Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section/H10
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In romantischer Berg- und Waldgegend liegt das Rittergut Falkenstein mit dem dazu gehörigen Bergstädtchen. Es ist dem Amte Plauen des Voigtländischen Kreises zugetheilt. Eine Hauptstrasse, die von dem Erzgebirge in das Reich führt, geht durch den Ort, der gegen 300 Bürgerhäuser zählt, und ausserdem die Kirche, einige geistliche Gebäude, Rathhaus, Weberhaus, Schützenhaus, Bleichhäuser und die Rittergutsgebäude. Die Einwohnerschaft ist seit drei Viertel Jahrhundert in stetem Wachsthum begriffen. 1779 zählte man in 52 Familien 116 Einwohner über 10 Jahre; 1800 im Ganzen 1100; 1802 bereits 1347 und 1815 war die Zahl bis auf 1660 gestiegen. Gegenwärtig hat Falkenstein an 3000 Einwohner. Da aber die Häuser meistens ächte Gebirge-Blockhäuser sind, die nur aus einem Erdgeschosse bestehen, erscheint die Stadt, zumal wegen ihrer engen, gewundenen Strassen, viel bevölkerter, als sie in der That ist.
Von Auerbach liegt Falkenstein 1 kleine Stunde südwestlich entfernt, von Plauen 4 Stunden östlich, von Schöneck 21/2 Stunde nordöstlich, von Treuen 2 Stunden südöstlich, von Lengefeld 23/4 Stunden, und von Beginn der grossen Falkenstein-Auerbacher Wälder 1/2 Stunde.
Falkenstein berührt mit wenigen Häusern das linke Ufer der weissen Gölzsch, die eigentliche Stadt aber liegt an einem Bergabhange, und erstreckt sich westwärts bis zu dem Rittergute, also bis zu der Reihe von Klippen, welche mit geringen Unterbrechungen vom sogenannten Wimmersteine an eine Meile weit in der Richtung von Südsüdost nach Nordnordwest fortläuft und bis unter Auerbach die Wasserscheide zwischen der Gölzsch und dem Treuenschen Bache bildet. Diese Klippenreihe zeigt in ihren einzelnen Parthien mitunter sehr eigenthümlich gebildete Felsgestalten. Die Hauptpunkte heissen der Wimmerstein, der Löcherstein, der Falkenstein, der Stein, der Bendelstein [74] etc. etc. Für Geognosten bietet die gelb- oder röthlich-braune Felsenreihe mehrfaches Interesse.
Falkenstein liegt unter 50° 28-29' der Breite und 30° 11/2-2' der Länge. Im Süden davon dehnt sich der sogenannte grüne Wald aus; an diesen schliesst sich der Trützschlerische oder eigentliche Falkensteiner Wald an, welcher die rothe Gölzsch einschliesst, einen Flächenraum von gegen 2240 Acker umfasst, und mit Ausnahme einiger kleinen Buchenbestände nur Fichtenholz enthält. Beide Gölzsch vereinen sich 3/8 Stunden nordöstlich von Falkenstein in dem Dorfe Ellefeld, welches an das nördliche Ende der Stadt beinahe anstösst.
An der weissen Gölsch stehen drei Mühlen nebst einigen Bretmühlen, ein grosses Gut und eine Bleiche, welche zu der Stadt gehören; von der obern Mühle steigt in Südosten ein Berg an, der nach der Mühle benannt ist, und durch einen kleinen Bach, der sich hier in die weisse Gölsch ergiesst, von dem Stallmeisterberge getrennt ist. Dieser trägt die beiden Einöden Juchheh und Hannaloh. An diesem kleinen Bache, und ganz nahe bei der Stadt, liegt die dem Rittergut gehörige Schäferei Mühlberg. Auf der daneben befindlichen Höhe soll einst die Burg Mühlberg gestanden haben, von der jedoch nicht die geringste Spur mehr vorhanden ist. Nach anderen Angaben nimmt die Schäferei die Stelle der ehemaligen Burg ein.
Unter der Obermühle liegt der Schmelzhammer, und weiter unten die weisse Mühle. Gegen Nordwesten, etwa 2000 Schritt weiter, am Treuenschen Wasser, beginnt Dorfstadt. Im Süden, nicht weit von der Meisterei entfernt, liegt das Oertchen Lohberg und der oben bereits erwähnte Löcherstein, so genannt von seiner eigenthümlichen Gestaltung. Er ist eine ziemlich hohe schmale und schroffe Steinwand, von einer grossen Oeffnung durchbrochen, durch welche man, unter dem Felsen stehend, den Himmel sehen kann. Früher hatte die Wand mehrere solcher Löcher, die Felsstücke aber, in denen sie sich befanden, sind nach und nach herabgestürzt.
Von dem Löchersteine, der am Ende der Stadt liegt, führt ein bequemer Fusspfad, von welchem man einer reizenden Fernsicht geniesst, bis zu dem etwa 3/4 Stunden entfernten Wendelsteine, einer grossen Felsenparthie, 2288 Fuss über der Meeresfläche. Von dieser hat man eine weite und schöne Aussicht über die Umgegend.
Auf Falkensteiner Flur, etwa 21/2 Stunden von der Stadt entfernt, liegt der sogenannte Schneckenstein. Er ist 2698 Fuss über der Meeresfläche und gewährt ebenfalls eine schöne Fernsicht. In diesem Berge wurden die schönen Topase gefunden, von denen in dem grünen Gewölbe zu Dresden Exemplare von bedeutender Grösse gezeigt werden. Der Bruch wurde sonst auf königliche Rechnung betrieben, ist aber schon seit längerer Zeit aufgegeben worden. Die benachbarten Berge enthalten auch schöne und ergiebige Schieferflötze und liefern Achate von schöner Zeichnung und Farbenspiel.
Falkenstein hatte im Jahre 1828 nur 275 Häuser. Seitdem hat sich die Zahl derselben bedeutend vermehrt; es sind neue Stadttheile angebaut worden, die ein freundlicheres Ansehen gewähren, als die alte Stadt. Dies gilt besonders von der sogenannten Vorstadt, einer Häuserreihe an der Auerbacher Strasse, hinter dem Gottesacker. Man geniesst von hier aus eines freundlichen Einblickes in das Ellefelder Thal und auf das Rempesgrüner Gebirge. Der Stein, eine der oben erwähnten Klippen, bildet sowohl für den Gottesacker wie für die Gärten, mit denen diese Häuser umgehen sind, eine natürliche Einfriedigung.
Das Rittergut Falkenstein ist ein altschriftsässiges Mannlehen. Es wird als Falkenstein mit Mühlberg, oder auch als Falkenstein oberen Theils bezeichnet. Es besteht aus dem Hauptgehöft in der Stadt Falkenstein und zwei Schäfereien, einer auf dem Mühlberg in Ellefelder und einer auf dem Winn in Neustädter Flur. Ausser den grossen Waldungen gehören zu dem Gute noch 240 Acker Felder, Wiesen und sonstige Grundstücke, in den Fluren der Orte Falkenstein, Neustadt, Ellefeld, Friedrichsgrün mit Boda, Wieselburg und Mühlleite gelegen.
Das Wohnhaus des Rittergutes, das Schloss genannt, wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts neu erbaut, 1832 aber im Innern wesentlich umgestaltet. Es ist ein massives, 9 Fenster breites, meist mit Schiefer gedecktes, freistehendes Gebäude, umgeben von sehr alten rund nicht bedeutenden, mit Schindeln gedeckten Wirthschaftsgebäuden, der Pachterwohnung und dem bisherigen Gerichtshause. In dem Hausgarten erhebt sich der Falkenstein, ein beträchtlicher, mit sehr hohen und starken Ahornen und Lärchenbäumen besetzter isolirter Felsen, der einen sehr freundlichen Anblick gewährt. An demselben führen steinerne Stufen empor. Auf dem Gipfel dieses Felsens stand wahrscheinlich einst die Burg, nach welcher sich die Besitzer von Falkenstein nannten, wenigstens stand hier noch im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts ein Thurm; er wurde indess zum Bedauern der Alterthumsfreunde abgetragen, und an dessen Stelle ein freundliches Lusthaus gesetzt, von welchem aus man eine schöne und weite Aussicht hat und viele der umliegenden Ortschaften übersieht.
Stadt und Rittergut Falkenstein befinden sich schon seit undenklichen Zeiten in dem Besitze der Familie von Trützschler, die ausserdem auch die nahegelegenen Rittergüter Dorfstadt und Oberlauterbach besitzt. Auch das bereits erwähnte Ellefeld war lange Zeit in ihrem Besitz; erst 1816 fiel es durch das Aussterben dieser Linie des Geschlechtes anheim. Die ältesten Lehnbriefe, von denen sich in Falkenstein eine Abschrift befindet, sind vom 23. Juli 1580 und vom 16. Januar 1587, und nennen Georg Christoph Trützschler als Hauptbelehnten. Genauere Nachrichten über die frühere Geschichte Falkensteins sind nur sehr mangelhaft, da, wie man versichert, alle älteren Acten im vorigen Jahrhundert bei einem Brande zu Grunde gingen, der in Reichenbach die Wohnung des dort ansässigen von Trützschlerschen Gerichtshalters einäscherte.
Mit ziemlicher Gewissheit nimmt man an, dass auch die früheren Besitzer, und so auch namentlich der im Jahre 1270 genannte Johann von Valkenstein, dem Geschlechte der Trützschler angehörten, und diese Güter wären demnach schon sechshundert Jahre bei derselben Familie.
Der Ort selbst wurde in älteren Zeiten Valkenstein geschrieben, und im Jahre 1379 wird er als „Walkenstein in der Plawischen Art gelegen“ bezeichnet; indess nahm man es damals bekanntlich mit der gleichmässigen Schreibart eben nicht sehr genau.
[75] Das Gut wechselte seit dem 16. Jahrhundert durch Kauf, Erbschaft oder Verträge seine Besitzer aus den verschiedenen Linien des Geschlechtes der Trützschler, bis es im Jahre 1831 durch Erbschaft an den jetzigen Besitzer, Herrn Franz Adolf von Trützschler, Herzoglich Sachsen-Coburg Gothaischen Geheimerath a. D. fiel.
Zu den in der Belehnung mit dem Rittergute Falkenstein bezeichneten Gegenständen gehörten ausser sehr umfänglichen Gerichten, (die im Jahre 1855 zugleich mit denen mit dem Rittergute Oberlauterbach und dem von Trützschlerschen Seniorate (Collatur) verbundenen Gerichten, auf den Staat übergingen, so dass nun in Falkenstein ein königliches Gericht errichtet wurde), auch die Bergwerksrechte auf alle Metalle und Mineralien ausser Gold und Silber. Damit war das Rittergut Falkenstein seit undenklichen Zeiten beliehen; es hatte ein besonderes Bergamt mit den dazu nöthigen Beamten, das in Falkenstein seinen Sitz hatte. An diesem Regal, welches sich auch auf die sogenannten Auerbacher Waldungen erstreckte, die früher zu dem Gute Falkenstein gehörten, aber schon vor langer Zeit an den Staat verkauft worden waren, stand den Rittergütern Falkenstein mit Mühlberg, Dorfstadt, Oberlauterbach und dem 1816 anheimgefallenen Rittergut Ellefeld, jedem 1/4 zu. Das Ellefelder Viertel gelangte somit an den Staat und das Bergamt wurde nach Schneeberg verlegt.
Die Erträgnisse von diesem Regal in Zehenten, Ladegeldern etc. waren früher, wo der Bergbau, namentlich im 17. Jahrhundert, sehr schwunghaft betrieben wurde, so bedeutend, dass die Stadt Falkenstein selbst die Vorrechte einer Bergstadt erhielt. In neuerer Zeit war der Bergbau aus unbekannten Gründen ins Erliegen gekommen, und das Bergwerksregal selbst kam in Folge des Gesetzes vom 22. Mai 1851 in Wegfall.
Noch ein Recht, welches dem Rittergute Falkenstein zustand, war das Jagdgefolge in den königlichen Forsten.
Die Kirche, welche zwar ziemlich gross, doch nicht von gefälligem Aussehen ist, liegt mitten in der Stadt. Die Pfarrei derselben wurde am 4. April 1632 begründet; bis dahin war Falkenstein wahrscheinlich Filial von Plauen. Bis zur Reformation waren Bergen und Werda Filiale von Falkenstein. Der erste protestantische Pfarrer war aus dem Geschlechte der Gutsherrschaft selbst, Konrad von Trützschler. Es rühren von denselben mehrere Stiftungen her, namentlich dass der Pfarrer Lehn-, Zins- und Frohn-Unterthanen hatte. Die Pfarrkirche steht unter der Inspection Plauen. Als Schullehrer sind ein Cantor und ein Organist angestellt. Die Collatur haftet nicht auf dem Rittergute, sondern auf dem Geschlechte von Trützschler, von welchem jedesmal der Senior Collator ist, ganz ohne Rücksicht darauf, ob er Haupt- oder Mitbelehnter ist oder nicht, ob er auf dem Gute seinen Wohnsitz hat oder anderwärts, ja sogar ob er einen Antheil an dem Gute besitzt; nach der Familienbestimmung muss er jedoch aus einem der beiden allein noch übrigen Häuser Falkenstein oder Dorfstadt abstammen. Die ausgestorbenen Linien Oberlauterbach und Ellefeld waren ebenfalls mit zu der Collatur berufen. Diese erstreckt sich auch über die Pfarren und Schulen zu Werda und Bergen, und war bis zum Jahre 1855 mit einer eigenen Gerichtsbarkeit verbunden. Ausser unbedeutenden Gerichtsrevenüen waren mit diesem Seniorat nur unbeträchtliche Gefälle verbunden, welche die Collatur-Unterthanen zu entrichten hatten, die aber nun zur Ablösung gelangen werden.
Nach Falkenstein eingepfarrt sind die folgenden Ortschaften, von denen einige nur aus wenigen Häusern bestehen und die zum Theil zwei Meilen entfernt sind: Ellefeld, Oberlauterbach, Neustadt, Dorfstadt, Irrgang, Siebenhitz, Juchheh, Hahnenlohe und Hahnweg, Lohberg, Mühlberg, Messingwerk mit Hohofen, Scheibenknock, Winn, Vorder-Grünbach, Hinter-Grünbach, Rissbrück, Hammerbrück, Friedrichsgrün, Bode, Kalteküch und Reimtengrün. Die am entferntesten liegenden Orte Mühlleite und Wieselburg sind unlängst nach Klingenthal ausgepfarrt worden. Einige dieser Orte liegen mitten in den Waldungen, die zu Falkenstein gehören und sich bis an die böhmische Grenze erstrecken und die grossen Entfernungen derselben hat das Bedürfniss dringend fühlbar gemacht, noch einen zweiten Geistlichen, vorläufig einen Vicar, anzustellen. Dessen Berufung steht in nächster Aussicht.
Der Boden ist an sich von der besten Art und für fast alle Feldfrüchte geeignet; es haben auch die Waldbewohner durchgängig etwas Feld urbar gemacht, allein das Klima ist rauh, der Winter sehr strenge, und es können daher keine Winterfrüchte gedeihen. Selbst die Sommerfrüchte und besonders die Erdäpfel, kommen nicht immer zur vollen Reife oder erfrieren. Die Gräserei und Viehzucht gedeihen dagegen vortrefflich; namentlich ist die Butter fast so gut wie in der Schweiz.
Die Hauptnahrung der Bewohner von Falkenstein selbst ist die Musselinweberei; daneben Handwerke verschiedener Art, Ausnähen, Spinnen, Spitzenklöppeln, Blonden-Verfertigung; dann Viehzucht, Feld- und Bergbau, namentlich aber auch Kammertuchweberei. Diese wurde in Falkenstein im Jahre 1785 erfunden und zwar gemeinschaftlich von den Webermeistern Johann Michael Dressel aus Falkenstein und Hahn aus Plauen; sie bedienten sich aber so schwerfälliger Maschinen, dass die Bearbeitung keinen günstigen Erfolg hatte. 1793 gelang es einem hiesigen Webermeister, Gottfried Thomas, an den bisher gebrauchten Maschinen Vorrichtungen anzubringen, vermittelst welcher man schnell und mit Vortheil arbeiten konnte. Der Erfinder theilte sein Geheimniss einigen wenigen, ihm näher befreundeten Webermeistern mit; er vereinigte sich mit ihnen zu einer geschlossenen Gesellschaft, deren Mitglieder sich eidlich zur Geheimhaltung verpflichteten und den G. Fr. Thomas in Lengefeld zum eigenen Verleger annahmen. Die Kammertuchweberei kam nun rasch in Aufschwung und das in Falkenstein gefertigte Tuch stand dem französischen nicht nach; indess bei dem Kunstsinn und rastlosen Forschen, welche die hiesigen Bewohner auszeichnen, konnte das Geheimniss nicht lange bewahrt werden, und so ist denn jetzt die Kammertuchweberei Gemeingut. Auch wird sie ausser in Falkenstein noch an mehreren Orten des Voigtlandes getrieben, das Fabrikat aber meistens nach Falkenstein geliefert. Die Fabrikation hat sich seit ihrer ersten Erfindung bedeutend gehoben; namentlich hat die grosse Mannigfaltigkeit der Muster den Werth wie den Absatz der Waare gesteigert. Ein besonderes Verdienst darum erwarben sich die Tischlermeister J. Ch. Müller und Ch. Erdmann Müller durch grosse Vereinfachung der Maschinerie, so dass diese jetzt von einem Menschen regiert werden kann.
Auch die Waldbewohner des Gebietes von Falkenstein haben trotz der [76] wenig ergiebigen Natur ihre reichliche Nahrung. Im Frühjahr, Sommer und Herbst beschäftigen sie sich mit Holzhauen und Stockmachen und im Winter mit Anfahren des Flossholzes in Handschlitten bis zu den Flossbahnen, von wo es dann weiter in die Flossgräben geschafft wird. Da aus den hiesigen Waldungen jährlich 10- bis 12,000 Klafter Holz auf die Flüsse geliefert wird, kann man ermessen, dass es den Einwohnern weder an Arbeit nach an Verdienst fehlt. Die Weiber und Kinder beschäftigen sich überdies noch mit Spitzen- und Blonden-Klöppeln, mit dem Nähen und Sticken der Fabrikwaaren, theils mit dem Häkeln im Tamburin oder auf dem Rahmen, theils mit französischer und deutscher Stickerei. Ein Theil der Waldbewohner beschäftigt sich auch als Bergleute, entweder durch Arbeit auf den Gruben, oder indem sie mit Arzeneien und Olitäten in das Ausland wandern, und dadurch den Unterhalt ihrer Familien besorgen.
In Friedrichsgrün ist eine Glashütte mit Pottaschen-Siederei und Vitriolwerk. Wegen der vortrefflichen Quarze, die man in der Gegend findet, ist das hier fabrizirte Glas sehr schön und gut.
Seit langen Zeiten hat Falkenstein 2 Jahrmärkte gehabt, welche am Montag nach 1. Trinitati und am Montag nach Kreuzeserhöhung abgehalten wurden. Später kam noch ein dritter hinzu, der auf den Montag vor Fastnacht fällt.
Im März 1641 fiel zwischen den Schweden und den Kaiserlichen ein Gefecht bei Falkenstein vor. Die Kaiserlichen zündeten den Ort an, und wurden dabei von den Schweden überfallen und geschlagen.
Noch ist zu bemerken, dass Falkenstein in zwei Theile zerfällt – Falkenstein-Obertheil und Falkenstein-Untertheil. Der Obertheil besteht aus Falkenstein mit Mühlberg und Dorfstadt; der Untertheil aus Oberlauterbach und Collatur. Das Rittergut besass auch noch Antheile von Dorfstadt, Ellefeld, Neustadt bei Falkenstein, Schreyersgrün, Reimtengrün, Werda, Bergen an der Trieb, Trieb und Cottengrün. Die übrigen Antheile von Falkenstein gehören zu den schriftsässigen Rittergütern Dorfstadt, Ellefeld, Mühlberg, Oberlauterbach und Collatur.
[77]
Das Rittergut Freiberg, welches im Voigtländischen Kreise, im Amte Voigtsberg liegt, ist von Voigtsberg gegen Südosten 2½ Stunde entfernt und von Adorf eine halbe Stunde nordwestlich. Das Gut zerfällt in die beiden Rittergüter Obertheil und Mittel- und Untertheil vereinigt.
Der Ort liegt etwas erhöht am linken Ufer des sogenannten Weidenbaches in geringer Entfernung von der Elster, und in fruchtbarer, angenehmer Gegend.
Die Fluren von Freiberg grenzen mit denen von Rebersreuth, Bergen, Weidigt und Adorf.
Zu dem untern Theile gehören Antheile von Rebersreuth und Ober-Bergen, sowie zwei Mühlen, jede von drei Gängen, die Hassenmühle und die Muldenmühle. Auch das Dorf Weidigt gehört dazu. Beide Theile zusammen haben gegen 600 Einwohner und sind nach Adorf eingepfarrt.
Das untere Gut war 1738 im Besitz des Landkammerraths von Schwarzenberg; seit 1763 besass es dessen Sohn, Königlich Württembergischer Rittmeister. 1808 und 1819 waren beide Güter zusammen im Besitz der Familie von Gössnitz; von dieser ging das untere Gut an dessen jetzigen Besitzer, den Dr. Flechsig in Bad Elster, über.
Das untere Gut ist neuschriftsässig und seit 1805 landtagsfähig.
[78]
Dorfstadt, dessen officieller Name auch Dorfstädt ist, gehört zu dem Voigtländischen Kreise; es erstreckt sich eine halbe Stunde lang von Süden nach Norden bis zu dem sogenannten grossen Herrenteiche. Es ist ein ansehnliches und grosses Dorf. Seine Entfernung vom obern Theile ab beträgt 3/8 Stunden von Falkenstein, in dessen Nordwesten es liegt; am untern Ende beträgt die Entfernung nur 1/4 Stunde in nördlicher Richtung. Von eben diesem Ende ab gerechnet liegt Auerbach von Dorfstadt Stunde entfernt und Plauen 31/2 Stunde westlich. Das Dorf zieht sich in einem flachen Grunde hin, der am obern Ende zwar etwas kahl ist, am untern dagegen ein sehr anmuthiges Landschaftsbild bietet. Der Bach, an welchem Dorfstadt liegt, entspringt im Süden des Ortes, in ziemlich grosser Entfernung auf dem moorigen, mit einer zahlreichen Menge von Steinen bedeckten Abhange des Wimmersteines, einer von den Spitzen der Falkensteiner Felsenreihe. Die Höhe dieses Berges beträgt nur etwas mehr als 2000 Pariser Fuss über der Meeresflüche, und man geniesst von dem Gipfel eine der schönsten, reichsten und mannigfaltigsten Aussichten, die man in unserem, an Schönsichten doch so reichen Sachsen findet.
Unter dem Dorfe nimmt der Dorfstädter Bach das sogenannte Irrgangbächlein auf, und erhält nach der Vereinigung mit demselben den Namen Treuensches Wasser.
Dorfstadt besitzt trotz seiner Grösse keine eigene Kirche, sondern ist nach Falkenstein eingepfarrt.
Seine Fluren rainen mit denen von Falkenstein, Auerbach, Trieb und Lauterbach. Zu dem Rittergute, das zwar stattlich, aber nicht sehr ansehnlich ist, gehören noch verschiedene andere Theile, zum Beispiel das aus nur wenigen Häusern bestehende Siebenhitz, und die Häuserreihe, welche im Westen der Schäferei Irrgang an dem Fusse der Südseite des Frohnberges, einer schönbewaldeten Anhöhe, liegt.
Die Einwohner, deren Seelenzahl über 1200 beträgt, beschäftigen sich ausser mit dem Ackerbau auch viel mit Fabrikarbeit, wozu die zahlreichen in dieser Gegend befindlichen Fabrikanlagen verschiedener Art hinlängliche Gelegenheit bieten.
Ueber die frühesten Besitzer von Dorfstadt existiren keine zuverlässigen Nachrichten, denn die älteren Dokumente sind zu Grunde gegangen; indess befindet sich das Rittergut erwiesener Massen bereits seit dem letzten Viertel des sechszehnten Jahrhunderts in dem Besitz des von Trützschlerischen Geschlechtes, dem auch die benachbarten Rittergüter Falkenstein, Mühlberg, Ellefeld und Lauterbach seit undenklichen Zeiten zugehörten.
Unter den Mitgliedern dieses Geschlechtes ging Dorfstadt theils durch Erbschaft, theils durch Kauf, oder auf sonstige Weise, aus einer Hand in die andere, ohne je in den Besitz einer anderen Familie zu kommen, und ist gegenwärtig in dem Besitz des Herzoglich Sächsischen Lieutenants a. D: Carl von Trützschler, dessen Bruder, dem Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaischen Geheimen-Rath a. D., das ebenfalls in diesem Hefte beschriebene Falkenstein gehört.
[79]
In dem Voigtländischen Kreise, im Amte Plauen, in einer waldigen Gebirgsgegend, die indess weit weniger rauh und unfruchtbar ist, als die der nahe gelegenen Städte Auerbach und Falkenstein, liegt das uralte Städtchen Treuen in einer angenehmen Lage.
in älteren Urkunden wird der Ort de Thor, Thorau, und Thurau genannt. Der erstere Name hat den Glauben erweckt, die Begründung der Stadt, oder wenigstens der Name derselben, rühre von den Deutschen her; die beiden anderen Namen deuten aber offenbar auf einen wendischen Ursprung. Ein früherer Mitbesitzer, Johannes Lupus von Herrmannsgrün, der unter den Gelehrten des Voigtlandes mehrfach genannt worden ist, hat sich sogar bemüht, seinem Gute ein noch grösseres Alterthum zu vindiciren. Er behauptete, einen Stein mit einer Inschrift gefunden zu haben, aus der er ableiten wollte, dass der Name von den Druiden herrührte; allein es lässt sich kaum bezweifeln, dass es nur Schwindelei oder Windmacherei von ihm war. Für unsere Annahme des wendischen Ursprungs spricht dagegen der Name Drewen (welcher nach dem Wendischen so viel als Wald-Ort oder Dorf bedeutet), unter welchem im Jahre 1329 Heinrich Vogt zu Plauen den Ort von König Ludwig als Reichslehen annahm. Unter dem Jahre 1723 wird er unter dem Namen Druchen als böhmisches Lehn bezeichnet. Später, 1544, wird er Trewen genannt, unter welchem Namen der Ritter Moritz von Feilitzsch, dessen Familie im Baireuthischen ansässig war, ihn erwarb.
Die Stadt Treuen zerfällt in Treuen obern Theils oder Schlosstheils und Treuen untern Theils; dieser hat indess ebenfalls ein Schloss. Der grössere Theil des Ortes gehört zu dem schriftsässigen Rittergute Treuen oberen Theils, welches seit einer langen Reihe von Jahren den Nachkommen jenes ersten Erwerbers aus der Familie von Feilitzsch gehört.
Treuen untern Theils, ebenfalls ein schriftsässiges Rittergut und lange Zeit hindurch vereint im Besitz der Familie von Feilitzsch, gehört gegenwärtig der Familie Adler, und ist es besonders dieser Theil, mit dem wir es hier zu thun haben.
Das Städtchen liegt drei Stunden ostnordöstlich von Plauen, am Treuenbache, an dem Verbindungspunkte desselben mit dem Lamnitzbache, der aus Nordosten, aus dem sogenannten Vogelwinkel, kommt. Die Entfernung Treuens ist südwestlich von Lengefeld 11/2 Stunde; von Auerbach 13/4 Stunde von Falkenstein 2 Stunden; südlich von Reichenbach, Mylau und Netzschkau 21/2 Stunde; südöstlich von Schreiersgrün und nördlich von den Perleshäusern oder Berglass in sehr geringer Entfernung, zwischen 1200 und 1300 Fuss über der Meeresfläche.
Gleich den meisten Ortschaften dieser Gegend hat seine Einwohnerzahl seit Anfang dieses Jahrhunderts bedeutend und rasch zugenommen. Im Jahre 1802 hatte es nur 216 Häuser; 1804 schon 272 mit 1500 Einwohnern und 1825 zählte es allein 480 Handwerksmeister, deren Familien über 1600 Menschen hatten. Diese bedeutende Vermehrung fand statt, ungeachtet Treuen im Jahre 1806 durch einen grossen Brand 76 Häuser verlor, wofür die Brandkasse 29,300 Thaler zahlen musste. Später wurde der Ort abermals durch einen bedeutenden Brand heimgesucht, der die Kirche und einen Theil des oberen Rittergutes einäscherte.
Die obere Mühle hat einen Waffenhammer, der früher unter Adlerschen Gerichten stand; diese sind indess nach der neueren Einrichtung an den Staat übergegangen.
Der Gasthof des Ortes ist unbedeutend, denn es führt keine Hauptstrasse durch Treuen, als die von Plauen nach Lengefeld, obgleich viele Strassen dahin auslaufen und deshalb die Frequenz ziemlich lebhaft ist.
In die Kirche, die unter die Inspection Plauen gehört, und über welche das obere Rittergut die Collatur hat, sind eine Menge meistens kleiner und zum Theil ziemlich entfernter Ortschaften eingepfarrt, und zwar: Altmannsgrün, Eich, Hartmannsgrün, Berglass, Buch, Mahnbrücke, Reimtengrün bei Auerbach (1 Stunde entfernt), Schreiersgrün, Unterlauterbach, Weissensand, Wolfpfütz und Wetzelsgrün. Dieser grossen Menge von Filialen ungeachtet hat der Ort nur einen Pfarrer und einen Schullehrer, der zugleich Cantor ist. [80] Vor der Reformation war der Schutzpatron der hiesigen Kirchfahrt der heilige Bartholomäus, dem man einen besonderen Schutz gegen Bären und Wölfe zuschrieb. Obgleich diese Thiere sich aus der Gegend gänzlich verloren haben, ist doch mit ihnen und der katholischen Religion nicht zugleich auch das Andenken an den Schutzheiligen erloschen, denn noch jetzt wird alljährlich an seinem Jahrestage hier das Kirchweihfest begangen und das Stättegeld der dabei aufgestellten Buden ist für die Kirche eine nicht zu verschmähende Einnahme.
In Treuen, sowie in dem benachbarten Lengefeld, welches damals Filial von Treuen war, fand die Reformation schon 1519 Eingang. Als letzter katholischer Pfarrer wird der Pastor Rosenfeld genannt, und als erster protestantischer Martin Gassar. Ob indess der Religionswechsel auf friedlichem oder kriegerischem Wege erfolgte, vermögen wir nicht anzugeben, und ebensowenig, wann die Trennung der Gemeinde Lengefeld von der hiesigen stattfand; indess noch bis zu der neuesten Zeit hatten dortige Häuser Pfarrzinsen nach Treuen zu zahlen.
Die Flur Treuens ist weit gedehnt, indess vielfältig getheilt und deshalb nicht so gross, als es ihrem Umfange nach scheinen sollte. Die Hauptnahrung der Einwohner besteht in Weberei, besonders von Musselin, Kattun und baumwollenen Hals - und Taschentüchern. Die Weberinnung zählt an dritthalbhundert Meister; indess ist auch das Böttcherhandwerk sehr stark vertreten. – Der Bergbau, der nach Leonhardi in früheren Zeiten von den Bewohnern Treuens getrieben wurde, ist schon längst gänzlich erloschen, so dass sich jetzt wohl schwerlich eine Spur davon finden dürfte.
Wie bereits erwähnt, machten die beiden Rittergüter in früheren Zeiten nur eins aus. Die von Hermannsgrün verkauften es gegen 1500 an den Reichsritter Jobst von Feilitzsch auf Kürbitz und Tobertitz, den treuen Begleiter Friedrichs des Weisen auf dem Kreuzzuge nach dem gelobten Lande, der 1511 starb. Dessen Sohn Moritz, ebenfalls Reichsritter, gehörte zu der nächsten Umgebung des Kurfürsten Moritz bei dessen Belehnung mit der Kurwürde, war aber dennoch der Hauptanstifter des Aufruhrs, der 1551 zu Hof gegen den Kurfürsten ausbrach. Dessen Enkel stifteten die Ober- und Unter-Treuensche Linie des Geschlechtes von Feilitzsch; die erstgenannte starb schon nach kurzer Zeit aus, und deren Besitzungen kamen an den Kirbitzer Zweig, bei welchem das Gut ungetrennt bis Anfang dieses Jahrhunderts blieb, wo Herr Adler den untern Theil erkaufte. Zu diesem Gute gehören ausser dem Antheil an der Stadt noch Antheile von Altmannsgrün und Schreiersgrün, so wie von den einzelnen Perleshäusern (Berglass) und Mahnbrück und die Reuthanhäuser. Der Sprengel zählt etwa 1500 Köpfe.
Noch ist zu erwähnen, dass Treuen untern Theils ebenso wie das obern Theils eine eigene nicht unbedeutende Schäferei besitzt, sowie dass Werksteinbrüche vorhanden sind, die sich bis in den ansehnlichen Wald hinein erstrecken, in dem der sogenannte Muttergottesstein liegt. Im Westen von Treuen erstreckt sich der Thosfeller und im Westen der Treuener Wald auf ziemlich bedeutende Ausdehnung.
Das Treuener Wasser, auch der Treuener Bach genannt, ist das stärkste Nebenwasser der Trieb; in diese ergiesst es sich eine halbe Stunde südwestlich von der Stadt entfernt. Die Quelle des Treuener Wassers bildet sich am Abhange des Falkensteiner Gebirgszuges in Neustädtel zwischen Treuen und Schöneck; dann fliesst der Bach nordwestlich nach Dorfstadt, Reimtengrün und Rebelgrün, darauf westlich an Schreiersgrün vorbei und erreicht so Treuen nach einem vierstündigen Laufe, auf welchem er in einem freundlichen Thale sechs oder sieben Mühlen, zwei Sägemühlen, einen Hammer und noch andre Triebwerke in Bewegung setzt; denn obgleich er nur wenig Zufluss hat, ist seine Triebkraft durch starkes Gefälle sehr bedeutend. In einer Urkunde von 1122 wird dies Wasser die Thurau genannt, und es ist daher als wahrscheinlich angenommen worden, dass dies auch der erste Name der Stadt Treuen gewesen sei. Eigenthümlich ist es, dass das Wasser zwischen der Rebelsgrüner und der Schreiersgrüner Mühle den Namen Eselsbach führt, der sich bis in die neueste Zeit erhalten hat, obgleich für den Ursprung desselben nicht einmal die Tradition einen Grund angiebt. Wahrscheinlich ist dieser darin zu suchen, dass in älteren Zeiten ein Esel, mag es nun ein vierbeiniger oder ein zweibeiniger gewesen sein, in dem Bache seinen Tod gefunden und ihn so getauft hat.
In den ältesten Zeiten bildete dieser Bach zum Theil die Grenze des Gaues Dobenau.
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