Aus Indien (Das Ausland (1828/87)
Aus Indien.
Die Sumbad Kaumudi, ein indisches Blatt, erzählt folgende für die Sitten des Landes charakteristische Anekdote: In dem District von Bankora hatte ein Dieb durch die Mauer in das Haus eines Braminen eingebrochen. Während er nach Beute suchte, vernahm er von außen Stimmen, und war im Begriff, sich zurückzuziehen, als er bemerkte, daß die Zwiesprache in der Nähe der Stelle, wo er eingebrochen, von der Frau des Braminen und ihrem Galan geführt wurde. Erstere beklagte sich über die Eifersucht ihres Mannes; ihr Liebhaber schlug ihr vor, ihn im Schlafe zu ermorden, und bot ihr hiezu eine Waffe an. Sie entgegnete ihm, wenn er ob dem Versuche erwachte, würde er zu stark für sie seyn, und drang in ihren Galan, die Ermordung selbst zu übernehmen, wozu er sich auch verstand. In dem Augenblick, als sie in das Haus eintreten wollten, vergaß der Dieb sich selbst und seine Beute, und dachte nur an seine Pflicht, das Leben des Braminen zu retten.
Er ergriff das Instrument, womit er durch die Mauer gebrochen war, stieß es dem Galan durch den Leib, tödtete ihn, und entfloh. Als das Weib ihren Liebhaber erschlagen sah, schrie sie auf, rief so ihren Mann und die Nachbarn nach dem Orte, wo sie sodann erstern anklagte, den Mord begangen zu haben. Er wurde festgenommen, untersucht, und da alle Umstände gegen ihn sprachen, zum Strange verurtheilt. Der Dieb vernahm, welche Wendung die Sache genommen, stellte sich vor Gericht und bekannte den ganzen Hergang. Man ist gespannt, welcher Spruch von dem Gerichte wird erlassen werden.