ADB:Wickenburg-Almasy, Wilhelmine Gräfin von

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Artikel „Wickenburg-Almásy, Wilhelmine Gräfin“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 326–327, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wickenburg-Almasy,_Wilhelmine_Gr%C3%A4fin_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 07:16 Uhr UTC)
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Band 42 (1897), S. 326–327 (Quelle).
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Wickenburg: Wilhelmine Gräfin W.-Almásy, hervorragende deutsch-österreichische Dichterin, wurde als die Tochter des damaligen Präsidenten der ungarischen Hofkammer und Geheimrathes Moritz Grafen v. Almásy zu Ofen am 8. April 1845 geboren und erhielt in ihrem Vaterhause die dem vornehmen Range der Eltern entsprechende sorgfältige Erziehung. Als Graf Almásy 1855 an einen höheren Posten nach Wien berufen wurde, erschien diese Ausbildung seiner Tochter in der österreichischen Residenz fortgesetzt und mannigfaltiger litterarischer und künstlerischer Verkehr im Hause regte die schon frühzeitig poetische Begabung aufweisende junge Dame zu verschiedenen dichterischen Versuchen an, welche die Aufmerksamkeit der mit ihr bekannten dramatischen Künstlerin Julie Rettich und des berühmten Poeten Friedrich Halm erweckten, wodurch bewirkt wurde, daß eine vorläufig nur als Handschrift gedruckte Sammlung von Dichtungen der Gräfin erschien. Albrecht Graf Wickenburg, der selbst als feinsinniger Poet und Uebersetzer fremder Poesieen aufgetreten war und heute als solcher eine vornehme Stelle einnimmt, wurde von den bald weiter hinaus bekannt gewordenen Dichtungen der Dame so sehr gefesselt, daß er deren nähere Bekanntschaft suchte und sich im J. 1867 mit derselben vermählte. Seitdem lebte das gräfliche Dichterpaar glücklich zumeist in Wien oder auf Reisen. Von inzwischen entstandenen dramatischen Gedichten der Gräfin W. wurden mehrere in Wien und an anderen Bühnen beifällig zur Darstellung gebracht, namentlich das hübsche dramatische Gedicht „Ein Abenteuer des Dauphin“ 1882 am Wiener Burgtheater. Bald darauf stellte sich ein körperliches Leiden ein, welches mehrfachen längeren Aufenthalt in Gries bei Bozen zur Folge hatte. Noch wäre zu bemerken, daß die Gräfin auch auf dem Gebiete des Gesanges sich eine wahre Meisterschaft aneignete. Leider sollte die Ehe des kunstbegabten edlen Paares vom unerbittlichen Tode nur zu bald getrennt werden, denn das Leiden der kranken Poetin konnte nicht mehr geheilt werden, sie starb am 22. Januar 1890 in Gries zum namenlosen Schmerze ihres sie verehrenden Gatten. Dieser selbst, einem edlen steirischen Adelsgeschlechte entstammend, hatte sich nach vollendetem juridischen dem Staatsdienste gewidmet, diesen aber schon 1863 verlassen und ganz seinen poetischen Bestrebungen gelebt, er weilt nun nach dem Tode der geliebten Gattin zurückgezogen in Bozen.

Nachdem von der Gräfin Wickenburg-Almásy die ersterwähnte als Handschrift gedruckte Ausgabe der Gedichte herausgegeben worden war, erschien bald darauf die Sammlung vermehrt auch im Buchhandel in 3. Auflage 1882 zu Wien. Außerdem ist von ihren poetischen Werken zu erwähnen: „Neue Gedichte“ (1869); „Erlebtes und Erdachtes. Gedichte“ (1873); „Emanuel d’Astorga. Erzähl. Gedicht“ (1872); „Der Graf von Remplin. Erzählung in Versen“ (1874); „Marina. Erzähl. Gedicht“ (1875) und die mit ihrem Gatten zusammen verfaßte Nachdichtung aus dem Englischen des Michael Drayton: „Nymphidia“. 1890 hat Albrecht Graf W. „Letzte Gedichte“ aus dem Nachlasse der verewigten Gattin herausgegeben. Außer dem schon angeführten Lustspiele sei auch das dramatische Gedicht „Radegundis“ (1880) hier verzeichnet.

Alle Dichtungen der Gräfin W.-A. zeichnen sich durch eine edle Sprache und hohen poetischen Schwung aus, die lyrischen Stücke weisen besondere Vollendung und edle Gedanken auf, in allen aber tritt zugleich die Feinsinnigkeit der edlen Frauenseele zu Tage. Als im J. 1886 ihr „Mahnruf an die Deutschen in Oesterreich“ erschien, bewies dieses schwungvolle Poem, wie echt deutsches Fühlen und Denken die Gräfin beherrsche, die herrliche Dichtung machte in und außer Oesterreich ungewöhnliches Aufsehen. Die erzählenden Dichtungen zeigen eine vortreffliche Wahl des Stoffes und geschickte dichterische Behandlung desselben, sie sind reich an poesievollen Einzelheiten und können den [327] besten epischen Stücken ihrer Zeit zur Seite gestellt werden. Jedenfalls nimmt Gräfin W.-A. nicht nur unter den österreichischen, sondern auch unter den deutschen Dichterinnen der Neuzeit einen hervorragenden Rang ein.

Wurzbach, Biograph. Lexikon d. Kaiserth. Oesterreich. XLV. Bd. (1887). – Brümmer, Lexikon d. deutsch. Dicht. u. Prosaisten des 19. Jahrh. 4. Aufl. (1896), 4. Bd. – Illustrirte Zeitung (Leipzig) 1886, Nr. 2236. – Weitere Angaben von Quellen bei Wurzbach.