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Artikel „Walrad“ von Wilhelm Sauer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 770–773, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Walrad&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 17:19 Uhr UTC)
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Walrad: Fürst W. zu Nassau-Usingen, 1635–1702. Graf W. zu Nassau-Saarbrücken, der spätere Fürst zu Nassau-Usingen, war als siebenter und jüngster Sohn des Grafen Wilhelm Ludwig und der Prinzessin Anna Amalie von Baden am 24., nicht 25. Februar, (wie es infolge eines Druckfehlers in der Genealogie von Hagelgans überall angegeben wird) 1635 vermuthlich zu Saarbrücken geboren. Das Jahr 1685 war für das Haus Nassau-Saarbrücken verhängnißvoll. Das Vordringen Bernhard’s von Weimar (nicht, wie es meistens heißt, der kaiserlichen Truppen), der im Anfang Juli 1635 Saarbrücken und Homburg im Westrich eroberte, zwang die gräfliche Familie, ihr Land zu verlassen und eine Zufluchtsstätte in Metz zu suchen, wo sie durch eine französische Pension unterstützt wurde. Den Schweden folgten kaiserliche Völker; der gräflichen Familie wurde die Rückkehr nach Saarbrücken unmöglich. In Metz verlor W. seinen Vater durch den Tod am 2. Septbr. (22. August a. St.) 1640. Die Vormundschaft über die minderjährigen Kinder führte zunächst die Mutter und nach deren am 11. November 1651 erfolgten Tode der zweitälteste Sohn Graf Johann Ludwig, da der älteste Sohn Graf Kraft bereits 1642 im holländischen Dienste bei Stralen gefallen war. Fünfzehn Jahre alt trat Graf W. in[WS 1] die Umgebung des schwedischen Generals Pfalzgrafen Karl Gustav, der für Schweden die Verhandlungen wegen Ausführung des Westfälischen Friedens in Nürnberg führte. Nach Ablauf von zwei Jahren ging er nach Frankreich, studirte 1652 zu Saumur und trat dann als Rittmeister in den Dienst des Marschalls [771] de la Ferté. Da der Friedensdienst seinem unruhigen, thatenlustigen Geiste nicht zusagte, nahm er bald seinen Abschied, um größere Reisen auszuführen. In der Zwischenzeit hatten sich die Verhältnisse in der Heimath günstiger gestaltet; das Haus Nassau-Saarbrücken hatte infolge des westfälischen Friedens in seine Stammbesitzungen zurückkehren können. Der Gothaer Vergleich vom 6. März 1651 hatte die Länder des Saarbrückener Hauses zwischen den Brüdern getheilt; auf Saarbrücken, Ottweiler, Jugenheim, Rosenthal und Usingen war W. mit zwei Brüdern verwiesen. Erst die weitere Theilung dieser Brüder vom 31. März 1659 verschaffte dem Grafen W., was er ersehnte, ein selbständiges, wenn auch kleines Fürstenthum, gebildet aus dem Lande Usingen, dem Stockheimer Gericht und einigen kleineren Gebieten; hier konnte er als souveräner Herr regieren. Mit redlichem Fleiße arbeitete er übrigens in den ersten Jahren an der Besserung der Zustände in seinem durch den Krieg arg mitgenommenen Ländchen, ohne jedoch die Befriedigung zu erlangen, die sein thatendurstiger Sinn verlangte. Der drohende Reichskrieg gegen die Türken wies ihn in andere Bahnen. Er suchte um ein Commando bei den oberrheinischen Kreistruppen nach. Mit dem Reiterregiment des Kreises, welches er seit 1663 als Oberster befehligte, zog er 1664 nach Ungarn. Lorbeeren hier zu pflücken, blieb ihm versagt; erst nach der Schlacht bei St. Gotthard langte er bei dem Heere an. Doch wurde ihm die Ernennung zum Generalmajor zu Theil. Nach geschlossenem Frieden ging er 1665 in den Dienst des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg. Nachdem er mit drei Regimentetn desselben 1666 von der Republik Holland in Sold genommen war, trat er 1671 ganz in den Dienst derselben über, wurde 1672 zum Generallieutenant der Cavallerie, 1673 zum General und 1674 zum Gouverneur von Bergen op Zoom ernannt. Diese Dienststellungen im Auslande entfremdeten ihn jedoch keineswegs der Heimath. Den Forderungen, welche die Landesverwaltung an ihn stellte, suchte er fortwährend nach Möglichkeit gerecht zu werden; der Vertretung der Gesammtinteressen seines Hauses wandte er die gespannteste Aufmerksamkeit zu. Es handelte sich für den Walramischen Ast des Hauses Nassau damals darum, den Theil von Saarbrücken, die Grafschaft Saarwerden und die Gebietstheile im Westrich, welche der Herzog von Lothringen 1635 an sich gerissen und trotz des Friedens noch besetzt hielt, zurückzuerhalten. Langwierige Verhandlungen, bei denen auch die Intervention des Reichs erfolglos blieb, zogen sich über diesen Gegenstand seit dem Jahre 1666 hin. Erst die Wendung der politischen Verhältnisse, welche durch Frankreichs aggressives Vorgehen gegen den Herzog von Lothringen herbeigeführt wurde, ermöglichte den nassauischen Grafen, Saarwerden im J. 1670 wieder in Besitz zu nehmen. An den Ueberfall Lothringens schloß Ludwig XIV. 1672 den Krieg gegen die holländische Republik. Graf W. fand hier die ersehnte Thätigkeit auf dem Schlachtfelde; er focht mit Auszeichnung im Heere der Republik. Die ihm damals zu theil gewordenen Beförderungen sind schon erwähnt. Namentlich aber gelang es ihm, während des Krieges enge Beziehungen zu seinem Stammesvetter Wilhelm von Oranien anzuknüpfen, die er geschickt benutzte, um bei den Friedensverhandlungen zu Nymwegen die Rückgabe der noch von Frankreich besetzten Gebietstheile im Westrich nachhaltig und nicht ganz ohne Erfolg zu betreiben. Von diesem Zeitpunkte ab nahm er im Rathe seines Hauses die leitende Stellung ein, lange bevor durch den im J. 1690 erfolgten Tod seines älteren Bruders Johann Ludwig zu Ottweiler das Seniorat des Hauses auf ihn übergegangen war. Die Neigungen der Fürsten jener Zeit zur Entfaltung äußeren Glanzes theilend, soweit seine geringen Mittel dies zuließen, verfolgte er die Erhöhung der Macht und des Ansehens seines Hauses als äußerstes Ziel, wie dieses ebenso sein im J. 1677 verstorbener Oheim Johann zu Idstein gethan hatte. Im J. 1684 [772] gelang es, die Herren des Walramischen Astes zu einer Primogenitur- und Erbfolgeordnung zu einigen. In demselben Jahre wurde ihm von den Generalstaaten das Gouvernement der Stadt und Meierei Herzogenbusch übertragen. Unter dem 24. August 1688 wurde für ihn, die Grafen Georg August zu Idstein und Johann Ernst zu Weilburg vom Kaiser das Fürstendiplom ausgefertigt. Der Ausübung des Münzregals enthielt der neue Fürst zu Nassau-Usingen sich jedoch. Bald darauf rief eine kriegerische Unternehmung den Fürsten wieder in das Ausland. Er befand sich in der nächsten Umgebung seines Freundes Wilhelm von Oranien, als dieser im Anfang November 1688 mit seiner Kriegsmacht nach England übersetzte. Nach Holland mit seinen Hülfsvölkern zurückgekehrt, wurde er von den Generalstaaten, sodann im J. 1690 auch vom Kaiser zum Generalfeldmarschall ernannt. Als 1694 die Friedensverhandlungen zu Ryswyck begannen, machte er durch seinen Gesandten die noch immer nicht befriedigten Forderungen seines Hauses wegen der Besitzungen im Westrich wieder geltend; erst später unterstützten ihn die Stammesvettern in diesen Bestrebungen durch Absendung des weilburgischen Geheimen Raths v. Savigny als gemeinschaftlichen Gesandten. Bemerkenswerth ist, daß Fürst W. damals in entschieden deutsch-nationalem Sinne auf die Reichsstände zu wirken und das Reich zu energischer Abwehr der Eroberungsgelüste Frankreichs aufzurufen suchte. Der Friede brachte endlich dem Hause Nassau auch die letzten bis dahin vorenthaltenen Besitzungen im Westrich wieder. Nach Abschluß des Friedens und Rückerwerb dieser Besitzungen schritten die Vettern des walramischen Stammes dazu, die auf diese Landestheile bezüglichen Bestimmungen des Gothaischen Theilungsvertrages von 1651 zur Ausführung zu bringen. Hohe Forderungen an Geldentschädigung, welche Fürst Georg August zu Idstein auf Grund dieses Vertrages an die Vettern stellte, führten tiefgehende Uneinigkeit unter denselben herbei. Hier trat Fürst W. als Senior des Hauses vermittelnd für die Aufrechterhaltung der Eintracht desselben ein. Mit der Mehrzahl der Vettern verband er sich 1699 zu gegenseitiger Sicherung des Besitzstandes und brachte im Juni d. J. eine Hausconferenz zu Frankfurt a. M. zu Stande, die jedoch durch kleinliche Rangstreitigkeiten – W. und Georg August zu Idstein beanspruchten als Fürsten den Vortritt vor den Vettern – gesprengt wurde. Die Beilegung der Streitigkeiten wurde dann dem Herzoge von Sachsen-Gotha übertragen. – Der spanische Erbfolgekrieg brachte dem Fürsten, der im J. 1696 den Oberbefehl über die holländische Armee erhalten hatte, neue Thätigkeit. Zwar beabsichtigte er, das Commando niederzulegen, als Marlborough nach dem Tode Wilhelm’s von Oranien zum Generalcapitain ernannt wurde; in der Uebergehung hatte er eine kränkende Zurücksetzung erblickt, doch überwog seine kriegerische Neigung die zeitweilige Verstimmung. Seine Kriegsoperationen richteten sich im J. 1702 gegen Kurköln; hier hatte er die Reichsexecution auszuführen und das Land von den Franzosen zu säubern. Er eroberte am 15. Juni 1702 Kaiserswerth, am 23. September Venloo und am 7. October Roermond. Hier erkrankte er und starb am 17. October 1702, nachdem er am 16. in einem an die Generalstaaten gerichteten Schreiben diesen seine Frau und seine Kinder empfohlen hatte. Die Leiche wurde in Roermond einbalsamirt, das Herz in der reformirten Kirche daselbst, die Leiche am 22. October 1702 zu Mörs beigesetzt. Er konnte auf eine ruhmreiche militärische Laufbahn, größtentheils im Dienste der Generalstaaten zurückgelegt, zurückblicken; 17 Feldschlachten und 27 Belagerungen hatte er, zum Theil als Befehlshaber, mitgemacht. – Wenn der Fürst auch die militärische Thätigkeit als seine Lebensaufgabe ansah und seine Heimath, sein Fürstenthum nur selten betrat, so hat er es doch an pflichttreuer Sorgfalt für dieses nie fehlen lassen. Rühmlich thätig war er namentlich für die Hebung [773] des Kirchen- und Schulwesens. Die reformirte Kirche sowie das in neuerer Zeit durch den Brand zerstörte Residenzschloß in Usingen waren durch ihn erbaut. Fürst W. war zwei Mal vermählt; beide Male mit katholischen Frauen, seine Kinder wurden in der reformirten Confession erzogen. Der ersten Ehe mit der Prinzessin Isabella Maria von Croy († 1686) entstammten zwei Prinzessinnen und der 1684 geborene Erbprinz Wilhelm Heinrich; die zweite, 1688 geschlossene Ehe mit der Gräfin Magdalene Elisabeth von Löwenstein-Wertheim blieb kinderlos. Letztere überlebte den Fürsten und starb 1733 zu Frankfurt a. M.

Archivalische Quellen. – Schliephake-Menzel, Geschichte v. Nassau.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: in in