann bleibe es das Eigenthum der Bibliothek der Mitauischen literärischen Gesellschaft, und jeder, dem in meinem Vaterlande mein Andenken noch werth ist, hat dann das Recht, die in diesen Briefen enthaltene Geschichte meiner Jugend zu [237] lesen“. So erhält diese Bibliothek auch nach Tiedges Tode zu meinem Andenken die Briefe unsers hochverehrten seeligen Präpositus Neanders[24]. Diese geistreichen Briefe des edeln Greises stellen es dar, wie hell der Verehrte über alle Zweige der Litteratur dachte und wie wohlthätig dieser erhabene Gottesgelehrte auf mein damals schwärmerisches Gemüth wirkte. Könnte Freund Tiedge sich noch während seines Lebens von unsers Neanders Briefen trennen, so würde es mir lieb seyn, daß die Bibliothek der Kurländischen literärischen Gesellschaft früher zum Besitze der Briefe unsers Neanders käme.

Nr. 25. Im Paragraph Nr. 21 habe ich den Wunsch geäußert, falls meine Freunde Falkenstein und Chalibäus aus den Bruchstücken, die sich unter meinen Papieren über den schädlichen Einfluß der Jesuiten vorzüglich auf geheime Gesellschaften finden, diese Freunde, auch durch ihre Erfahrungen, einen warnenden Aufsatz für unsre Zeitgenossen könnten drucken lassen, diese Freunde alle meine Briefschaften benutzen können. Dann aber wünsche ich, daß Freund Hase, wenn diese Papiere benutzt sind und auch er sie durchblättert hat, alle Briefe der Gelehrten zu meinem Andenken der Mitau’schen Bibliothek der literärischen Gesellschaft zustellen möge.

Nr. 26. Meines Freundes, Geheimerath von Feuerbachs Briefe[25] erhält meine geliebte Pflegetochter Mathilde Haupt sogleich nach meinem Tode als ihr Eigenthum.

Nr. 27. Die unter meinen Briefschaften vorhandenen Briefe meines Freundes Pleißner, Prediger auf Löbichau, erhalten Pleißners Söhne zum Andenken ihres höchst verehrungswürdigen Vaters mit dem Wunsche: werdet wie Euer Vater ist.

Nr. 28. Noch sind in den in Pappdeckeln gehefteten Briefen mehrer Gelehrten auch Briefe von meinem nun auch verstorbenen Freunde Hofrath Parthey[26] vorhanden, deren manche höchst interessant sind, vorzüglich die Briefe, welche Parthey mir auf seiner Reise durch die Schweiz und Frankreich nach dem Tode meines unvergeßlichen Bruders Friedrich geschrieben hat. . . .

Hat Tiedge keine Briefe von Alxinger[27], von Cajetan Weiller[28], von Jean Paul, von Trapp[29] und anderen Gelehrten drucken lassen, so kann Freund Hase vielleicht eine Sammlung dieser Briefe in einem Bändchen drucken lassen, weil sie den Stand unserer Literatur vom vorigen Jahrhundert darstellen und zeigen, wie der Geist der Wahrheit auch da gegen Wahn und Irrthum zu kämpfen hatte. Parthey’s Briefe verbrennt Freund Hase, wenn er sie gelesen hat, weil diese Briefe oft Familien-Verhältnisse berühren, von welchen ich wünsche, daß sie vergessen werden. Alle andere Originalbriefe von Gelehrten, auch die wenigen Briefe vom verehrten Bischof von Tarent[30], der so väterlich gegen mich gesinnt war, erhält die literärische Gesellschaft zu Mitau zu meinem Andenken.

Nr. 29. Zwei meiner beinah gleichlautenden Gedankenbücher[31], in welchen ich von Zeit zu Zeit meine Gedanken niederschrieb, hinterlasse ich meinen geliebten Zöglingen August und Theodor Pappermann, als Wegweiser, die es ihnen zeigen, was sie im Leben zu vermeiden haben und welche Eigenschaften zu erlangen sie sich bestreben müssen, wenn sie einen edeln, sichern Gang durch das wandelbare Leben gehen wollen. . . . So bekommt August auch noch ein sehr altes Buch, in welchem ich seit mehr als 50 Jahren Auszüge aus fremden Schriften hineinschrieb, und in späteren Jahren von andern Händen Stellen, die mir gefielen, abschreiben ließ. Theodor erhält das neue Testament in kleinem Formate, welches auf meinem Schreibetische liegt und welches mich auf meinen Reisen begleitet. Manche Stellen habe ich in dieser kleinen Bibel angestrichen und hinterlasse meinen beiden Zöglingen hiermit den Rath, stets nach hellen Religionsbegriffen zu streben und die Lehre des Apostels zu befolgen: prüfet Alles und das Beste behaltet. Heilig sey Euch, meine geliebten Zöglinge, die so einfache Lehre [238] der innern Glückseligkeit des göttlichen Menschenfreundes Jesu, heiliger als alles, was die Dogmatiker aus dem neuen und alten Testamente herausgegrübelt und hinein spintisiret haben. Haltet Euch nur fest an unsers Heilandes Lehren, der dieses so oft wiederholte: Liebet und vertrauet Gott über Alles, Euern Nebenmenschen aber liebet, wie Euch selbst.

[Nr. 30 enthält Bestimmungen über Gewährung von Reisegeldern an die von auswärts kommenden Theilnehmer am Begräbniß u. a.]

Nr. 31. Meinem treuen Diener Pappermann mache ich es zur Pflicht, daß, so wie die Anordnung meiner Beerdigung in meiner Todesstunde verlesen worden ist, er durch einen Chäsenträger seinen beiden Söhnen die Nachricht meines Todes melden und es fordern soll, mit der Eilpost nach Dresden zu kommen, um der Beerdigung meines Leichnams beizuwohnen, und wenn sie dann die entseelte Hülle ihrer Pflegemutter zum letzten male sehen, der Mund dieser Todtengestalt nicht mehr zu ihnen sprechen kann: da gelobe es August und Theodor, daß sie sich, so lange sie leben, täglich prüfen wollen, ob sie auch nach denen ihnen seit ihrer zartesten Kindsheit eingeflößten Grundsätzen ihr Gemüth immer mehr zu veredeln suchten, nach nützlichen Kenntnissen strebten, diese für das Wohl ihrer Mitmenschen ohne Dünkel und Eigensucht anwendeten? Wenn meine Hülle in die Erde versenkt ist, die Augen aller meiner geliebten Pflegekinder meine Gestalt nicht mehr sehen können, mögen diese, mögen meine Freunde und selbst meine Dienerschaft auch dann sich meiner liebend erinnern und nachdenken, ob mein Wandel mit den Belehrungen, die ich denen gab, welche meiner Sorgfalt anvertraut waren, auch übereinstimmten. Mögen alle meine Lieben meine letzte Bitte erfüllen und den Rest ihres Erdenlebens nicht freudenleer dahin wallen, weil die Vorsehung mich ihnen für diese Welt entnommen hat.

Nr. 32. Mein Testament machte ich mit Zuziehung eines geschickten, redlichen Advocaten; aber in diesem meinem eigenhändig niedergeschriebenen Codezille zog ich bloß mein Herz und mein Gefühl von Recht und Billigkeit zu Rathe. Doch wiederhole ich die Bitte, daß mein verehrter Freund und Curator Hofrath von Langenn als Executor meines letzten Willens nach meinem Begräbniß alle meine hierbestimmten Vermächtnisse auszahle.

Sollte dieser mein Freund abwesend seyn, dann tritt mein Freund Hofrath Hase an unsers edeln Langenns Stelle, erbricht und liest gleich nach meinem Tode, neben meiner entseelten Hülle, in Gegenwart meiner geliebten Pflegetochter Mathilde Haupt und meinen guten Pappermanns die meinem Codezille beigefügte Verordnung, wie ich will, daß es mit meiner entseelten Hülle gehalten werden soll.

Ich weiß es, daß mein Codezill nur als ein Gespräch zu betrachten ist, in welchem ich meinen Freunden meine letzten Wünsche und letzten Willen bekannt mache. Wüßten meine Lieben es, wie wohl mir in meiner Seele wurde, als ich in meiner sehr kranken, schwerleidenden Hülle diese meine Verordnungen niederschrieb, sie würden es mir verzeihn, daß meine Anordnungen so weitläufig geworden sind.. . .

Und nun noch eine Bitte, an alle meine innigstgeliebten Verwandten und Freunde, keiner lege ein Trauerkleid an, wenn mein Geist von seiner leidenden Hülle entfesselt seyn wird.

     Dresden, den 28. Februar 1832

(L. S.)      Charlotte Elisabeth Constanzia von der Recke geborene Reichsgräfin von Medem.

(L. S.) Dieser zweite Siegel hat die Inschrift: Je me porte bien et vous aime, und ist auf einem goldnen Etuie mit einer Urne gestochen. Dies Etuie habe ich von Holtey[32] aus Saticken zum Geschenk und es stets bei mir getragen. Nach meinem Tode erhält Holtey’s Sohn, mein Pathe Carl, dies Geschenk seines edeln Vaters zurück.

Elisa.

Dresden, den 4. August 1832. Am Sterbetage meines im Jahre 1785 mir und meinem geliebten Geschwister durch den Tod uns entnommenen hochverehrten seligen Vaters. An diesem Tage prüfe ich mich stets, ob ich im verflossenen Jahre so gehandelt habe, daß ich mich fortdauernd des Segens dieses Edeln freuen kann? ob ich meinem Geschwister und deren mir so lieben Kindern Beweise treuer Liebe gegeben habe?

Bei Errichtung meines Testaments und Niederschreibung meines Codezills handelte ich auch nach dem Zwecke, meinem Geschwister und deren Kindern Beweise meiner Liebe und Hochachtung zu geben. Da alle Nachkommen meines edeln Vaters sehr wohlhabend sind, so konnte ich diesen keinen größeren Beweis geben, daß ich sie liebe und ehre, als indem ich ihnen nur Andenken hinterlasse, die mir im Leben so lieb waren, und mein größtentheils wohlerworbenes Vermögen unter denen vertheile, die mir treue Liebe bewiesen, die bedürftig sind und für die ich Pflichten übernommen habe. Mein nun einziger innigst geliebter Bruder, der mit so vielen verwickelten sehr großen Geschäften belastet ist, diesem meinem geliebten Johann[33] konnte ich es um so weniger übertragen, der Spender meiner Legate zu werden, da es bei diesem bald 70 jährigen edlen Greise ein langes fortgesetzt schmerzhaftes Gefühl geworden wäre, sich dessen zu erinnern, daß der Tod ihm 4 geliebte Geschwister [239] genommen hat. Die vielen zu übermachenden Legate würden den Theuern so sehr beschäftigen, auf eine Wehmuth erregende Art, die ihm so kostbare Zeit geraubt haben, und so ernannte ich meine geliebte Nichte Schöppingk, die von Geschäften nicht überladen ist, zur Spenderin meiner gemachten Legate, denn ich weiß es, dieser mich so innig liebenden Seele wird es ein Trost seyn, nach meinem Tode für diejenigen sorgen zu können, deren Lage zu verbessern ein so großes Bedürfniß meines Herzens war.

Seit Ende Febr. habe 200 Dukaten und 2 Thlr. in K. pr. Einlösungsscheinen zu wohlthätigen Zwecken für den Nothfall erspart und werde fortfahren, dies so lange ich lebe zu thun, um, wenn ich sterbe, mir den Herzensgenuß zu geben, noch mehr Vermächtnisse machen zu können. . .

Der 4. August ist meiner Erinnerung seit dem Jahre 1795 ein doppelt heiliges Fest, denn am Sterbetage meines unvergeßlichen Vaters wurde ich meiner Wohlthäterin der hochseligen Kaiserin Catharina vorgestellt, deren Huld mich aus eigner Bewegung als einzige Schwester der Herzogin von Kurland aus sehr drückenden Vermögensumständen riß. Nie genieße ich die Freude, Andern wohlzuthun, ohne meiner Wohlthäterin diesen Seelengenuß mit Rührung zu danken.

Elisa von der Recke.

[Es folgen mehrere Nachschriften, in denen Elisa über die Vertheilung der inzwischen ersparten Gelder Anordnung trifft].

Es versteht sich zwar schon von selbst, daß diejenigen Legate, welche ich meinen Dienstleuten ausgesetzt habe, in Wegfall kommen, und als nicht ausgesetzt anzusehen sind, wenn die letztern bei meinem Ableben sich nicht mehr in meinen Diensten befinden.

Um jedoch allen etwanigen Misverständnissen vorzubeugen, bestimme und verordne ich hierdurch ausdrücklich, daß gedachte Legate von dem Monate an, wo jene Dienstleute mein Haus in Folge der Kündigung verlassen, wegfallen sollen. Dagegen sollen die eintretenden neuen Dienstleute den Betrag ihres Dienstlohnes auf ein Jahr, vom Tage meines Ablebens an, jedoch ohne einige Entschädigung für Beköstigung und Wohnung erhalten, auf Legate aber, wie ich sie den älteren Dienstleuten ausgesetzt hatte, keinen Anspruch haben.

     Dresden, am 7. April 1833.

     (L. S.)

Elisa von der Recke.

Wenige Tage, nachdem sie die letzte Niederschrift vorgenommen, am 13. April 1835, ist Elisa von der Recke gestorben. Am 16. April wurde sie auf dem inneren Neustädter Friedhof bestattet, so wie sie es in ihren testamentarischen Bestimmungen gewünscht hatte: „Meine Beerdigung sei durchaus prunklos, still und ohne Glockengeläute; mein Herz litt nur gar zu sehr, wenn die Sterbeglocke den Tod meiner Freunde verkündete, und ich wünsche selbst noch im Tode den Kummer meiner zurückgebliebenen Freunde zu vermindern. Ohne Sarg werde mein Körper acht Fuß tief in der Erde zur Ruhe gebracht, und meine Gruft decke nur ein Rasenstück“.

Und so unterhält auch heute noch die Tiedgestiftung das Grab, in das Elisas Freund und Schützling 1841 gebettet wurde. Dieselbe Stiftung wird das Andenken an beide durch eine Reliefbildnißtafel am Sterbehause in nicht zu ferner Zeit erneuern.


  1. Vgl. „Elisa von der Recke im Wonnemonat des Jahres 1790“ in Bd. I S. 105 flg.
  2. Friedrich Albert von Langenn, geb. 26. Januar 1798 zu Merseburg, gest. 30. Dezember 1868 zu Dresden. Als Jurist, Historiker und Erzieher des späteren Königs Albert bekannt. Er wohnte damals auf der Königstraße.
  3. Heinrich Hase, geb. 18. Januar 1789 in Altenburg, gest. am 9. November 1842. Von 1809 an war er Hofmeister im Hause eines Bruders der Elisa, eines Grafen Medem in Kurland, gewesen. Nach größeren Reisen war er am Königl. Antikenkabinet, seit 1835 auch als Leiter des Mengsschen Museums und des Königl. Münzkabinets angestellt. Er galt als eine fein gebildete Persönlichkeit; er wohnte auf der Hauptstraße.
  4. August P. starb in älteren Jahren (1869) als Rechtsanwalt, Theodor als junger Mediziner.
  5. Wittwe des Hofrats Piattoli, der einst Jesuit, dann Berater des Königs Stanislaus Poniatowski, zuletzt lange Jahre Vertrauter der Herzogin Dorothea von Kurland, einer Schwester Elisas, war.
  6. Arzt in dem Bade Ronneburg, nahe Löbichau.
  7. In jungen Jahren hatte sich Tiedge als ein Schützling des alten Dichters Gleim den Halberstädter Dichtern angeschlossen.
  8. Als Student war T. Hofmeister der Kinder einer Frau von Stedern gewesen.
  9. Ueber Elisas Freundschaftsbündniß mit dem Dichter Fr. L. G. von Göckingk und seiner Familie, siehe Elisa von der Recke, Bd. II, 163.
  10. Diese Dame war in jener Zeit eine sehr beliebte französische Sprachlehrerin in Dresden.
  11. Gattin des Pastors Pleißner zu Löbichau.
  12. Burkard Wilhelm Seiler, berühmter Anatom, geb. 11. April 1779 zu Erlangen, gest. 27. September 1843. Er wurde 1816 der erste Direktor der nach seinem Plane eingerichteten chirurg.- medizinischen Akademie im Kurländer Palais und wohnte auf dem Brühlschen Wallgraben; 1818 regte er zur Gründung der noch jetzt bestehenden Gesellschaft für Natur- und Heilkunde an.
  13. 1771 hatte sich Elisa mit einem Herrn von der Recke auf Schloß Neuenburg in Kurland verheirathet, war von ihm geschieden worden, bezog aber Einkünfte von daher, siehe Elisa von der Recke, Bd. I.
  14. 1795 hatte Kaiserin Katharina Elisa die kurländische Arrende Pfalzgrafen verliehen.
  15. Der Sohn des Dresdner Oberkapellmeisters Naumann, mit dem Elisa bis zu dessen Tode (1801) innig befreundet war.
  16. Fr. Chr. Aug. Hasse, geb. 4. Januar 1773 bei Herzberg, gest. 6. Febr. 1848 in Leipzig, war seit 1803 Prof. der Moral und der Geschichte am Kadettenkorps in Dresden, seit 1828 Prof. der historischen Hilfswissenschaften in Leipzig. Er hatte am Jägerhof gewohnt.
  17. Vielleicht ein am Neustädter Markte wohnender Kandidat der Theologie, Carl Gotth. Kaden.
  18. Nach Pastor Schmaltz an der Dreikönigs-Kirche benannt.
  19. Wahrscheinlich die Gattin des auf der Klostergasse wohnenden Amtshauptmanns Ch. G. von Houwald.
  20. Mit David Friedländer, geb. 6. Dezember 1750 in Königsberg, gest 25. Dezember 1839 in Berlin, hatte Elisa in regem Verkehr gestanden. Ein Jünger Moses Mendelssohns, hatte er von 1787–1812 für die Gleichstellung der Juden in Preußen gekämpft. Zahlreiche Schriften des Mannes hatten den Zweck gehabt, seine Glaubensgenossen vom Ceremonialgesetz zu befreien und für die moderne Bildung zu gewinnen.
  21. C. K. Falkenstein, geb. 12. Nov. 1801 (wahrscheinlich in Solothurn), gest. 1855 als Oberbibliothekar der Königl. Bibliothek in Dresden. Er wohnte am Neustädter Markt.
  22. H. M. Chalybäus, geb. 3. Juli 1796 in Pfaffroda, gest. 1860 als Professor in Kiel. Nach dem Studium der Theologie und Philosophie war er 1822 Lehrer an der Kreuzschule, 1825 an der Meißner Fürstenschule, seit 1828 Professor am Kadettenkorps in Dresden.
  23. Ueber die Erfüllung dieser Wünsche siehe Elisa von der Recke II, Tagebücher und Briefe aus ihren Wanderjahren. 1901. S.V.
  24. Chr. Fr. Neander, Pastor in Kurland, ein Freund Elisas, von dessen Leben sie 1804 mit Tiedge zusammen eine Skizze herausgegeben hat.
  25. Tiedge und Elisa hatten im Jahre 1815 Anselm Ritter von Feuerbach, den berühmten Kriminalisten (geb. 1775 bei Jena, gest. 29. Mai 1833 in Frankfurt am Main) in Karlsbad kennen gelernt und waren mit ihm in lebhaften Briefwechsel getreten. Auch später trafen sie in böhmischen Bädern und Löbichau mit ihm zusammen. Feuerbachs Briefe sind in seinem von Ludwig F. herausgegebenen biographischen Nachlaß, Bd. I und II, Leipzig 1855 abgedruckt.
  26. Ueber Elisas Freundschaftsverhältniß zu Friedrich Parthey in Berlin, Inhaber der Nicolaischen Buchhandlung daselbst, handelt ein größerer Abschnitt in Elisa von der Recke, Bd. II.
  27. Joh. Bapt. von Alxinger, geb. 24. Jan. 1744 in Wien, Sekretär des k. k. Theaters, gest. 1. Mai 1797, dichtete in Wielandischer Art zahlreiche Ritterepen.
  28. Ein liberalgesinnter katholischer Geistlicher, geb. 2. Aug. 1761, gest. 1826 zu München, der durch zahlreiche theologische, philosophische und pädagogische Schriften vermittelnd wirkte.
  29. F. Chr. Trapp, geb. 1745, gest. 1818, ein philanthropinischer Pädagoge, Freund Campes, erst in Hamburg, dann in Wolfenbüttel. Elisa hat mit ihm viel persönlich, lange schriftlich verkehrt.
  30. Am 29. Mai 1805 war Elisa auf ihrer italienischen Reise zu Neapel das erste Mal mit Monsignore Capece-Latro, Erzbischof von Tarent, zusammengekommen. Er war äußerst liberalgesinnt, hatte sogar die Ehelosigkeit der Priester kräftig, eindringend und gründlich überzeugend bekämpft. Auch Herder, der mit ihm in Neapel zusammengekommen war, blieb mit ihm in Verbindung; er nannte ihn einen „geborenen Protestanten“. Siehe über ihn: Elisa von der Recke, Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien. Berlin 1815, Theil III, 55 f.
  31. Eins dieser Gedankenbücher wird im Körner-Museum aufbewahrt.
  32. Ueber ihren Jugendfreund Dietrich von Holtey siehe Elisa von der Recke, Bd. I, S. 453.
  33. Graf Johann von Medem, geb. 1763, Stifter der Linie Elley, starb 1838.