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Artikel „Zöpfl, Heinrich“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 432–434, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Z%C3%B6pfl,_Heinrich&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 19:15 Uhr UTC)
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Zöpfl: Heinrich Z., Staatsrechtslehrer und Germanist, geboren am 8. April 1807 zu Bamberg, † am 4. Juli 1877 zu Heidelberg. Mit hervorragenden Anlagen begabt und von großem Fleiße beseelt legte Z. die Vorstudien in seiner Vaterstadt zurück, studirte die Rechtswissenschaft an der Universität Würzburg und habilitirte sich im J. 1828 zu Heidelberg als Privatdocent der Rechte. Dieser Universität war seitdem bis zum Tode seine mit großem Erfolge verknüpfte akademische Thätigkeit gewidmet. Im J. 1839 zum außerordentlichen Professor, 1842 zum ordentlichen Professor des Staatsrechts ernannt bekleidete er öfter das Amt eines Decans der Facultät und auch das des Prorectors. Die Universität sandte ihn 1850 als ihren Vertreter in die 1. Kammer der Landstände, von wo aus er auch als Mitglied des Erfurter Staatenhauses abgeordnet wurde. Seitdem hat er keine weitere nach außen auftretende unmittelbare politische Thätigkeit entfaltet. Der Schwerpunkt seiner akademischen Thätigkeit lag in der Vorlesung über Staatsrecht, welche von großem Erfolge gekrönt war. In ihr herrschte bei ihm, wie bei anderen Heidelberger Professoren jener Zeit, vielfach der Ton, wo es immer möglich war, Bemerkungen anzubringen, welche augenblicklich manches jugendliche Ohr fesseln, für die moralische Durchbildung aber nichts taugen, weil der Cynismus nicht zur Achtung, sondern nur zum Lachen lockt. Den litterarisch ersten Preis unter seinen Schriften verdienen die „Grundsätze des allgemeinen und deutschen Staatsrechts“ (Heidelberg 1839, 1841, 1844, 1846), welche in 4. Auflage „mit besonderer Rücksicht auf die neuesten Zeitverhältnisse“ (1855 fg.) und in 5. Aufl. (1863) in 2 Bänden gänzlich umgearbeitet sind. Die Grundsätze geben, wie schon R. v. Mohl hervorgehoben hat (Gesch. u. Litter. d. Staatswissensch. II, 264, 267), die beste Darstellung des deutschen Bundesrechts auf Grund aller, auch der bis dahin geheim gehaltenen und der neuesten Quellen. Ebenso ist die sonstige Darstellung sachlich vortrefflich und durchaus genügend, für den, welcher das zur Zeit des alten Bundestags geltende Staatsrecht genau kennen lernen will, das beste Buch. Sein Standpunkt war im Laufe der Zeit ein wesentlich anderer geworden. In der Schrift „Constitutionelle Monarchie und Volkssouveränetät“ (Frankf. 1848) bricht er eine Lanze für ein Staatswesen, das sich von der Republik nur durch den monarchischen Träger unterscheidet, in den letzten Auflagen der „Grundsätze“ tritt er auf als begeisterter Anhänger des Bundesrechts und findet in diesem Alles gegeben, was zur Erhaltung und vollen Ausbildung des rechten Staatswesens dienlich und genügend ist. Auf diesen Wechsel in den Anschauungen hat den maßgebendsten Einfluß geübt J. J. B. v. Linde (s. A. D. B. XVIII, 665 ff.). Vor mir liegen zahlreiche Briefe Zöpfl’s an Linde, welche beweisen, daß er von letzterem auch das sonst nicht zugängliche bundesrechtliche Material erhielt, in vielen Dingen um Rath gefragt und zur Abgabe von Gutachten vorgeschlagen [433] und veranlaßt wurde, z. B. bezüglich des Bundesgerichts und der Frage: ob es jedem Fürsten zustehe, sich durch irgend einen anderen Gesandten vertreten zu lassen. Verschiedene der anzuführenden Schriften sind Gutachten bezw. Ausführungen erstatteter Gutachten. Z. galt als der conservativste und vorzugsweise katholische Staatsrechtslehrer. Er hat auch dem letzten König von Hannover nach dessen Entthronung ein Gutachten erstattet, wie ich von ihm selbst weiß. In den kirchenpolitischen Streitigkeiten, welche nach dem Jahre 1850 in Baden entbrannten, hat Z. keinerlei nach außen auftretende Stellung eingenommen. Persönlich stand er mit seiner Anschauung nicht auf dem clerikalen oder ultramontanen Standpunkte. Als das Vaticanische Concil zu der Verkündung der päpstlichen Allgewalt und Unfehlbarkeit geführt hatte, suchte ich ihn in Marienbad, wo wir im August 1870 beisammen waren, zu bewegen, zur Conferenz in Nürnberg zu gehen, er lehnte es ab mit der drastischen seinen Standpunkt kennzeichnenden Aeußerung: „Man hat in den Sack schon so manches gesteckt, man kann auch ein neues Dogma dazu thun“. Er hat sich denn auch in keinerlei Weise gegen oder für die Neuerung betheiligt, sondern geschwiegen. – Schriften außer den genannten: „Vergleichung der römischen Tutel und Cura mit der heutigen Vormundschaft über Unmündige und Minderjährige“ (Bamberg u. Aschaffenburg 1828), Umarbeitung der lateinischen Schrift; „Die Regierungsvormundschaft im Verhältniß zur Landesvertretung“ (1830), worin mit Rücksicht auf die Zustände in Braunschweig die Frage behandelt und bejaht wird, ob der Vormund eines minderjährigen Fürsten die Landesverfassung mit Zustimmung der Landstände ändern könne; „Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte“ (1836, 4. Aufl. 1871 fg., 2 Bde.), ein Werk, das namentlich in einer Reihe von Einzeluntersuchungen sehr verdienstlich ist, aber besonderes Gewicht legt auf philologische und antiquarische Dinge, die vielfach nicht stichhaltig sind; „Das alte Bamberger Recht als Quelle der Carolina“ (1839); „Die peinliche Halsgerichtsordnung K. Karl’s V. nebst der Bamberger und der Brandenburger Halsgerichtsordnung“ (1841, 2. Ausg. 1876, 3. 1883); „Die spanische Successionsfrage“ u. s. w. (1839); „Bundesreform, deutsch. Parl. und Bundesgericht“ (1848); „Deutsche Union und deutsches Reich. Entwurf einer allgemeinen Reichsverfassung mit Inbegriff der deutschen Union“ (Erfurt 1850), vertritt den sogen. großdeutschen, österreichisch-conservativen Standpunkt; „Die Demokratie in Deutschland. Ein Beitrag zur wissenschaftlichen Würdigung von G. G. Gervinus’ Einl. in die Gesch. des 19. Jahrh.“ (1853); „Ueber Mißheirathen in den deutschen regierenden Fürstenhäusern überhaupt und in dem Oldenburgischen Gesammthause insbesondere“ (1853); „Ueber hohen Adel und Ebenbürtigkeit“ (1853), Z. vertritt den liberaleren Standpunkt; „Alterthümer des deutschen Reichs und Rechts“ (1860 fg., 3 Bde.), behandelt die Dinghöfe als Ausgangspunkt der Landesherrlichkeit und die Wiege des deutschen Herrenstandes; „Die Bildung der ehemaligen geistlichen Fürstenthümer mit vorzugsweiser Rücksicht auf die Allodialität und Feudalität im allgemeinen und mit bes. Hinweisung auf das Hochstift Würzburg und Mainz“, „Die Rulands-Säule“ und hat neben der Behandlung von Antiquitäten den nicht offen hingestellten Zweck des Eintretens für einzelne mit geistlichem Gute entschädigte ehemalige Reichsstände gegenüber der Absicht die dem Kaiser und Reich zustehenden Lehenrechte auf diese Güter geltend zu machen; „Die neuesten Angriffe auf die staatsrechtliche Stellung der deutschen Standesherren“ (1867) tritt ein für den Hz. Friedrich von Sonderburg-Augustenburg und ist gleich der Schrift „Staatsrechtliche Bemerkungen über den Art. 1 des Württembergischen Gesetzentwurfs über die Leistung der Kriegsdienstpflicht bezw. die beabsichtigte Aufhebung der [434] Freiheit der Mitglieder landesherrlicher Häuser von der Militärdienstpflicht“ (1867), einem „Rechtsgutachten“ zu Gunsten der Wiederherstellung der Rechte der alten Landschaften in Hannover u. a. geschrieben aus Auftrag der Betheiligten. – „Die Ewa Chamovorum“ (1857); Ausgabe von „Clement, Forschungen über das Recht der salischen Franken“ (1876). Nach seinem Tode erschien: „Grundriß zu Vorlesungen über Rechtsphilosophie“ (1878).