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Artikel „Wurm, Johann Friedrich“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 333–334, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wurm,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 18:14 Uhr UTC)
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Wurm: Johann Friedrich W., Astronom, geboren am 19. Januar 1760 zu Nürtingen, † am 23. April 1833 zu Stuttgart. Die Jugend Wurm’s, dessen Mutter fast unmittelbar nach seiner Geburt verstarb, war keine leichte, aber von seinem Vater, einem jener tüchtigen Präceptoren, deren Württemberg stets eine stattliche Anzahl aufwies, erhielt er eine tüchtige Bildung in den classischen Sprachen. Trotz schwächlicher Leibesbeschaffenheit wurde er 1774 in das Seminar zu Denkendorf, 1776 in dasjenige zu Maulbronn aufgenommen, und 1778 trat er als Candidat der Theologie in das Stift zu Tübingen ein. 1783 bestand er das Examen und wurde nun an verschiedenen Orten als Vicar verwendet. Von 1788–1797 wirkte er als Präceptor an derselben Lateinschule zu Nürtingen, an welcher auch sein Vater thätig gewesen war, und nachdem er hierauf kurze Zeit den Pfarrdienst in Grübingen versehen hatte, wurde er 1800 als Professor der beiden alten Sprachen und der Mathematik am Gymnasium zu Blaubeuren, 1807 in gleicher Eigenschaft am Obergymnasium zu Stuttgart angestellt, ging aber 1824, eines Augenübels wegen, in Pension. Als Lehrer, wie auch vorher als Kanzelredner, soll er treffliches geleistet haben.

Zur Anstellung eigener Beobachtungen hatte W. zeitlebens wenig Gelegenheit, aber desto eifriger bethätigte er sich in astronomischen Berechnungen, und im Berliner Jahrbuche wie in den astronomischen Zeitschriften v. Zach’s, v. Lindenau’s und Schumacher’s tritt sein Name dem Leser ungemein häufig entgegen. Seine Längenbestimmungen zumal wurden von den Geographen als besonders exact geschätzt. Ein besonderes Studium wendete er den damals noch weniger beachteten veränderlichen Sternen zu, deren Periodicitätsverhältnisse er mit hingebendem Fleiße aufklärte; ferner beschäftigten ihn Parallaxenberechnung, Bestimmung von Planetenmassen und Planetendurchmessern, photometrische und chronologische Untersuchungen. So setzte er klar und übersichtlich (in Hindenburg’s „Archiv der reinen und angewandten Mathematik“, 2. Band) die Grundlagen des neuen Kalenders der französischen Republik auseinander. Er war auch der erste, der unser Wissen vom Lichtwechsel der Fixsterne systematisch (in Ersch und Gruber’s Encyklopädie) darzustellen versuchte. Als selbständige astronomische Schriften sind die folgenden anzuführen: „Geschichte des neuen Planeten Uranus“ (Gotha 1791); „Praktische Anleitung zur Parallaxenberechnung“ (Tübingen 1804). Auch sah sich W. durch seine sprachlichen Kenntnisse zu sehr nützlichen geschichtlichen Arbeiten befähigt: „Beiträge zur Astronomie der Araber“ (Monatl. Corresp. zur Beförd. d. Erd- u. Himmelskunde, 1811); „De ponderum, nummorum, mensurarum ac de anni ordinandi rationibus apud Romanos et Graecos“ (Stuttgart 1820). Niemals konnte W. den Theologen ganz verleugnen. So versuchte er in einer in Bengel’s theologischem Archive abgedruckten Abhandlung das Geburts- und Todesjahr des Heilandes auf astronomischem Wege genauer zu ermitteln, und späterhin behandelte er das etwas phantastische Lehrgebäude jenes Theologen in besonderen Monographien („J. A. Bengel’s Cyclus oder der astronomische Theil von dessen apokalyptischem Systeme gemeinverständlich dargestellt“, Stuttgart 1831; „Ueber die Beweisgründe für Bengel’s apokalyptische Zeitrechnung“, ebenda 1832).

[334] Neuer Nekrolog der Deutschen, XI, 1. Theil, Weimar 1835, S. 306 ff. – Poggendorff, Biographisch-litterarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften, 2. Band, Leipzig 1863, Sp. 1375 ff.