Aus amerikanischen Gerichtssälen/2. Der Mord des „Prinzen Erie“

Textdaten
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Titel: Aus amerikanischen Gerichtssälen
2. Der Mord des „Prinzen Erie“
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aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 50–51
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Aus amerikanischen Gerichtssälen.


2. Der Mord des „Prinzen Erie“.


Wie eine Republik ihre Aristokratie haben kann, so kann sie auch ihre Könige und Fürsten haben. Davon ist unsere Union im gegenwärtigen Stadium ihrer Entwickelung ein Beweis. Es sind dies freilich keine Könige von Gottes Gnaden, auch nicht von Volkes Gnaden, sondern lediglich von Geldes Gnaden; da aber das Geld leider nur zu häufig mehr zu sagen hat als das Volk, so mag daraus auf die Macht unserer Geldfürsten geschlossen werden, die in der That nicht selten eine bedeutend größere ist, als die manches kronentragenden Herrschers jenseits des Oceans. Mehr als irgend eine andere Classe verdienen die Vertreter der Eisenbahncorporationen der Vereinigten Staaten den Namen einer aristokratischen Clique. Die Männer, in deren Händen die Fäden der Verwaltung und die Zügel der Regierung dieser ungeheuren Monopole zusammenlaufen, sind in Wahrheit Fürsten und Könige von fast unumschränkter Gewalt. Commodore Vanderbilt, Thomas Scott und Andere sind Beispiele dafür, welchen verderblichen, Recht und Gesetz beugenden, ja wahrhaft despotischen Einfluß einzelne kühne, rücksichtslose, vom Glück begünstigte Männer selbst in einer scheinbar so freien Republik wie die amerikanische erlangen können. Durch allmähliche Consolidation verschiedener unabhängiger Bahnen haben sich mehrere Corporationen gebildet, die eine vollständige Controle fast über das ganze riesige Eisenbahnnetz der Union und in Folge dessen einen Druck auf das Publicum ausüben, der nachgerade unerträglich geworden ist und gegenwärtig das Volk in seinen innersten Tiefen aufgeregt und zu einem verzweifelten Kampf gegen seine Unterdrücker getrieben hat. Die enormen Geldmittel, über welche diese Blutsauger geboten, öffneten ihnen die Thüren nicht nur fast sämmtlicher Staatsgesetzgebungen, sondern auch des Congresses, ja selbst der Richterstand wurde allmählich so beeinflußt, daß viele hohe Gerichtsstellen von ihren gehorsamen Dienern besetzt wurden und noch eingenommen werden. Die Gesetzgebung stand vollständig in ihrem Solde; ihr Geld kaufte bei jeder gewünschten Gelegenheit Majoritäten in den Hallen der feilen Volksvertreter. Man denke nur an die schmachvolle Affaire des Crédit mobilier in Verbindung mit dem Bau der Central-Pacifischen Bahn, bei deren endlicher Enthüllung sogar der Vicepräsident der Vereinigten Staaten als bestochener Helfershelfer an den Pranger gestellt wurde. Für die Auslegung etwaiger noch ungünstiger Gesetze sorgten die erkauften Richter. Des Volkes Recht wurde dabei selbstverständlich gar nicht beachtet. Dazu kamen die unsinnigen Landschenkungen, die der Congreß den von ihm begünstigten, weil ihm gut zahlenden Linien machte.

Es ist schwer, sich eine richtige Vorstellung von der gewissenlosen Verschwendung zu machen, mit welcher der Congreß die öffentlichen Ländereien an diese unersättlichen Moloche verschleuderte. Millionen von Aeckern des herrlichsten Landes, Landstrecken, die an Flächeninhalt mehreren europäischen Großstaaten gleichkommen, sind an einzelne Eisenbahngesellschaften verschenkt worden, und diese Schenkungen haben sich so oft wiederholt, daß schließlich fast nichts mehr übrig geblieben ist, um als Heimstätten an wirkliche Ansiedler verkauft zu werden. Welch ein Schwindelgeschäft unter solchen Verhältnissen mit Eisenbahnpapieren getrieben worden ist, kann leicht ermessen werden und ist seit der letzten großen Finanzkrisis in diesem Herbst, die eine Folge übertriebener und betrügerischer Actienspeculation war, allenthalben bekannt geworden.

Unter den Leuten, welche durch diese ungesunden und corrupten Zustände schnell zu großem Reichthum gelangt waren, nahm James Fisk eine hervorragende Stelle ein. Er war im Staate Vermont geboren, der Sohn eines Hausirers; in eben diesem Geschäft machte er seine ersten Studien. Die abgelegenen Berge und Thäler Vermonts wurden aber seinem unternehmenden Geiste bald zu eng, und er begab sich deshalb bald nach dem Eldorado aller Geldspeculanten und Börsenschwindler, nach New-York. Hier entwickelte sich sein Finanztalent außerordentlich schnell, und bald hatte James Fisk’s Name einen guten Klang im Hauptquartier der privilegirten großen Spieler in Wallstreet und auf der Actienbörse. Obgleich noch ein junger Mann, wurde er schnell einer der Matadore jener Gesellschaft, und beherrschte sie zeitweise im Verein mit Jay Gould und anderen Magnaten. Gould und Fisk hatten sich namentlich der Leitung der Erieeisenbahn so zu bemächtigen gewußt, daß sie bald die unumschränkten Regenten dieser großen Corporation wurden, was dem Letzteren den populären Titel „Prinz Erie“ eintrug. Daß die übrigen Actieninhaber auf’s Kolossalste beschwindelt wurden, braucht wohl kaum erwähnt zu werden, während Gould und Fisk Millionen in ihre Taschen zu befördern wußten und in ihrem „Ring“ so sicher und unangreifbar regierten, wie „Boß Tweed“ im „Tammany-Ring“. Der Letztgenannte stand übrigens im regsten Geschäftsverkehr mit dem „Erie-Ring“ und dessen Leiter, dem „Prinzen Erie“.

James Fisk war ein vollendetes Musterbild einer gewissen Classe des heutigen Jungamerikas, wie sie sich besonders seit der großen Rebellion zum Verderb des Landes herangebildet hat. Die Gelegenheit, welche der vierjährige Krieg mit seinen ungeheuren Bedürfnissen an Armeelieferungen aller Art zu Betrügereien und offenkundigen, aber selten gehörig bestraften Schwindeleien bot, war zu lockend, um nicht bis zur äußersten Grenze ausgebeutet zu werden. So entstand die sogenannte Shoddy-Aristokratie, ein roher, aufgeblasener, durch und durch corrupter Geldadel, ein wahrer Fluch unserer Republik. Die nach dem Kriege sich immer steigernde Eisenbahnbauwuth war ein günstiges Feld für diese Classe von Menschen, ihre Operationen fortzusetzen, und bis zum Herbste vergangenen Jahres haben sie es treulich gethan.

Wie die meisten dieser Emporkömmlinge, war auch Fisk ohne alle höhere Bildung, roh, ausschweifend und unwissend, ausgenommen im Punkte des intelligenten Geldgeschäfts. In diesem war er Meister. Sein öffentliches Auftreten war der niedrigen Stufe seiner Cultur entsprechend. Er wollte vor Allem Aufsehen erregen, und da er dies durch seinen Geist nicht zu thun vermochte, so mußte es durch äußeren Prunk und durch eine verschwenderische Lebensweise geschehen. Seine persönliche Erscheinung, seine Equipagen, sein Haushalt, seine Feste bezeugten es, daß er auf fürstlichen Rang unter seinen Genossen Anspruch machte. Er hatte sich zum Obersten eines New-Yorker Miliz-Regiments wählen lassen, das auf seinen Betrieb aus jungen, meist reichen Leuten seines Schlages sich gebildet hatte, und wenn er an der Spitze dieser seiner Leibgarde in seiner glänzenden Uniform durch die Straßen paradirte, dann fühlte „Prinz Erie“ sich so recht in seinem Elemente. Auch in seiner Maitressenwirthschaft war er fürstlich. Er hatte zuletzt eine Frau oder ein Fräulein Mansfield, ein Subject aus der höheren Demimonde, zur Hauptfavoritin erhoben, was ihn natürlich nicht abhielt, zahlreiche andere Verbindungen mit verschiedenen Damen von zweifelhaftem Rufe zu haben, ja sogar in einem ihm eigens gehörenden Opernhause ein ganzes Corps französischer Ballettänzerinnen zu seinem und seiner Freunde Vergnügen zu unterhalten.

Dieser zwar grobe, aber prunkvolle Libertinismus, verbunden mit einer völlig grundsatzlosen, kein Mittel scheuenden Kühnheit in den wildesten Speculationen und einer sehr effectvollen Leichtfertigkeit im Durchbringen des schnell und leicht erworbenen Mammons, machten ihn zu einem förmlichen Idol der New-Yorker jeunesse dorée, dem diese ebenso eingebildete wie frivole Gesellschaft ähnlich zu werden sich eifrigst bemühte. Sein Beispiel wurde ein höchst verderbliches, zumal da er die Gelegenheiten geschickt zu benutzen verstand, um seine Popularität zu vergrößern. Als nach dem Brande Chicagos Subscriptionen für die heimgesuchte Stadt allenthalben eröffnet wurden, sah man den Prinzen Erie einen großen mit vier Pferden bespannten Güterwagen durch die Hauptgeschäftsstraßen New-Yorks eigenhändig lenken und rechts und links die Kaufleute auffordern, Beiträge für Chicago auf seinem Wagen niederzulegen. Diese Operation setzte er mehrere Tage fort, erhielt natürlich Alles, was er verlangte, und erreichte seinen Zweck vollständig, der gepriesene Held des Tages zu werden, dessen noble Gesinnung und thätige Menschenliebe für einige Zeit vom Volke laut gepriesen wurden.

[51] Was Boß Tweed für die älteren gesetzteren Classen dunkler Ehrenmänner war, das war James Fisk für die jüngere Generation lebenslustiger Schwindler und Verschwender, ein Ideal, zu dem man mit Bewunderung aufblickte. Mitten in dieser glänzenden Laufbahn traf den Prinzen Erie die Hand des Schicksals schnell und unerwartet.

Es war im Anfange des Jahres 1872, als er einigen Damen seiner Bekanntschaft im „Grand-Central-Hotel“ einen Besuch abstatten wollte. Er befand sich gerade auf der großen Freitreppe des Hauses, als ein Schuß aus einem der Seitengänge auf ihn abgefeuert wurde und ihn tödtlich verwundet niederstreckte. Trotz der Bemühungen mehrerer herbeigerufener Aerzte verschied James Fisk am nächsten Tage. Der Mörder war Edward Stokes, ein New-Yorker Actienmäkler und alter Bekannter des Ermordeten. Stokes machte keinen Versuch zur Flucht, leugnete auch seine offenkundige That gar nicht und wurde demgemäß nach dem Stadtgefängnisse abgeführt, um seinen Proceß zu erwarten.

Die Affaire erregte natürlich gewaltiges Aufsehen. Im Allgemeinen bedauerte man es freilich nicht allzu sehr, daß ein Mann von Fisk’s Charakter und verderblichem Einflusse aus dem Wege geräumt worden war; aber die Art seines Todes erschien eben doch nicht viel anders als gemeiner Meuchelmord, und da überdies nach seinem Tode die Erinnerung an seine besseren Eigenschaften, namentlich in New-York, stark in den Vordergrund trat, so wandte sich die öffentliche Stimmung bald gegen Stokes, und man erwartete allgemein, daß er als Mörder ersten Grades sein feiges Verbrechen mit dem Tode büßen werde. Es sollte aber ganz anders kommen. Der Proceß begann, und da an der Thatsache der Tödtung Fisk’s durch Stokes nichts abzuleugnen war, so griff die Vertheidigung zu dem Mittel, zu beweisen, Stokes habe die That nur gezwungen, in Selbstvertheidigung seines von Fisk bedrohten Lebens begangen. Ersterer hatte früher in freundschaftlicher Geschäftsverbindung mit dem Getödteten gestanden; später war eine Spannung zwischen Beiden eingetreten, die endlich in förmliche Feindschaft ausartete.

Man versuchte jetzt zu beweisen, Fisk habe seinem ehemaligen Genossen nach dem Leben getrachtet, er habe geschworen, ihn finanziell zu ruiniren, ja er habe Meuchelmörder gedungen, die ihm überall nachgeschlichen seien, so daß er endlich, um sich von seinem Verfolger zu befreien, in einer Anwandlung von Verzweiflung und Todesangst denselben erschossen habe. Auf diese Weise hoffte man den Mörder wenigstens vom Galgen zu retten. Die Jury ließ sich indeß nicht irre machen, sondern erklärte ihn schuldig des Mordes im ersten Grade. Er wurde als Todescandidat nach den Tombs zurückgeführt. Statt der Execution kam indeß die Bewilligung eines neuen Processes. Stokes triumphirte; er sah sich schon freigesprochen und prahlte laut damit. Diesmal schlug die Vertheidigung einen andern Weg ein. Es wurde zu beweisen gesucht, Fisk sei gar nicht an der erhaltenen Wunde gestorben, sondern an zu starken Opiaten, die ihm von seinen Aerzten gereicht worden seien. Nach langen Versuchen, diese unwahrscheinliche Geschichte glaubhaft zu machen, erschien zum zweiten Male das Verdict der Geschworenen: Schuldig des Mordes im ersten Grade, und der Richter fällte das Urtheil: Tod am Galgen. Schon war der Tag der Hinrichtung bestimmt, aber man fand auch diesmal wieder verschiedene Formfehler in den Gerichtsverhandlungen, die genügend befunden wurden, um die Sache hinauszuschieben; Wochen und Monate vergingen; Stokes war immer noch Gefangener.

Es saßen damals, im Laufe des Jahres 1873, über dreißig Mörder im New-Yorker Stadtgefängnisse, Alle ihrer Verbrechen überwiesen, ohne daß ein Einziger seine Strafe wirklich gebüßt hätte; die Idee, daß sie gehängt werden könnten, wurde sowohl von ihnen selbst wie von ihren sauberen Advocaten förmlich verspottet. Die Volksstimmung begann eine sehr erbitterte zu werden; man sprach sogar von Volksjustiz, wenn die Gerichte nicht ihre Schuldigkeit thun würden. Es mußten also wenigstens einige Opfer gebracht werden, um den Unwillen zu beschwichtigen.

Zum Glück gab es denn unter dieser Mordbande Delinquenten aus den unteren Classen, und einige von diesen wurden ausersehen, als Beruhigungsmittel zu dienen. Sie wurden gehängt. Aber Stokes war nicht unter ihnen. Er hatte Geld, Freunde und berühmte Abvocaten, die es sich zur Ehrensache machten, ihren Clienten zu retten. So erschien endlich, zum Erstaunen des Publicums, statt des Befehls zur Hinrichtung, die Bewilligung eines dritten Processes für den durch zwei Juries zum Tode verurtheilten Mörder. Und diesmal hatte man sich gut vorbereitet. Ein Gesetz war für diesen speciellen Fall in Albany durchgesetzt worden, welches bestimmte, daß ein Verbrecher nur dann des Mordes im ersten Grade überführt werden könne, wenn seine Absicht, den Mord zu begehen, als schon längere Zeit vor der That in ihm existirend, klar und unumstößlich nachgewiesen werden könne. Dies war fast gleichbedeutend mit Abschaffung der Todesstrafe.

Ferner fanden sich jetzt, fast zweiundzwanzig Monate nach der That, eine wunderbar große Anzahl Zeugen, die Alle auf’s Bestimmteste behaupteten, Fisk habe die Absicht gehabt und dieselbe positiv ausgesprochen, Stokes ermorden zu wollen. Da beschwor ein ehemaliger Polizist, die beiden Hauptbelastungszeugen hätten ihm öfters mitgetheilt, sie seien von Fisk’s Freunden gekauft worden, um gegen Stokes auszusagen. Da erschien eine Waschfrau auf dem Zeugenstand und beschwor, ein Gespräch zwischen Fisk und mehreren Damen im „Grand-Central-Hotel“ angehört zu haben, im Verlauf dessen derselbe geschworen habe, er werde den Hund Stokes niederschießen, so wahr sein Name James Fisk sei, wobei er ein Pistol zeigte, das er immer bei sich führte. Da fand sich sogar eine andere Frau, die gesehen haben wollte, wie Fisk aus dem Dameneingang des Hôtels herausgetreten und gleich darauf wieder in großer Aufregung mit einer Pistole in der Hand die große Treppe hinaufgestiegen sei; unmittelbar darauf seien zwei Schüsse gefallen. Kurz, es wurde Beweis auf Beweis gehäuft, daß Stokes eigentlich gar nichts Anderes, als der unschuldigste Mensch von der Welt sei, der sich ganz einfach gegen den auf ihn eindringenden Mörder Fisk vertheidigt habe, um sein Leben zu schützen, wobei dann unglücklicher Weise sein Schuß dem Angreifer das Lebenslicht ausgeblasen habe.

Das niederträchtige Spiel der Vertheidigung lag so klar auf der Hand, daß man erwarten durfte, es werde keinen Eindruck auf die Jury machen, zumal derselbe Richter, Davis, dem Gerichtshof präsidirte, welcher ein halbes Jahr zuvor den Vatermörder Walworth auf Lebenszeit nach Sing-Sing gebracht hatte. Allgemein war deshalb die Entrüstung, als die Geschworenen den Angeklagten nur des Todtschlags im vierten Grade schuldig fanden, und ihn so den Händen der Gerechtigkeit entrissen. Richter Davis konnte seinen Unwillen kaum verbergen, als er den Mörder nur zu vier Jahren Zuchthaus verurtheilen durfte, eine Strafe, die der dem Galgen schon Verfallene natürlich mit einer Art triumphirender Freude hinnahm.

Daß die Jury bestochen war, lag so deutlich am Tage, daß Davis drei der Geschworenen überweisen und zur Strafe ziehen konnte; aber am Urtheil war jetzt nichts mehr zu ändern, und einer der notorischsten Mörder New-Yorks wird in kurzer Zeit die Gesellschaft mit seiner Anwesenheit zieren. Edward Stokes befindet sich gegenwärtig in Sing-Sing, dem Aufenthaltsorte des Vatermörders Walworth. Als Letzterer von der bevorstehenden Ankunft seines Schicksalsgenossen hörte, schickte er ihm ein Billet, das an Frivolität und schamloser Frechheit seines Gleichen suchte. Er versprach ihm in demselben einen glänzenden Empfang im Zuchthause und hofft, daß sie angenehme Zeiten daselbst miteinander verbringen werden, bis die Stunde ihrer Erlösung schlägt. Daß diese Stunde für Beide kommen wird, ist so ziemlich außer allem Zweifel. Beide werden, aller Wahrscheinlichkeit nach, die Zellen der Mörder wieder verlassen, der Eine nach Ablauf seiner Strafzeit, der Andere, wenn Freunde und Geld seine Begnadigung erwirkt haben werden. Und wer wird dann noch das Blut sehen, das an ihren Händen klebt? oder das Kainsmal, das an ihren Stirnen brennt? Die Gesellschaft, in welcher sie sich bewegen, hat für so etwas weder Auge noch Gefühl, und das Volk, die große Masse, wird sie dann im Strudel der Ereignisse vergessen haben.