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Artikel „Wilmowski, Gustav von“ von Friedrich Stein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 96, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilmowski,_Gustav_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 01:38 Uhr UTC)
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Wilmowski: Gustav von W., Rechtsanwalt und juristischer Schriftsteller, wurde am 17. August 1818 in Paderborn als Sohn des Oberlandesgerichtsrathes Wilhelm v. W. geboren, studirte in Bonn und Berlin, trat 1838 in den Justizdienst, war von 1844–1849 Obergerichtsassessor in Wollstein und wurde 1849 Rechtsanwalt in Schlawe, wo er, nachdem Bismarck Varzin erworben hatte, dessen Generalbevollmächtigter war und ihm auch persönlich näher treten durfte (Meine Erinnerungen an Bismarck. Herausgegeben von Marcell v. W.“, Breslau 1900). Von 1869–1872 war er Rechtsanwalt in Breslau, dann in Berlin; erst am Stadtgericht, von 1879 bis 1883 am Landgericht I, von da bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amte im Jahre 1891 am Kammergericht. Er starb am 28. December 1896.

W. war nach Veranlagung und Bethätigung juristischer Praktiker; der „Theorie“ stand er, wie die meisten landrechtlichen Juristen, kühl und fremd gegenüber. Aber er war ein Praktiker von hervorragend scharfem Blicke für die Bedürfnisse des Rechtslebens und von seinem Verständniß für die Gedanken des Gesetzes. Mit instinctiver Treffsicherheit entdeckte und löste er die Probleme des praktischen Lebens. Dabei war es ihm inneres Bedürfniß, das Recht, das er anwandte, in sicherem Besitze zu haben. Das bezeugen seine Studien „Lübisches Recht in Pommern“, Berlin 1867, und „Beiträge zum pommerschen Lehnrecht“, Berlin 1870, die den Niederschlag seiner Erfahrungen auf litterarisch brachliegenden Gebieten bilden.

Sein besonderes Interesse galt stets dem gerichtlichen Verfahren, und in der Zeit, in der die deutsche Gerichtsorganisation und Proceßgesetzgebung geschaffen wurde, betheiligte er sich an der Vorbereitung dieses großen Werkes durch zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften und durch Berichte für den preußischen Anwaltstag und den Deutschen Juristentag, dem er lange Jahre in hervorragender Stellung angehörte. Seine scharfsinnige und doch maßvolle Kritik des norddeutschen Entwurfes der Civilproceßordnung (Zeitschr. f. Gesetzgebung und Rechtspflege in Preußen, Bd. IV) trug ihm die Berufung in die Bundesrathscommission zur Vorbereitung einer Deutschen Civilproceßordnung ein (1871–1872). Aus dieser Thätigkeit entsprangen die beiden Werke, die vor allem seinen Ruhm begründen und die Vorzüge seiner Arbeitsweise zeigen, der ausgezeichnete, in Gemeinschaft mit M. Levy bearbeitete „Commentar zur Civilproceßordnung“ (2 Bde., Berlin 1877; 7. Aufl. 1896), der bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die altpreußische Praxis vorwiegend beherrschte, seither aber leider nicht neu bearbeitet ist, sowie sein „Commentar zur Concursordnung“ (Berlin 1878; 5. Aufl. 1896), den nach seinem Tode Kurlbaum und Kühne weiterführen.

Dem Anwaltsstande, dem er ein Vorbild pflichtgetreuer und wahrhaft vornehmer Amtsführung war, diente er auch litterarisch mit Kraft und Wärme. Seiner gemäßigt liberalen Grundanschauung entsprechend von jeher ein Vorkämpfer der freien Advocatur (s. Preuß. Anwalts-Zeitung 1862 u. ff.), trat er noch in den letzten Jahren energisch und erfolgreich gegen die Versuche auf, diese Einrichtung zu beschränken („Die geplante Beschränkung der freien Advokatur“, Berlin 1894; „Zur Organisation des Anwaltsstandes“, Zeitschr. f. Civilproceß Bd. 20, S. 199).

Die Ehrenpromotion durch die Berliner Juristenfacultät (28. September 1888) legt Zeugniß dafür ab, daß nicht nur die amtlichen Stellen und nicht nur seine engeren Fachgenossen die Vorzüge seines Geistes und seines Charakters zu schätzen wußten.

Nachrufe von Jacobi in der Deutschen Juristen-Ztg. II, 34 f; und von Dr. J. L. in d. Illustr. Ztg. 1897, S. 77.