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Titel: Auch eine „Weibertreu“
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 546
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[535]

Schloß Kriebstein.
Nach der Natur aufgenommen von Adolf Neumann.

[546] Auch eine „Weibertreu“. (Mit Abbildung auf Seite 535) Zu den Perlen des Zschopauthals, einem der an malerischen Naturschönheiten reichsten Thäler des Königreichs Sachsen, gehört das Felsenschloß Kriebstein. Es liegt eine halbe Meile südlich von einem Orte, dessen Namen man in so mit Schönheit gesegneter Landschaft ungern ausspricht, von Waldheim, dem freundlichen Städtchen mit dem Zuchthause, in welchem nicht blos gemeine, sondern auch sogenannte politische Verbrecher büßten. – Wenn auch die gebirgsfrischen Wellen der Zschopau längst nicht mehr wie einst den ganzen Fels umspülen, auf welchem hoch und kühn der ritterliche Adlerhorst prangt, so genießt dieser Horst selbst doch den Vorzug vor unzähligen noch bewohnten Rittersitzen der Vorzeit, daß derselbe im Ganzen unverändert von seinem Ursprung bis diesen Tag erhalten ist, und daß man seine Geschichte kennt vom Erbauungsjahre an, ohne im Nebel der Sage ihr nachspüren zu müssen.

Der Erbauer der Burg Kriebstein oder Kriebenstein (in Urkunden Crywenstein) war der Ritter Dietrich von Bärwalde oder Bernwalde, wie er in Gottschalck’s „Ritterburgen etc.“ genannt wird. Der Bau hatte im Jahre 1382 begonnen, war erst nach fünfundzwanzig Jahren vollendet und sollte seinen Gründer nur acht Jahre erfreuen. Am Fastnachtstage 1415 überwältigte ihn der Ritter Staupitz von Reichenstein und trieb ihn von dannen. Da zog, von dem Vasallen zu Hülfe gerufen, der thüringische Landgraf und Sachsenherzog Friedrich der Streitbare vor die Burg und berannte sie so mächtig, daß sie sich endlich ergeben mußte. Voll ritterlichen Sinnes bot der Landgraf der Gemahlin des überwundenen Staupitz freien Abzug aus der Burg an und gestattete ihr, das, was ihr am liebsten sei, mitzunehmen. Und damals geschah es, daß die starke Ritterfrau das that, was die Weiber von Weinsberg zweihundertfünfundsiebenzig Jahre vor ihr mit gleichem Muthe ausgeführt haben sollen: sie trug ihren Mann zum Thore der Burg heraus und rettete ihm dadurch Freiheit und Leben, denn als Landfriedensbrecher würde er mit dem Tode bestraft worden sein, wenn nicht der ritterliche Fürst der tapfern Frau ihren Mann geschenkt hätte. Die Burg kam jedoch nicht in die Hand des Erbauers derselben zurück, sondern wurde in fürstlichem Besitz behalten. Später finden wir die mächtigen Grafen Vitzthum als Herren derselben, die sie aber in dem von ihnen angefachten Bruderkriege im Jahre 1446 wieder verloren.

Nicht weniger denkwürdig ist es, daß diese Burg Kriebstein die unschuldige Ursache des bekannten sächsischen Prinzenraubes werden sollte. Während des Bruderkriegs waren auch die thüringischen Güter des Ritters Kunz von Kaufungen verwüstet worden. Zur Entschädigung überließ der Kurfürst (Friedrich der Sanftmüthige) ihm Kriebstein, Ehrenberg und Schwickertshain unter der Bedingung, diese Güter zurückzugeben, sobald er wieder in den Besitz seiner eigenen gelange. Als aber letzteres durch den Friedensschluß von 1450 geschah, verweigerte Kaufungen die Herausgabe der drei stattlichen Rittersitze und mußte mit Gewalt daraus vertrieben werden. Um sich an dem Fürsten zu rächen, vollführte er dann den Prinzenraub, am 7. Juli 1455, für den er schon sieben Tage später auf dem Marktplatze zu Freiberg durch das Schwert um seinen Kopf kam.

Die Besitzer wechselten noch oft, bis 1820 die Burg Eigenthum der Familie von Arnim ward, welcher die Mittel zu Gebote standen, sie zu erhalten und zu verschönern. – Aussicht und Sehenswürdigkeiten auf und in Kriebstein zu beschreiben, ist hier nicht der Raum. Die Burg ist bei dem wohlgezogenen sächsischen Eisenbahnnetze von überall her so leicht zu erreichen, daß Jeder, der’s kann, lieber sehen als lesen wird, was, unserer Illustration nach, Natur und Kunst dort Herrliches bieten.