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Artikel „Zeisberger, David“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 1–2, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zeisberger,_David&oldid=- (Version vom 11. Oktober 2024, 12:10 Uhr UTC)
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Zeisberger: David Z., Missionar der Brüdergemeinde in Nordamerika und Sprachforscher, geboren zu Zauchtenthal in Mähren am 11. April 1720 (nach Einigen 1721), erzogen zu Herrnhut, wohin seine nicht unvermögenden Eltern mit anderen Mährern wegen religiöser Verfolgungen 1726 ausgewandert waren. Als kurz darauf Zeisberger’s Eltern sich einer Brüderschar anschlossen, die nach Georgia in Nordamerika auswanderte, übergaben sie den Knaben der Gemeinde zur Erziehung. Dieser bewies frühe gute Gaben, besonders ein hervorragendes Sprachtalent, sodaß Zinzendorf ihn 1736 mit nach Holland nahm, wo er an der Gründung der Gemeinde Herrendyk mitarbeitete. Er floh kurz darauf zusammen mit dem Bruder Schober nach Amerika, wahrscheinlich 1738, wo er zuerst in Georgien, später in Bethlehem bei seinen Eltern lebte, seit 1740 unter den Kriek Georgiens predigte und in Kürze die Sprachen der Mohikaner und Irokesen erlernte. 1743 trat er in die Missionsthätigkeit ein und machte mit Post zuerst eine Reise zu den Irokesen, auf der er des Landesverraths verdächtigt und zu New-York in den Kerker geworfen ward, in dem er sieben Wochen zubrachte. Im gleichen Jahre machte er eine neue Reise mit Spangenberg, Weißer und Schebosch nach Onondaga zum Großen Rath der Irokesen, um die viel angefeindete Missionsansiedelung Schekomeko in das Gebiet dieses Stammes an den Susquehanna zu verlegen. Z. arbeitete mit an der Gründung der neuen Stationen Friedenshütten und Gnadenhütten. 1748 finden wir Z. in der Mission in Schomokin. Von da bis 1755 finden wir ihn an verschiedenen Orten, 1776 in Muskingum, 1785 in Detroit, 1801 in Wabasch. Im J. 1808 starb er auf der Missionsstation Gosen im Delawarenland, von Weißen und Indianern gleich verehrt. Z. hat in einer 65jährigen Missionsthätigkeit eine große Anzahl von Indianern unterrichtet und bekehrt. Ebenso groß ist aber seine Wirksamkeit als Forscher auf dem Gebiet der nordamerikanischen Indianersprachen und als Schriftsteller für die Indianer, unter denen er lebte. Auch an diese Thätigkeit muß man denken, wenn man ihm den Ehrennamen „Apostel der Indianer“ beilegt. Er begann seine litterarische Thätigkeit 1776 mit der Herausgabe eines „Essay of a Delaware-Indian and English Spellingbook“, das für die christlichen Indianer am Muskingum bestimmt war und 1806 in sehr vermehrter Gestalt neu aufgelegt wurde. Er veröffentlichte später eine Grammatik und ein Wörterbuch der Onondagasprache, geistliche Lieder und Kinderpredigten (beide 1803) in der Sprache der Delawaren. Nach seinem Tode wurde 1823 seine Uebersetzung von Lieberkühn’s Evangelienharmonie in die Sprache der Delawaren und 1827 seine Grammatik der Delawarensprache („Grammar of the Language of the Lenni Lehnape or Delaware Indians“) herausgegeben. Das letztere Werk ist von Duponceau aus dem Deutschen übersetzt, enthält aber nicht die ganze [2] Grammatik, deren deutsche Handschrift in der Brüderbibliothek zu Bethelehem aufbewahrt wird. 1887 gab Eben N. Horsford in Cambridge Mass. ein großes deutsch-englisches Wörterbuch der Onondaga- und Delawarensprache heraus, dessen Manuscript in der Bibliothek von Harvard College aufbewahrt wird. Handschriften dreier Grammatiken der Onondagasprache, zwei in Deutsch und eine in Englisch, werden auf der Bibliothek der American Philosophical Society in Philadelphia aufbewahrt. Von einer veröffentlichten Onondaga-Grammatik mit Wörterbuch, die Wurzbach ohne Jahreszahl anführt, habe ich nichts erfahren können. Z. hatte so wenig wie Heckewelder (s. diesen) den Ehrgeiz, ein Sprachgelehrter zu sein. Alle seine Werke sollten der Mission dienen. Daß er in ihnen zugleich unvergängliche Denkmäler hinsterbenden Völkern errichtete, ahnte er nicht, als er sie unter den größten Schwierigkeiten niederschrieb.

Biographische Notizen geben Duponceau und Horsford in ihren Ausgaben. – Die kurze Lebensskizze bei Wurzbach, Bd. LIX ist nicht genau. – Eingehend ist die Lebensschilderung in David Zeisberger, Der Apostel der Indianer in Nordamerika. Basel 1865.