ADB:Weyse, Christoph Ernst Friedrich

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Artikel „Weyse, Christoph Ernst Friedrich“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 289–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weyse,_Christoph_Ernst_Friedrich&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 14:28 Uhr UTC)
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Weyse: Christoph Ernst Friedrich W., ein Componist und Musiktheoretiker, geboren am 5. März 1774 zu Altona, † vom 7. zum 8. October 1842 zu Kopenhagen. Sein Vater, ein Kaufmann, starb früh, die Mutter, eine geborene Heuser, war musikalisch begabt und pflanzte wohl dem Sohne die Liebe und Begabung zur Musik ein. Sie verheirathete sich bald darauf wieder und W. schien Vater und Mutter verloren zu haben, bis sich der Großvater Heuser seiner annahm und ihn in Musik und den Schulwissenschaften unterrichten ließ. Er machte als Clavierspieler bedeutende Fortschritte und auch als Componist zeigte er ein leichtes Erfindungstalent. Als 1789 seine Mutter starb, sollte er das väterliche Haus verlassen und sich einen Beruf wählen. Durch Vermittelung des bekannten Prof. K. F. Cramer in Kiel wurde W. an den Capellmeister Joh. Abrah. Peter Schulz in Kopenhagen (s. A. D. B. XXXIV, 744) empfohlen. Am 30. October 1789 langte er in Kopenhagen an und wurde von Schulz freundlich empfangen; als Schulz die Mittellosigkeit des musikalisch so reichbegabten Knaben erkannte, nahm er ihn sogar in sein Haus auf und sorgte für ihn, wie für einen Sohn. Bekanntschaften mit dem Justizrath Grönland, der eine vortreffliche Musikbibliothek besaß, und mit dem Organisten O. H. C. Zink förderten seine Kenntnisse und Fertigkeiten in anderer Weise. Im Herbste 1790 hatte ihm Schulz die Erlaubniß erwirkt, sich bei Hofe hören zu lassen und mit einer Sonate nebst Phantasie eigener Composition sowie einer improvisirten Phantasie errang er sich den Beifall des Königs nebst einem Honorare von 100 Thlr. 1792 erhielt er durch Schulz’s Bemühungen die Hülfsorganistenstelle an der reformirten Kirche und durch Musikunterricht war er bereits im Stande, sich selbst zu erhalten. Als 1794 der alte Organist an obiger Kirche starb, wurde er sein Nachfolger. Ein Brief Schulz’s an W., als Ersterer von Kopenhagen nach Schwedt gegangen war, läßt uns einen Einblick darein gewähren, wie hoch Schulz die Begabung Weyse’s schätzte, wie er ihn für den besten Clavierspieler der Neuzeit hielt und sein Compositionstalent durch Rathschläge zu unterstützen suchte, besonders erfahren wir hier, daß W. ein ganz besonderes Talent besaß auf dem Claviere zu phantasiren. Im J. 1809 im April wurde seine erste Oper „Sovedrikken“ aufgeführt, ein Singspiel von Bretzner „Der Schlaftrunk“ ins Dänische übersetzt. Trotz des recht schwachen Textbuches, errang Weyse’s Musik einen durchschlagenden Erfolg und alle Thüren [290] öffneten sich ihm. Durch Aemilius Kunzen’s Frau, des Nachfolgers Schulz’ als Capellmeister, einer tüchtigen Sängerin, war W. mit der menschlichen Stimme vertraut geworden und hatte darin fleißige Studien gemacht, so daß er auch als Gesanglehrer sich einen Ruf erwarb und vom Könige als Lehrer für die Kronprinzessin Karoline angenommen wurde. Der Erfolg der Oper Sovedrikken ermunterte ihn auf der begonnenen Laufbahn fortzuschreiten und so folgte 1811 die Oper „Faruk“ und 1814 „Die Ludlams-Höhle“. Beide Texte von Oehlschläger. 1816 wurde er zum Professor ernannt und 1819 zum Theatercomponisten mit einem Gehalte von 1000 Thlr. (Mozart bekam am österreichischen Hofe 600 Gld.). Schon 1805 hatte er sein Amt an der reformirten Kirche mit dem der Frauenkirche vertauscht, welches er auch bis zu seinem Tode behielt. 1817 componirte er die Musik zu Shakespeare’s Macbeth und schrieb außerdem zahlreiche Lieder, Clavierstücke, Kammermusik, Sinfonien, geistliche Gesangswerke, von denen die meisten durch den Druck veröffentlicht wurden. An Opern sind noch nachzutragen: „Ein Abenteuer im Rosenburger Garten“, 1828; „Kenilworth“, Oper in 3 Acten, 1835. W. war nie verheirathet. Seine erste und einzige Liebe war ihm untreu geworden, dennoch suchte er sich sein Junggesellenheim stets durch Erziehung junger Männer zu erfrischen, die bei ihm wohnten und für die er wie ein Vater sorgte. War es Vergeltung für die Wohlthaten, die er einst selbst durch Schulz empfangen hatte, oder das Bedürfniß nach Geselligkeit, jedenfalls erreichte er damit Beides. Wie gemüthvoll und liebenswürdig humoristisch sein Charakter war, beweist ein Brief von ihm an einen seiner einstigen Pflegesöhne, den Prediger Schaumburg-Müller, aus dem Jahre 1840, den O. M. Möller in seiner Biographie Weyse’s veröffentlicht; dies Werk bildet zugleich die Quelle dieses Artikels. – Mir liegt ein umfangreiches Verzeichniß seiner Compositionen in Autograph und in Drucken vor, die sich größtentheils auf der königlichen Bibliothek zu Berlin und einige wenige auf anderen Bibliotheken befinden. Ueber den Besitz der Kopenhagener öffentlichen Bibliothek habe ich keine Kunde, da der mir vorliegende Katalog nur Werke bis ca. 1750 verzeichnet. In jenem Verzeichniß findet sich ein Requiem, ein Miserere für 2 Chöre, eine Hymne, mehrere Opern, Lieder und Gesänge, Cantaten, eine Sinfonie für großes Orchester, Clavierstücke u. a. kleinere Compositionen. Besonderer Erwähnung verdienen darunter noch 100 alte dänische Volksweisen des 16.–18. Jahrh. harmonisch bearbeitet, 2 Hefte, 1839, 1841.

Vgl. neben oben genannter Biographie auch R. v. Liliencron, Chr. E. Fr. Weyse und die dänische Musik seit dem vor. Jahrh. in Riehl’s Histor. Taschenbuch, 5. Folge, 8. Jahrg. 1878, S. 167 f.