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Artikel „Willing, Johannes“ von Theodor Julius Ney in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 289–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Willing,_Johannes&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:02 Uhr UTC)
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Willing: Johannes W., reformirter Theologe, geboren 1525, † am 10. Juli 1572. Von seinen in Ravensburg lebenden Eltern zum Priester bestimmt, erhielt er in Waldsee, wo er auch seine Vorbildung empfangen hatte, schon im September 1545 mit Altersdispens die Priesterweihe, entschloß sich aber nach einem Jahre, sich auf das Amt eines evangelischen Geistlichen vorzubereiten und wandte sich nach Zürich, wo sich Bullinger seiner annahm. Von hier sandte ihn der Rath seiner Vaterstadt zur Fortsetzung seiner Studien nach Wittenberg, doch kehrte er schon um Pfingsten 1548 nach Ravensburg zurück. Eine ihm von dem Rathe angetragene Predigerstelle schlug W. aus, weil er sich dem von Ravensburg angenommenen Interim nicht unterwerfen wollte, ging, von allen Mitteln entblößt, wieder nach Zürich, dann nach Bern, Basel und Straßburg, wo ihn ein Ravensburger Landsmann, Pfarrer Johann Lenglin, nicht nur gastfreundlich aufnahm, sondern auch dem Grafen Philipp von Hanau zur Verleihung der Pfarrei in Pfaffenhofen empfahl. Hier wirkte er mehrere Jahre in evangelischem Geiste, bis ihn im Juni 1552 der Ravensburger Rath als Pfarrer in seine Vaterstadt berief. Obwol sich W. stets dagegen verwahrte, daß er ein Zwinglianer sei, und immer erklärte, er bekenne sich zu der Augsburger Confession in ihrem rechten Verstande, wurde er hier bald des Zwinglianismus beschuldigt und im November 1554 entlassen. Im Prättigau in Graubünden fand W. ein neues Amt, kam von da im Juni 1556 nach Reutte bei Ulm und 1559 nach Ulm selbst. Auch hier gelangte aber um diese Zeit das strenge Lutherthum zur Herrschaft und W. mußte nach zwei Jahren weichen, weil er es ablehnte, die Schweizer zu verdammen. Nun fand er in der Pfalz, wo sich Kurfürst Friedrich III. in dieser Zeit dem Calvinismus anschloß, eine Zuflucht und bald als Hofprediger und Mitglied des Kirchenrathes eine ehrenvolle und einflußreiche Stellung. Als solcher begleitete er im April 1566 Friedrich III. zu dem Reichstage nach Augsburg und veröffentlichte die dort von ihm gehaltenen Predigten, wegen deren Inhalt man nicht bloß ihn, sondern auch den Kurfürsten schwer angriff (vgl. Kluckhohn, Briefe Friedrich’s des Frommen I, 651, 653 und 655), 1567 zu Heidelberg im Drucke. Auch als Kurfürst Friedrich im November 1566 nach Amberg ging und den mißglückten Versuch machte, in der Oberpfalz seine reformirten Anschauungen zur Geltung zu bringen, hatte er neben Olevian auch W. als theologischen Berather und als Prediger bei sich. Als sich W. jedoch 1569 bei dem Streite über die Kirchenzucht auf die Seite der Gegner derselben stellte, büßte er Friedrich’s Vertrauen ein, gab seine Stellung als Hofprediger auf und ging als Pfarrer nach Bretten. Doch hielt Pfalzgraf Joh. Casimir auch ferner noch große Stücke auf W. und zog ihn 1571 an seinen Hof nach Kaiserslautern. Als bald darauf Kurfürst Friedrich III. die seinem Patronate unterstehende Egidienpfarrei in Speier mit einem evangelischen Pfarrer besetzen wollte, übertrug er sie W., welcher im April 1572 dort aufzog, aber schon wenige Monate darnach mit Hinterlassung einer Wittwe und mehrerer unmündiger Kinder starb. Als Theologe wenig bedeutend, ist W. doch wegen seiner zeitweise hervorragenden Betheiligung an den kirchlichen Kämpfen bemerkenswerth.

Vgl. außer den bekannten Werken zur pfälzischen Kirchengeschichte besonders die erwähnten Predigten Willing’s auf dem Augsburger Reichstage, [290] in denen er S. 185 ff. seinen Lebensgang eingehend schildert. Auch einige archivalische Notizen sind verwerthet.