ADB:Wallroth, Karl Friedrich Wilhelm

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Artikel „Wallroth, Karl Friedrich Wilhelm“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 766–768, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wallroth,_Karl_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 08:15 Uhr UTC)
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Band 40 (1896), S. 766–768 (Quelle).
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Wallroth: Karl Friedrich Wilhelm W., Arzt und Botaniker, geboren am 13. März 1792 im Dorfe Breitenstein unweit Stolberg am Harz, † am 22. März 1857 zu Nordhausen, erhielt als Sohn eines Predigers im Elternhause eine sorgfältige Erziehung, die auf der Klosterschule in Roßleben beendet wurde. 1810 bezog W. die Universität Halle, um Medicin zu studiren, pflegte daneben aber, einer schon auf der Schule erwachten Neigung folgend, mit großem Eifer die Botanik, sodaß er in kurzer Zeit sich mit der Hallischen Flora genau vertraut machte. Den förderlichsten Einfluß nach dieser Richtung hatte der Hallenser Botaniker Kurt Sprengel auf ihn ausgeübt. Von seinem Erstlingswerk, „Geschichte des Obstes der Alten“, im Auftrage der Halleschen naturforschenden Gesellschaft verfaßt, schrieb er schon als Student im J. 1812 das erste Heft, dem indessen die geplante Fortsetzung nicht folgte. Daran hinderten ihn die Kriegsunruhen jener Zeit, welche ihn auch bewogen, nach Heringen überzusiedeln, wohin sein Vater inzwischen versetzt worden war. Die Mußezeit benutzte W. zu einer zweiten Arbeit, einem Supplement zu Sprengel’s Flora von Halle, die den Titel führt: „Annus botanicus“, aber erst 1815 im Druck erschien. Darauf setzte er seine Studien in Göttingen fort, wo Schrader und G. F. W. Meyer seine Lehrer in der Botanik waren, besuchte kurze Zeit Berlin zur Absolvirung seiner medicinischen Abschlußprüfung und trat im Frühling 1815, nachdem er in Göttingen zum Dr. med. promovirt worden, als Oberarzt in hannöversche Dienste. In dieser Eigenschaft machte W. den Feldzug [767] gegen Frankreich mit und ließ sich nach Beendigung desselben in dem damals schwarzburg-rudolstädtischen Heringen 1816 als praktischer Arzt nieder. 1822 wurde er als preußischer Kreisphysikus nach Nordhausen berufen. Hier entfaltete er eine langjährige, erfolgreiche Thätigkeit, sowohl nach der Seite seiner ärztlichen Praxis, wie auch als botanischer Schriftsteller. 1838 erhielt er den Hofrathstitel. W. blieb unverheirathet. Nur seinem Beruf und seiner Wissenschaft lebend, mied er gesellschaftlichen Umgang, und es blieb ihm, der sich gern über conventionelle Formen hinwegsetzte, zeitlebens ein gewisses burschikoses Wesen anhaften, gepaart mit rücksichtsloser Offenheit, die auch in dem nicht immer glimpflichen Ton in seinen wissenschaftlichen Arbeiten zum Ausdruck kam. Doch waren Geradheit und Uneigennützigkeit der Grundzug seines Charakters. In den letzten Jahren hinderte ihn vielfach Kränklichkeit an der Ausübung seines Berufes, wodurch sich seine in den früheren Jahren nicht unerheblichen Einkünfte so schmälerten, daß er, nachdem er 1855 sein Amt als Physikus niedergelegt hatte und nur auf den Bezug einer kleinen Pension angewiesen war, kaum vor Mangel sich schützen konnte. Im Herbste 1856 brach er plötzlich auf einer Excursion zusammen und blieb von nun an ans Zimmer gefesselt, bis ihn im 65. Lebensjahre der Tod von seinen Leiden erlöste.

Wallroth’s litterarische Thätigkeit in der Botanik kam ausschließlich der Pflanzenbeschreibung zu Gute und umfaßte gleichmäßig Phanerogamen und Kryptogamen. Nachdem er in dem schon erwähnten, 1815 publicirten „Annus botanicus“ sich als guten Diagnostiker eingeführt hatte, erschien 1822 sein Buch: „Schedulae criticae de plantis Florae Halensis selectis“ und machte seinen Namen weiteren Kreisen der Fachgenossen bekannt. Der Verfasser bewies sich hierin als ein glücklicher Entdecker, sorgfältiger Beobachter und genauer Beschreiber einheimischer Pflanzen, eifrig bemüht, den Formenreichthum mancher Arten kritisch zu beleuchten und möglichst gute Artencharaktere zu gewinnen. In der Begründung neuer Gattungen war er minder glücklich, namentlich aber mißfiel den Botanikern seine, durch eine allerdings ungewöhnliche Gelehrsamkeit in den classischen Sprachen geförderte Neigung, neue Pflanzennamen zu bilden auch in Fällen, wo kein Anlaß dazu vorlag. Eine Art Nachtrag zu den Schedulae bildete seine Schrift: „Orobanches generis Diaskeue“, auf Grund des vom Bremer Botaniker Mertens ihm gelieferten Materials verfaßt und in Form eines Briefes an Letzteren 1825 veröffentlicht. Unter den Phanerogamen, deren Studium W. mit Vorliebe aufnahm, sind die Rosen zu nennen, unter den Kryptogamen waren es die Flechten. Ersteren widmete er in der 1828 erschienenen Schrift: „Rosae plantarum generis hostoria succincta“ u. s. w. eine mit großer Liebe und Ausführlichkeit geschriebene Arbeit, in welcher auch die wiederholt bethätigte Neigung des Verfassers, den Verdiensten der älteren Botaniker, mit deren Schriften er gut vertraut war, gerecht zu werden, besonders hervortritt. Das Flechtenstudium, mit Unterstützung Flörke’s eifrig betrieben, brachte ein zweibändiges Werk zu Tage: „Naturgeschichte der Flechten“ (1825–1827), das infolge seiner weitläufigen Anlage nur die Physiologie des Flechtenlagers behandelt und eine Fortsetzung nicht erfahren hat. Inhaltlich und zeitlich schließt sich dem genannten Werke eine kleinere Monographie an: „Naturgeschichte der Säulchenflechten“ (vom Jahre 1829). Zusammengefaßt aber hat W. seine kryptogamischen Studien in seiner: „Flora cryptogamica Germaniae.“ Es bildet dieses Werk zugleich den zweiten Theil des von M. J. Bluff und C. A. Fingerhuth herausgegebenen Compendium florae Germanicae und umfaßt in dem ersten, 1831 erschienenen Bande die Farne im weitesten Sinne, Lebermoose, Laubmoose und Flechten, im zweiten vom Jahre 1833 Algen und Pilze. Auch diese Arbeit zeichnet sich wie die früheren Wallroth’s [768] durch genaue Naturbeobachtung und scharfe Auffassung der unterscheidenden Merkmale aus, erschwert aber leider, wie manche andere seiner Schriften, durch die Willkürlichkeiten in der Terminologie eine ausgiebige Benutzung. Nach der Herausgabe dieser Flora zersplitterte W. seine Arbeitskraft mehr und mehr dadurch, daß er Vielerlei anfing, ohne es zu Ende zu führen. So erging ee ihm mit der Herausgabe einer Phanerogamenflora, für die er bereits reiches Material gesammelt hatte, die indessen unterblieb, nachdem Koch’s Synopsis erschienen war; so erging es ferner der geplanten Veröffentlichung der Flora des Harzes und der Umgebung von Nordhausen, für welche gerade W. infolge seiner umfassenden floristischen Kenntnisse jener Gegend ein geeigneter Bearbeiter gewesen wäre. Auch hier waren ihm die gleichzeitigen Studien Hampe’s sehr unbequem und nur mit Mißmuth konnte er diese Gegnerschaft ertragen. Eine gegen Hampe gerichtete Kritik erschien denn auch 1840 in der Zeitschrift Linnaea als „Σχολιον zu Hampe’s Prodomus Florae Hercyniae“ und noch in demselben Jahre als selbständige Schrift: „Erster Beitrag zur Flora hercynica“. Eine Fortsetzung kam nicht heraus. Es zeigten jedoch seine hinterlassenen Sammlungen und Manuscripte, wie ungemein umfangreich seine Studien in dieser Richtung gewesen sind. In den „Beiträgen zur Botanik“, welche W. noch in den letzten Jahren seiner Thätigteit herausgab, gedachte er in periodischen Abhandlungen monographische Bearbeitungen schwieriger Gattungen der deutschen Flora, Phanerogamen und Kryptogamen umfassend, zu veröffentlichen. Es kamen indessen nur 2 Hefte in den Druck (1842 und 44), in welchen Pflanzen aus den verschiedensten Ordnungen des Gewächsreiches in bunter Reihe behandelt werden. Zu allerletzt bildeten besonders die einheimischen Holzarten den Gegenstand seiner Untersuchung.

Bonplandia 1857. – Botan. Zeitung 1857. – Pritzel, thes. lit. bot.