Textdaten
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Autor: C. T. Hanke
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Titel: Aus San Diego in Californien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 876
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[876] Aus San Diego in Californien erhalten wir mit Bezug auf den in Nr. 32 der „Gartenlaube“ enthaltenen kleinen Artikel über die Jagd auf Klapperschlangen folgende interessante Mittheilungen:

„Im Juni des Jahres 1873 wurde ich nach Penasquitos[WS 1], einer Besitzung des Capitains J., berufen, um während der mehrmonatlichen Abwesenheit des Eigenthümers denselben zu vertreten. Penasquitos[WS 2] ist ein schöner, aber einsamer Landsitz, der sich vor den übrigen Farmen im Umkreise vieler Meilen durch seinen ungewöhnlichen Wasserreichthum auszeichnet. Die Flüsse und Deiche wimmeln von Amphibien aller Art, und wiederholt hatten mir unsere farbigen Arbeiter von den zahlreichen Klapperschlangen erzählt, die sich in unserer Nähe aufhalten sollten, ohne daß ich diesen Mittheilungen indeß besondere Beachtung geschenkt hätte. Nur einmal wöchentlich, Donnerstags, wurde unsere Einsamkeit unterbrochen, wenn aus dem fünfundzwanzig Meilen entfernten San Diego Briefe und Zeitschriften, unter ihnen auch die ‚Gartenlaube‘, eintrafen.

Eines Tages hatte ich mich auf den Divan gestreckt und mich in die Lectüre der eben angekommenen Journale vertieft. Mein Zimmer lag zu ebener Erde und grenzte an eine Veranda, die einen angenehm kühlen Aufenthalt gewährte. Draußen herrschte eine tropische Hitze, und ich hatte Thür und Fenster weit geöffnet, um die Temperatur im Zimmer etwas zu mildern. Plötzlich vernahm ich ein eigentümlich rasselndes Geräusch, und in demselben Augenblicke sah ich einige junge Schwalben mit allen Zeichen höchster Angst auf der Veranda umherlaufen und endlich in mein Zimmer schlüpfen. Die Ursache dieser auffallenden Erscheinung ließ nicht lange auf sich warten: blitzschnell zeigte sich eine blaßrothe, etwa fünf Fuß lange Klapperschlange, im Begriffe, sich auf eines der Thierchen zu stürzen. Ich lag wie erstarrt. Jede auffallende Bewegung konnte mir den Tod bringen; dennoch behielt ich Geistesgegenwart genug, nach meinem immer geladenen Pistol zu greifen und den Hahn zu spannen. Das Geräusch machte das giftige Reptil aufmerksam, einige Augenblicke sah es mich mit seinen stechenden, diamantfunkelnden Augen an, züngelte und verschwand dann ebenso plötzlich, wie es gekommen war, unter der Veranda. Man kann sich denken, daß ich über diese Hausgenossenschaft nicht sehr erbaut war, es gelang mir aber nicht, den Schlupfwinkel des Thieres zu entdecken und dasselbe unschädlich zu machen. Im Banne der Schlange legten die Schwalben ihr sonst so scheues Wesen gänzlich ab und hätten sich ruhig ergreifen lassen; als ich dies jetzt versuchte, flatterten sie lustig davon. Warum flohen die Thierchen nicht vor dem Todfeinde hinauf in die höheren Luftregionen?

Glücklicher war ich einige Wochen später. Der Gärtner, ein Indianer, hatte mir oft gesagt, daß sich im Gemüsegarten wiederholt Klapperschlangen gezeigt hätten, ohne daß ich Gelegenheit fand, mich von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen. An einem heißen Julimorgen befand ich mich, den Spaten in der Hand, im Garten, wo ein Negerbursche beschäftigt war, junge Erbsen zu pflücken. Ich sprach einige Worte mit ihm und hatte eben den Spaten in die Erde gestoßen, als plötzlich zu meinem Schrecken dicht vor mir eine Klapperschlange aus dem Beete herausschlüpfen wollte, die ich offenbar in ihrer Morgenruhe gestört hatte. Sofort streckte das Thier den Kopf wieder empor, in der unverkennbaren Absicht, mich anzugreifen; in demselben Augenblicke aber führte ich mit dem Spaten einen so kräftigen Schlag nach der Schlange, daß der Kopf vom Rumpfe getrennt ward und der Spaten noch tief in die Erde fuhr. Minutenlang peitschte der Körper noch den Boden, und das Schnarren und Rasseln der sogenannten ‚Klappern‘ wirkte in dieser unmittelbaren Nähe fast betäubend. Das Thier gehörte der Gattung der gefleckten Klapperschlangen an, war von weißgrüner Farbe und mit tiefschwarzen, offenen Vierecken besetzt. Es hatte eine Länge von vier Fuß, zwanzig Zoll. Im Magen fanden sich eine große Menge junger, grüner Erbsen und mehrere erst vor Kurzem verspeiste Vögel; den Inhalt der Giftbläschen entleerte ich in ein Fläschchen und gewann etwa acht Tropfen dieser gefährlichen Flüssigkeit, die ich nebst der getrockneten Haut noch jetzt besitze.

San Diego, Californien.

C. T. Hanke.“ 

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Penasquitas
  2. Vorlage: Penasquitas