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Artikel „Ziegler, Jakob Christoph“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 180–182, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ziegler,_Jakob_Christoph&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 15:21 Uhr UTC)
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Ziegler: Jakob Christoph Z., schweizerischer Militär in fremdem und heimischem Dienste, geboren zu Zürich am 1. October 1768, † daselbst am 10. Februar 1859. Auf dem Landgute des Vaters, zu Neftenbach im unteren Tößthale, verlebte Z. mit einem jüngeren Bruder eine kräftigende Jugend, vom Anfang an gewillt, sich dem Militärberufe zu widmen. 1785 trat er zu Beziers in Languedoc als Cadett im Schweizerregiment von Steiner in französischen Kriegsdienst. In verschiedenen Garnisonen, zumal in Grenoble, erlebte er die Anfänge der französischen Revolution, durch welche die Existenz der fremden Truppen eine immer schwierigere wurde, bis er dann, in der Charge eines Unterlieutenants, noch kurz vor der allgemeinen Auflösung der Schweizer Regimenter infolge der August-Ereignisse von 1792, seinen Abschied nahm und am 23. Juli 1791 nach der Schweiz zurückreiste. Aber zugleich mit seinem Freunde Jak. Christoph Hirzel, der den gleichen Schritt gethan hatte, trat er 1792 in österreichischen Dienst, zumal infolge einer von Oberst v. Hotze (s. A. D. B. XIII, 201–209) empfangenen Empfehlung. Als Cadetten wurden sie zu Tournay in das Wallonenregiment von Württemberg aufgenommen und betheiligten sich vom Herbste des Jahres an an den Kämpfen des Coalitionskrieges in den Niederlanden. Da aber infolge des Rückzugs aus Flandern und der weiteren den Gang der Unternehmungen lähmenden Umstände von Avancement keine Rede war, verließ Z. 1793 diesen Dienst, während dessen Dauer er zum ersten Male den Krieg kennen gelernt hatte. In Zürich ließ sich Z. in das Stadtgericht wählen und in der Unterschreiberkanzlei beschäftigen; daneben wurde er Major im zürcherischen Jägercorps und nahm als solcher 1796 an der Grenzbesetzung zur Zeit des Moreau’schen Rückzuges Theil. Z. war selbstverständlich seiner ganzen Vergangenheit entsprechend nach der Staatsumwälzung von 1798 den neuen von Frankreich zwangsweise geschaffenen helvetischen Einrichtungen innerlich ganz abgeneigt, und diese seine Gesinnung zeigte er im Frühjahr 1799, als nach Ausbruch des neuen Coalitionskrieges die kaiserlichen Truppen den Rhein überschritten hatten, ganz unverhehlt. In Neftenbach, wo auch der größere Theil der Dorfbewohner gleich ihm dachte, wurde er, zwar gegen seinen anfänglichen Willen, selbst in den kriegerischen Gegensatz verwickelt. Nachdem man am 22. Mai bei Annäherung der kaiserlichen Vortruppen auf eigene Faust, empört über erlittene Mißhandlungen, gegen französische Soldaten die Waffen ergriffen hatte, erklärte Z., da seine Abwiegelungsversuche mißlangen, sich von den Bauern nicht trennen zu wollen; aber unter hin und her wogenden Kämpfen der folgenden Tage wurde am 25. nach der Wiedereinnahme Neftenbachs auch sein Haus mit anderen eingeäschert. Schon hatte sich die Nachricht verbreitet, Z. sei von den Franzosen gefangen genommen, eine andere, er sei erschossen worden. In der Umgebung Hotze’s betheiligte sich Z. am 4. Juni an den Gefechten an der Glatt – innerhalb der sogenannten ersten Schlacht bei Zürich –, und nach dem Vorrücken der kaiserlichen Truppen bis in die Limmatlinie trat er in das im englischen Solde stehende Schweizerregiment von Bachmann (siehe A. D. B. I, 754) im Rang eines Oberstwachtmeisters ein. Nach dem neuen Siege der Franzosen in der zweiten Schlacht bei Zürich mußte Z. gleichfalls die Schweiz räumen, und am 28. September erreichte er den Boden des Vorarlberg. Im Feldzuge des Jahres 1800 gelangte Z. besonders am 13. Juli bei Feldkirch zur Bethätigung, und im Spätherbst hatte er nach Beendigung des 45tägigen Waffenstillstandes das erste Bataillon seines Regimentes von Nauders am Inn empor in das Unterengadin zu führen, wo es im December trotz der winterlichen Beschaffenheit der Gegend zu mehreren Zusammenstößen kam. Aber nach dem Frieden von Luneville wurde das Regiment aufgelöst, und so kam Z. im August [181] 1801 aus Südsteiermark, wo er zuletzt sein Cantonnirungsquartier gehabt, wieder nach Zürich.

1802 fand Z. Gelegenheit, seiner Vaterstadt mit seiner kriegerischen Erfahrung zu dienen. Als Zürich nämlich im Herbst des Jahres der helvetischen Regierung den Gehorsam aufgesagt hatte und der General derselben, Andermatt, zur Execution gegen die Stadt vorging, war Z. mit seinem Freunde, dem Platzcommandanten Oberst Jakob Meyer, die Seele der Vertheidigungsanstalten in den Tagen des Bombardements vom 10. bis 13. September (s. A. D. B. I, 429, XXI, 569). In dem sich nach Andermatt’s Abzug sogleich anschließenden Feldzuge der altschweizerisch Gesinnten gegen die verächtlich gewordene helvetische Centralgewalt führte Z. als von der provisorischen Zürcher Regierung ernannter Oberstlieutenant das erste aus Freiwilligen bestehende Zürcher Bataillon nach der Westschweiz und nahm am 3. October am Gefecht bei Pfauen am Murtensee Antheil; aber die durch General Rapp angekündigte Mediation des ersten Consuls Bonaparte führte alsbald zur Entlassung der föderirten Truppen, zum vorübergehenden Wiedereinmarsch französischer Abtheilungen auch nach Zürich.

Nach Annahme der Mediationsverfassung wurde Z. sehr bald der ländlichen Zurückgezogenheit, in die er sich nach Neftenbach wieder begeben hatte, entzogen, erstlich durch die Wahl in den Großen Rath des hergestellten Kanton Zürich, dann durch Berufung in die eidgenössische Militärcommission; daneben hatte er an der neuen Militärorganisation des Kantons Zürich wesentlich mitzuwirken. Die einzige ernsthafte neue Störung der Ruhe der Schweiz innerhalb der Dauer der Mediationsverfassung war die durch allzu herrisches Vorgehen der Zürcher Regierung von oben und ungezügelte materielle Begehren, zum Theil anarchistisch gefärbte Gelüste von unten geweckte Insurrection im südlichen Kantonstheil vom Frühjahr 1804. Als Oberbefehlshaber des zusammenzubringenden eidgenössischen Truppencorps durch den alle Kraft zur Erhaltung der Ordnung aufbietenden Landammann der Schweiz, von Wattenwyl (s. A. D. B. XLI, 251), schon am 21. März ernannt, hatte Z. die Aufgabe, den Aufstand zu unterdrücken. Gegen seine Ansicht mußte Z. nach dem dringenden Begehren der vom Kleinen Rath bestellten Specialcommission schon am 28. in aller Frühe auf dem linken Seeufer vorrücken, während er weitere Verstärkung hatte abwarten wollen, und so endigte die Expedition, die in die Gegend von Horgen geführt hatte – bei Bocken oberhalb des Dorfes war ein Zusammenstoß geschehen – ohne Erfolg; allein die Insurrection sank in sich selbst zusammen, und der zweite am 3. April begonnene Ausmarsch begegnete keinem Widerstande mehr. Erfreulicherer Art waren die fruchtbaren Anstrengungen zur Hebung schweizerischer Wehrkraft, an denen Z., der seit 1805 auch Mitglied des zürcherischen Kleinen Rathes geworden war, nachhaltig sich betheiligte. Bei seinem eigenen Regimente suchte er den militärischen Geist zu stärken; 1805 und 1809 hatte er als Commandant aufgebotener Divisionen während der Kriege Napoleon’s gegen Oesterreich die Ostgrenze der Schweiz zu decken, und die gleiche Aufgabe harrte seiner seit September 1813, wobei er mit Festigkeit den Verlockungen des Barons Heinrich von Salis-Zizers, mit ihm bei der retrograden Umwälzung gemeinschaftliche Sache zu machen, wofür er morgen österreichischer Generalmajor sein werde, widerstand. Nach dem Uebertritt der fremden Armeen in die Schweiz hatte Z. als einer der Begleiter des Landammanns Reinhard (s. A. D. B. XXVIII, 39–43) im Januar 1814 die alliirten Monarchen in Basel zu begrüßen.

Gleich darauf entschloß sich Z., als mit der Restauration auch die Errichtung capitulirter Schweizerregimenter wieder in Kraft trat, eines der dem neu hergestellten Staate der vereinigten Niederlande gewährten Regimenter zu errichten, [182] und nach langwierigen Unterhandlungen im Haag und in Zürich gelangte die Angelegenheit zum Abschluß. Am 23. Februar 1815 begab sich Z. als Oberst und Inhaber aus Zürich nach Gorcum als dem Sammelplatze seines Regimentes, und während der Gefährdung der Niederlande in den hundert Tagen gehörte er der Besatzung der Festung Mastricht an. In Antwerpen, wo auch Ziegler’s Söhne als angehende Officiere im Regimente ihre Laufbahn antraten, hernach als Generalcommandant der Provinzen Lüttich und Namur hatte Z. seinen Wirkungskreis; Breda war Ziegler’s letzte Garnison, bis 1829 mit der Auflösung der Niederländer Regimenter überhaupt auch sein Dienst sein Ende nahm.

In der Heimath hatte Z. 1831 angesichts der Wirren im Kanton Basel mehrmals das Commando eines von der Tagsatzung mobilisirten Corps zu übernehmen, und auf Befehl der eidgenössischen Repräsentanten sprengte er am 18. September mit Gewalt die gegen Erlaubniß versammelte Sitzung der landschaftlichen Zunftausschüsse und der provisorischen Verwaltungscommission auf dem Rathhause zu Liestal. 1832 nahm er jedoch als eidgenössischer Oberst seinen Abschied. In heiterer, arbeitsfreudiger Muße verlebte „General“ Z., eine in Zürich wohlbekannte, allgemein geachtete Persönlichkeit, noch lange Jahre in privater Zurückgezogenheit in seinem stattlichen Patricierhause zum Pelikan am Thalacker in Zürich. Wie er schon 1806 der Gründung der schweizerischen Künstlergesellschaft in Zofingen beigewohnt hatte, wie er 1838 bis 1842 Präsident der zürcherischen Künstlergeselischaft war, so liebte er es zu zeichnen und zu malen, und noch 1856 gelang ihm ein hübsches Landschaftsbild. Ein schöner Greis, dem die militärische Haltung bis in die letzten Jahre eigen blieb, liebenswürdig, von feinem Humor, originell in seinem Auftreten, von bewundernswerther geistiger Frische, so erreichte Z. als ältester Bürger Zürichs ein Alter von über neunzig Jahren.

Von Ziegler’s überlebenden Söhnen war der ältere, Hans, nach dem Rücktritt als Major aus dem Militär, gleichfalls ein geschickter Landschaftsmaler – von ihm ist das duftige Bild, das in der „Denkschrift zur fünfzigjährigen Stiftungsfeier der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich“ 1882 reproducirt wurde –, daneben durch große im Stillen geübte Wohlthätigkeit und religiösen Sinn ausgezeichnet. Er starb im Alter von über 83 Jahren am am 23. März 1882. Der jüngere Sohn ist Paul Karl Eduard (s. u. S. 187).

Vgl. die Neujahrsblätter der Feuerwerker-Gesellschaft in Zürich von 1884 und 1885: „Erinnerungen aus dem Leben des General-Majors J. Chr. Ziegler, von ihm selbst erzählt und von Oberstl. David Nüscheler geordnet und aufgezeichnet“ (bis 1832 reichend).