Allerseelen (Victor Blüthgen)
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Allerseelen.
(Zu dem Bilde S. 741.)
Wenn dir ein Liebstes ist geschieden,
O laß es nicht so einsam ruh’n!
Wohl schläft es sanft, hat seinen Frieden,
Doch kannst du Frommes an ihm thun:
Wirst du an seinem armen Hügel
Zu stiller Zwiesprach niederknie’n,
Giebst du dem Engel seine Flügel,
Magst ihn aus seinem Himmel zieh’n.
Du hörst das Rauschen vom Gewande,
Hörst seinen Gruß, derweil du weinst:
„Ich denke dein im fremden Lande,
Ich liebe dich wie einst – wie einst!“
Er streichelt dich mit weichen Händen,
Vergilt dir jedes Fragewort;
Und ist’s genug, und willst du enden –
Ein Kuß – dann wallt er schweigend fort.
Todt ist nur der, um den zu werben
Nicht mehr der Sehnsucht Füße geh’n;
Doch Liebe zwingt’s noch nach dem Sterben,
Daß ihre Todten aufersteh’n.
Victor Blüthgen.