Textdaten
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Autor:
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Titel: Am Urner See
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 584–585, 596
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[584–585]

Am Urner See.
Nach dem Gemälde von J. Schoyerer.

[596] Am Urner See. (Zu dem Bilde S. 584 und 585.) An den Urner See führt uns der Künstler, zu jener südlichen Abbiegung des Vierwaldstättersees, die ebenso anziehend ist durch das landschaftliche Gemälde, das sie mit ihrem gewaltigen Rahmen steil aufragender Berge bietet, wie durch die geschichtlichen Erinnerungen, die mit diesen Gestaden verbunden sind. Der Urirothstock mit seinem eigenthümlich geformten Horn, der Gitschen und weiterhin der pyramidenartig aufsteigende Bristenstock – sie scharen sich gleich ernsten Wächtern um den Urner See her und vollenden an sonnigen Tagen mit den glitzernden Wellen drunten und dem blauen Himmel darüber ein wunderbares Naturbild voll eigenartiger Schönheit und Kraft. Und zu dem, was die Natur da gestaltet hat, gesellt sich der Reiz vielhundertjähriger Geschichte. Denn hier erhebt sich auf der westlichen Uferseite, nur wenige Minuten vom See entfernt, an steilem Abhang eine kleine Bergwiese, das Rütli, wo am 1. August 1291 die „Waldstätte“ Uri, Schwyz und Unterwalden zum gemeinsamen Schutz gegen die Macht Albrechts von Oesterreich ein „ewiges“ Bündniß geschlossen haben, wo nach der Ueberlieferung in der Nacht vom 7. zum 8. November 1307 die Abgesandten jener drei Städte den Bund erneuerten mit dem Schwur, die Herrschaft der österreichischen Vögte im Lande zu brechen. Und gegenüber – auf dem östlichen Ufer – liegt am Fuße des Axenbergs die „Tellsplatte“, jener schmale Bergvorsprung, auf den sich der gefangene Tell aus dem Schiff des Landvogts Geßler mit kühnem Schwung gerettet haben soll. Eine Kapelle, die „Tellskapelle“ genannt, bezeichnet und schmückt diese Stelle. So ist die Entstehung und die erste erfolgreiche Vertheidigung der aufblühenden Eidgenossenschaft mit den Gestaden des Urner Sees eng verknüpft, und die Schweizer, die in diesen Tagen das Andenken an den 1. August 1291, das sechshundertjährige Jubiläum jener ersten Vereinigung festlich begangen haben – sie mögen mit begreiflichem Stolz hingeblickt haben auf die Schönheit jener historischen Stätte, auf die Zeiten, in denen der einst geschlossene Bund zum Gedeihen seiner Glieder wuchs und fest zusammenhielt. Als ein „ewiger“ ist er gegründet worden, und man muß gestehen, ein wenig verdient er diesen Namen nach einem Zeitraum von sechs Jahrhunderten, der in der Geschichte ein hübsches Stück Weges in der unendlichen Entwicklung des Menschengeschlechts bedeutet. Es sind überhaupt reiche, in ihrem Anlaß weit zurückreichende Gedenktage, welche der August dieses Jahres der Schweiz gebracht hat. Vom 14. bis 17. August hat Bern das Gedächtniß seiner Gründung vor 700 Jahren mit Festspiel und Festzug und anderen feierlichen Veranstaltungen in großartiger Weise begangen. Es ist ein Zeichen von Tüchtigkeit, wenn eine staatliche Gemeinschaft die Erinnerung an bedeutungsvolle Ereignisse aus ihrer geschichtlichen Vergangenheit lebendig zu erhalten weiß, es liegt darin – und wir hoffen, daß das auch hier zutrifft – eine Gewähr für die Zukunft.