ADB:Westphalen, Heinrich Christian

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Westphalen, Heinrich Christian“ von Ferdinand von Krogh in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 226–227, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Westphalen,_Heinrich_Christian&oldid=- (Version vom 21. Dezember 2024, 13:13 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 42 (1897), S. 226–227 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Heinrich Christian Westphalen in Wikidata
GND-Nummer 139104852
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|226|227|Westphalen, Heinrich Christian|Ferdinand von Krogh|ADB:Westphalen, Heinrich Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=139104852}}    

Westphalen: Heinrich Christian W., ein Bruder des Geheimrathes Ernst Joachim v. W. (s. o. S. 218), trat, durch die Vermittlung des letzteren, in den herzoglich gottorpischen Staatsdienst und ward Mitglied der herzoglichen Kanzlei in Kiel und Etatsrath. Kurz nachher erhielt auch der frühere Syndikus Elend in Eutin Sitz und Stimme in der Kanzlei. Zwischen ihm und W. entwickelte sich alsbald jene Animosität, wie sie unter Mitgliedern eines Collegiums wol vorkommt, wenn zwischen zwei Strebern der Kampf um die Macht entbrennt. Elend und W. waren bemüht, gegenseitig sich lahm zu legen, sich Schwierigkeiten zu bereiten und ihre Pläne zu durchkreuzen. Das Resultat dieser jahrelangen Mißhelligkeiten war eine offenkundige Feindschaft, die um so erbitterter ward, da W. an seinem Bruder, Elend aber an dem Conseilminister Pechlin] in St. Petersburg mächtige Stützen hatten – und diese Conflicte waren wol geeignet, auch bei Pechlin und dem Geheimrath W. eine gegenseitige Verstimmung hervorzurufen.

Als die Frage wegen der Mündigkeitserklärung des Herzogs Karl Peter Ulrich (s. A. D. B. XXV, 469) in Kiel die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, bildeten sich zwei Parteien, von denen die eine die beregte Verfügung auf das äußerste bekämpfte, während die andere die Volljährigkeitserklärung des Herzogs herbeizuführen sich bemühte. Zu der letzteren Partei gehörte der Prinz Friedrich August, von der bischöflichen Linie des Hauses Holstein-Gottorp, ein jüngerer Bruder des Administrators. Prinz Friedrich August trat nun mit dem russischen Envoyé in Kopenhagen v. Korff und dem Adjutanten des Herzogs Oberst v. Schildt in Correspondenz, um auf diesem Wege die Höfe in St. Petersburg, den der Kaiserin Elisabeth und den des Großfürsten-Thronfolgers, des Herzogs von Holstein, über die bedauerliche Verwaltung seitens des Fürstbischofs aufzuklären und um auf die Beendigung dieser Verwaltung hinzuwirken. Prinz Friedrich August hatte, als er Kiel verließ um die Reise nach Petersburg anzutreten, den Etatsrath W. veranlaßt, diese Correspondenz fortzusetzen. Mittelst Verfügung des deutschen Kaisers vom 17. Juni 1745 erhielt nun Herzog Karl Peter Ulrich veniam aetatis und trat die Regierung über Holstein-Gottorp an, die er, da er als Großfürst-Thronfolger von Rußland seine Residenz dort behalten mußte, durch zwei Regierungsconseils, die ihren Sitzressort in Petersburg und in Kiel hatten, führte, während die Repräsentation in Holstein und die Oberaufsicht über die dortigen Behörden einem Statthalter übertragen ward, und zwar dem vorgenannten Prinzen Friedrich August. Inzwischen hatte der gottorpische Gesandte in Stockholm Geheimerath v. Holmer, der überdies beschuldigt ward, mehr die Interessen des bischöflichen Hauses als die des Herzogs vertreten zu haben, sich einer offenkundigen Renitenz seinem Herzog gegenüber schuldig gemacht, sodaß letzterer eine Untersuchung der Amtsführung des Holmer verfügte. Mittelst Rescripts vom 9. September 1746 ward der Procureur Elend beauftragt die Papiere des Geheimrathes Holmer zu untersuchen. In seinem desfälligen Berichte leitete er die höhere Aufmerksamkeit auf die Correspondenz des Geheimrath Holmer mit dem russischen Envoyé v. Korff und [227] dem Oberst Schildt, in welcher der verschiedenen über Holmer cursirebden Gerüchte, sowie der wieder ihn erhobenen Anschuldigungen Erwähnung geschehen. Der Geheimerath W. erklärte sich in seinem über diese Angelegenheit eingezogenen Bericht gegen die beabsichtigte Fiscalisirung Holmer’s und bezeichnete die über ihn verbreiteten Gerüchte als irrige narrata. Der Großfürst bestand aber auf der Untersuchung, die nun auf den Antrag des Syndikus Elend mit Umgehung der ordentlichen Gerichte seiner außerordentlichen Untersuchungscommission überwiesen ward, deren Mitglied Elend ward und auf deren Zusammensetzung er einen entscheidenden Einfluß übte. Diese Commission sah bald von einer Untersuchung der Amtsführung Holmer’s ab und richtete sich ausschließlich gegen die beiden Westphalen. Am 24. September 1750 ward bei dem Etatsrath W. eine Haussuchung vorgenommen, seine Papiere wurden zum Theil mit Beschlag belegt, ganz besonders wurde auf diejenigen Briefe gefahndet, die bei der wider ihn geplanten Untersuchung von Wichtigkeit werden konnten, wie die Briefe des Prinzen Friedrich August, des derzeitigen Statthalters. Zugleich ward Etatsrath W. gefänglich eingezogen, um ihn zu verhindern, wie es in dem desfälligen Bericht der Untersuchungscommission heißt, sich an die Reichsgerichte zu wenden. Unterm 2. December 1752 ward wider H. Chr. W. erkannt, daß er in seinem Briefwechsel mit dem russischen Envoyé v. Korff und dem Obersten Schildt sich falscher Angaben schuldig gemacht, mittelst welchen er den Geheimrath Holmer geschädigt und Verwirrung in die Verwaltung der Staatsangelegenheit gebracht, sowie Mißhelligkeiten zwischen dem großfürstlichen und dem fürstlichen Hause veranlaßt habe. W. ward mit Rücksicht hierauf schuldig erkannt sein Amt verbrochen zu haben sowie in eine sechsjährige Gefängnißstrafe mit Zwangsarbeit im Zuchthause zu Neumünster und zur Landesverweisung verurtheilt. Mittelst Rescripts vom 22. November/2. December 1752 ward ihm die ihm zuerkannte Zuchthausstrafe erlassen. Dagegen ward er mit militärischer Escorte bei Nacht und Nebel über die Grenze gebracht. Er begab sich nach Schleswig, wo er in dem Hause seines Bruders, dem später Eicke’schen, jetzt Fürsen-Bachmann’schen Hause, Unterkommen fand und bald darauf, infolge eines Eingeweidekrampfes mit Tode abging.

Ernst G. T. Fürsen, Zur Geschichte des vormaligen Großfürstlichen Geheimeraths v. Westphalen. Schlesw.-Holst.-Lauenb. Provinzial-Berichte XIV, 692 u. 693. – F. Krogh, Historiske Minder. S. 88–94.