An Minna (Schiller)
Träum’ ich? Ist mein Auge trüber?
Nebelt’s mir ums Angesicht?
Meine Minna geht vorüber?
Meine Minna kennt mich nicht?
Blähend mit dem Fächer ficht,
Nimmer satt sich zu begaffen? –
Meine Minna ist es nicht.
Von dem Sonnenhute niken
Schlaifen, die den Busen schmüken,
Rufen: Minna, sei gedenk!
Blumen, die ich selbst erzogen,
Zieren Brust und Loken noch –
Und die Blumen blühen doch!
Geh! umhüpft von leeren Schmeichlern!
Geh! vergiß auf ewig mich.
Ueberliefert feilen Heuchlern,
Geh! dir hat ein Herz geschlagen,
Dir ein Herz das edel schlug,
Groß genug, den Schmerz zu tragen,
Daß es einer Hure schlug.
Dein Gesichtchen! schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich.
Schwalben, die im Lenze minnen,
Buler scheucht dein Herbst von hinnen,
Einen Freund hast du verschmäht.
In den Trümmern deiner Schöne
Seh ich dich verlassen gehn,
Deines Mays zurüke sehn.
Die mit heißem Liebesgeize
Deinem Kuß entgegen flohn,
Zischen dem erloschnen Reize,
Schönheit hat Dein Herz verdorben,
Dein Gesichtgen! – schäme dich.
Morgen ist sein Glanz erstorben,
Seine Rose blättert sich –
Höhnen? Gott bewahre mich!
Weinen will ich bittre Thränen,
Weinen Minna über dich.
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