ADB:Westphal, Ernst Christian

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Artikel „Westphal, Ernst Christian“ von Ernst Landsberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 197–198, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Westphal,_Ernst_Christian&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 18:25 Uhr UTC)
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Westphal: Ernst Christian W., Jurist, ist geboren zu Quedlinburg am 22. Januar 1737, studirte 1753–57 zu Halle, wurde dann dort Dr. jur. und fing sofort an, juristische Vorlesungen zu halten. Bereits 1761 wurde er außerordentlicher, ja noch in demselben Jahre ordentlicher Professor der Rechte dortselbst, rückte innerhalb seiner Facultät in der hergebrachten Weise vor, trat nach Nettelbladt’s Tod in dessen Stelle als Senior der Facultät mit dem Geheimrathstitel ein und ist kurz darauf, am 29. November 1792, zu Halle gestorben.

W. ist der bedeutendste und selbständigste Schüler Nettelbladt’s (A. D. B. XXIII, 460), wie sein Lehrer legt er hauptsächlich Nachdruck auf die Methodik; er hat dieselbe namentlich nach zwei Seiten, in zwei Reihen von Werken ausgebildet.

Das eine Mal handelt es sich um Verwerthung juristisch – nicht bloß thatsächlich – interessanter Fälle aus der Spruchpraxis. Hier hat sich W. eine Methode ersonnen, um dieselben so mosaikartig im Anschlusse an irgend ein Compendium oder System des betreffenden Faches zusammenzustellen, daß daraus jedes Mal eine Art von Commentar zu dem gewählten Compendium hervorgeht. Auf diese Weise hat er das deutsche und reichsständische Privatrecht in zwei Bänden, Halle 1783–1784, nach Selchow; das Strafrecht, Halle 1785, nach Koch; das Lehr- und Staatsrecht, Halle 1784; die Pandecten in zwei Bänden, Halle 1792, nach eigenen Systemen bearbeitet.

Die andere Gruppe beschäftigt sich mit Monographien aus dem gemeinen Recht, unter starker Betonung des Quellenstudiums. Die Methode soll hier bestehen in gründlicher Commentirung aller auf den Stoff bezüglicher Quellenstellen, deren Ergebnisse dann systematisch zu ordnen sind; für die schriftstellerische Ausführung wird die Exegese der einzelnen Quellenstellen, von welcher der Forscher auszugehen hat, in die Noten verwiesen; den Text sollen die systematisch [198] geordneten Ergebnisse bilden, ein Index soll nachweisen, daß in den Noten thatsächlich alle zur Sache gehörigen Quellenstellen Besprechung, also auch im Texte Verwerthung gefunden haben. Wie man sieht, ist diese „hermeneutisch-exegetisch-systematische Methode“ an sich, abgesehen von dem öden Schematismus, so übel nicht; nur daß sie in Westphal’s Hand ganz versagte Mangels irgend welcher Fähigkeit zu wirklichem Quellenverständniß, ja Mangels aller Liebe zur Sache. So kam es, daß er in leichtfertigster Weise, wo seine eigene Methode Quellenstudium verlangt hätte, sich mit Verwerthung der älteren Quellencommentare begnügte und dabei noch in der Auswahl der Autoren und Ansichten, welchen er sich anschloß, besonderes Ungeschick an den Tag legte; und so sind seine monographischen Darstellungen, welche sich über das ganze Gebiet des Sachen-, Obligationen- und Erbrechts in einer Reihe von Sonderschriften ausdehnen, zu ungenießbaren Compilationen geworden. Die beste unter ihnen ist noch die etwas gründlicher gearbeitete erste, der „Versuch einer systematischen Erläuterung der sämmtlichen Römischen Gesetze vom Pfandrecht“ (Leipzig 1770), während die späteren immer mehr entarten; diejenige über den Besitz, das Eigenthum und die Verjährung, von 1788, ist drei Lustren nach ihrem Erscheinen mit Recht dem vernichtenden Urtheil Savigny’s verfallen.

Ist W. sachlich ein Vielschreiber ohne erheblichen Werth, so bleiben ihm doch gewisse methodische Verdienste um das Quellenstudium und um die Form der Monographie sowie um die Benutzung der deutschen Sprache für solche Arbeiten; in der von ihm eingeführten Uebung, den darstellenden Text durch lange Noten von der Exegese zu entlasten, hat er selbst Savigny’s Werk über den Besitz noch beeinflußt, dasselbe Werk, welches ihn inhaltlich so unbedingt verurtheilt.

Biographie von Pastor G. C. E. Westphal vor E. Chr. Westphal’s posthum erschienenem System der Lehre v. d. einzelnen Vermächtnißarten und der Erbtheilungsklage (Leipzig 1793). – Meusel, Lexikon u. s. f., 15, 56 fg. – Haubold, Institutiones literariae, S. 188, Nr. 235. – Schrader, Gsch. der Universität Halle I, 283, 397.