ADB:Weiß, Johann Gottlieb Christian

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Artikel „Weiß, Johann Gottlieb Christian“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 572–573, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wei%C3%9F,_Johann_Gottlieb_Christian&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 16:46 Uhr UTC)
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Weiß: Johann Gottlieb Christian W., Schauspieler, wurde am 10. September 1790 zu Magdeburg geboren. Da er seine Eltern im zartesten Kindesalter verlor, wurde er von einer Beamtenwittwe erzogen, deren wohlthätigen Einfluß auf seine Entwicklung er Zeit seines Lebens sehr hoch anschlug. [573] Mit neun Jahren sah er das erste Schauspiel, Kotzebue’s Ritterstück „Der Graf von Burgund“. Bald darauf wurde er in die Domschule gebracht und sodann dem Waisenhaus zur Erziehung überwiesen, wo er nur Lesen, Schreiben und Rechnen lernte. Nach seiner Confirmation kam er bei einem Handwerker in die Lehre, hielt es aber bei ihm nicht lange aus, da er erkrankte. Im Krankenhause, in das er nunmehr überführt wurde, interessirte sich der amtirende Arzt lebhaft für ihn. W. wäre vielleicht Chirurgus geworden, wenn nicht sein Gönner gestorben wäre und sein Nachfolger durch große Strenge ihn abgeschreckt hätte. Er kehrte daher auf die Schule zurück und blieb an ihr bis zu seinem 19. Jahre, in dem er sich entschloß, der Gehülfe eines Leihbibliothekars zu werden. Durch ihn kam er mit einigen Mitgliedern der Bühne in Berührung und fand Gelegenheit unter dem Namen Müller hin und wieder auf dem Magdeburger Theater in kleineren Rollen aufzutreten. Da er dem Director Fabricius gefiel, wurde er von ihm für seine Truppe engagirt (1811) und spielte nun in Burg, Magdeburg und Schönebeck, wo er unter anderen in der Rolle des Franz Moor auftrat. Während seiner sechsjährigen Zugehörigkeit zu der Magdeburger Gesellschaft lernte er Ludwig Devrient, Unzelmann und Iffland gelegentlich ihrer Gastspiele kennen und gewann unverlöschliche Eindrücke von ihrem Spiel. Mit einer Empfehlung von Ludwig Devrient ausgerüstet, begab er sich im J. 1816 nach Hamburg und hatte das Glück an dem dortigen Stadttheater, wo die Ueberlieferungen der Schröder’schen Schule noch lebendig waren, Anstellung zu finden. Er eignete sich die Einfachheit und Wahrheit Schröder’s an und fiel deshalb dem Intendanten des Berliner Hoftheaters, dem Grafen Brühl, vortheilhaft auf, der ihn im J. 1823 zu einem Gastspiel in Berlin einlud und nach dem glücklichen Verlauf desselben für Berlin engagirte. Nachdem sich W. am 26. Juli 1825 als Pfeffer in „Nr. 777“ von den Hamburgern, die lange keinen Ersatz für ihn fanden, verabschiedet hatte, trat er am 8. September 1825 als engagirtes Mitglied zum ersten Male in Berlin auf. Zwei Jahre später, 1827, übertrug ihm Graf Brühl die Regie des Lustspiels, die er bis zum Schluß seiner Bühnenthätigkeit mit Lust und Liebe, aber nicht immer mit der nöthigen Energie besorgte, in seinem Amte durch eine ungewöhnliche Kenntniß der Litteratur wesentlich unterstützt. In seinen eigenen Leistungen vertrat er das bürgerliche Drama in seinem ganzen Umfange und verstand es, allen seinen Rollen eine wohlthuende humoristische Färbung zu geben, die einen der hauptsächlichsten Gründe seiner großen Beliebtheit beim Publicum bildete. Als seine besten Rollen werden angeführt: Zollinspector in den „Schleichhändlern“, von Biberstein in „Ich bleibe ledig“, Doctor Platanus in dem „Ball zu Ellerbrunn“, von Alp in dem „Zeitgeist“, Walther in der „Herrin von der Else“, Sturm in den „feindlichen Brüdern“, Christoph in „Doctor Wespe“, Just in „Minna von Barnhelm“, Hillermann in „Rosenmüller und Finke“, Rath Presser in „Er muß aufs Land“, Engelhaus in „Verirrungen“, Alsdorf in „Eigensinn“ und Vansen im „Egmont“. Nachdem W. 25 Jahre als Regisseur am Berliner Schauspielhause thätig gewesen war, feierte er am 24. Januar 1852 sein Bühnenjubiläum und verabschiedete sich bald darauf in der Rolle des Dr. Hardt in dem Walther’schen Schauspiel „Die Amerikanerin“ von dem Berliner Publicum. Er starb zu Berlin am 17. Februar 1853.

Vgl. Friedrich Ludwig Schmidt, Denkwürdigkeiten, hsg. von Hermann Uhde. II, 97, 118, 119, 222, 223. Hamburg 1875. – Deutscher Bühnen-Almanach. Hsg. von A. Heinrich. XVIII, 104–115. Berlin 1854. – Johann Valentin Teichmann’s literarischer Nachlaß, hsg. von Franz Dingelstedt. Stutttgart 1863. S. 151 bis 153. – C. Schäffer und C. Hartmatmn, Die kgl. Theater in Berlin. Berlin 1886. (Register.)