Am Eingang in den Tuileriengarten

Textdaten
<<< >>>
Autor: E. v. J.
= Ernst von Jagow
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Am Eingang in den Tuileriengarten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 817, 819–820
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[817]

Am Eingang in den Tuileriengarten in Paris.
Nach einer Zeichnung von O. Gerlach.

[819] Am Eingang in den Tuileriengarten. (Zu dem Bilde S. 817.) Im Sommer dieses Jahres besuchte die Kaiserin Eugenie in ihrer Trauertracht, leicht gestützt auf einen Krückstock, den Tuileriengarten. Als sie an den Platz gelangte, wo einst bis zu den bösen Tagen der Kommune im Jahre des Unheils 1871 die Tuilerien standen, da vermochte sie die Thränen nicht zurückzuhalten. Aber welch ein Gegensatz auch zwischen einst und jetzt! Einst die gefeierte Beherrscherin der Mode, die Gattin des mächtigsten Kaisers der Welt, – heute eine alte gebeugte Frau mit gebleichtem Haar, Witwe und untröstliche Mutter, denselben Garten, in dem ihr Söhnchen gespielt, in dem sie die glänzendsten Feste der Welt gegeben hatte, unbeachtet, unerkannt durchwandernd, eine Fremde inmitten ihres eigenen Volks! Und auch der Garten hat sein Aussehen verändert. Die schnurgeraden Baumreihen, welche das Zeitalter des Sonnenkönigs liebte, die Orangerie, die Statuen, Wasserbecken und Wasserkünste, der herrliche Durchblick auf den Obelisken des Eintrachtsplatzes und den stolzen Triumphbogen am Ende der Elyseeischen Felder sind freilich die nämlichen geblieben, aber die vornehme Welt hat die Stätte völlig verlassen, die ebenfalls ein Opfer der Republik geworden ist: den Tag über das Dorado der Kindermädchen, Ammen und Mütter, des Abends das der Obdachlosen und Landstreicher. Das Tagesbild des Tuileriengartens ist von unserem Maler sehr richtig beobachtet worden. Und wo die Ammen mit ihren langen Mänteln und den seltsam bebänderten, an normännische Volkstracht gemahnenden Hauben, wo die Dienstmädchen nicht fehlen, da stellt auch der „Pioupiou“ zu rechter Zeit sich ein, der kleine Infanterist mit der in Deutschland sprüchwörtlich gewordenen rothen Hose und den weißen Gamaschen, der Kürassier mit seinem vom blinkenden Helm tief herabwallenden Roßschweif. Auch die beiden Herren auf der rechten Seite des Bildes sind ganz an ihrem Platz, denn ihr eigenartiger Gesichtsschnitt verräth sofort, daß sie keine Pariser sind; ein Pariser Stutzer im Tuileriengarten – das ist eben ein undenkbarer Begriff. Wir haben es hier offenbar mit Südamerikanern zu thun, deren Kolonie, neben der [820] englischen, in der Umgegend der Elyseeischen Felder haust. Erst wer die Pariser Verhältnisse genau kennt, versteht die Naturtreue des Bildes voll zu würdigen, und an den bauschigen Aermelfalten der Damen erkennt er sogar, daß die Modelle unserem Maler erst vor kurzer Frist gesessen haben. Daß das junge Dämchen im Vordergrunde einen Reifen in der Hand tragen muß, versteht sich ganz von selbst; Frankreich ist ja das gelobte Land des anmuthigen Reifenspiels, und wenn man mir für jeden Reifen, der an einem einzigen sonnigen Tage über die feinen Kieswege des Tuilerien- und Luxembourggartens, sowie des Parc Monceau dahinrollt oder dort durch die Lüfte schwirrt, nur einen Louisd’or geben wollte, so wäre ich ein steinreicher Mann. E. v. J.