ADB:Wallenrodt, Johanne Isabelle Eleonore von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wallenrodt, Johanne Isabelle Eleonore v.“ von Max Mendheim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 733–735, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wallenrodt,_Johanne_Isabelle_Eleonore_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:46 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Konrad von Wallenrodt
Band 40 (1896), S. 733–735 (Quelle).
Johanna Isabella Eleonore von Wallenrodt bei Wikisource
Johanna Isabella Eleonore von Wallenrodt in der Wikipedia
Johanna Isabella Eleonore von Wallenrodt in Wikidata
GND-Nummer 119496690
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|40|733|735|Wallenrodt, Johanne Isabelle Eleonore v.|Max Mendheim|ADB:Wallenrodt, Johanne Isabelle Eleonore von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119496690}}    

Wallenrodt: Johanne Isabelle Eleonore v. W., Schriftstellerin, geboren am 28. Februar 1740 in Uhlstädt bei Orlamünde als Tochter eines Freiherrn v. Koppy, der jedoch schon nach wenigen Jahren starb und seine [734] Wittwe mit neun meist unerzogenen Kindern auf einem stark verschuldeten Gute zurückließ. Isabelle erhielt durch ihre Mutter, wie auch durch einen Oheim eine vortreffliche Erziehung, las viel, besonders gern Gellert’s Werke, und hatte in dem gastfreien Hause ihrer Mutter auch reiche Gelegenheit geselligen Umgang zu pflegen, die noch durch die vielen Einquartierungen während des Siebenjährigen Krieges stark vermehrt wurde. Im Winter 1760 lernte sie den preußischen Rittmeister Gottfried Ernst v. Wallenrodt kennen, verlobte sich mit ihm und wurde am 9. Februar 1762 in dem Dorfe Schrebitz, wo er damals stand, mit ihm vermählt. Die beiden Gatten führten nun während und auch noch nach der Kriegszeit ein abwechslungsreiches, bewegtes Leben, mußten im Winter auf 1763 nach einem Dorfe bei Breslau übersiedeln und konnten sich erst einige Jahre später in einer Vorstadt Breslaus niederlassen. Eine große Zahl von Kindern vermehrte bald die Familie und veranlaßte ebenso wie das ziemlich kostspielige Auftreten des Herrn v. W. nicht unbeträchtliche Ausgaben, so daß Isabelle, als ihr Gatte nach längerer Krankheit am 4. Februar 1776 starb, mit ihren noch am Leben gebliebenen fünf Kindern in ziemlich dürftiger Lage zurückblieb, die sich dadurch noch trauriger gestaltete, daß die erhoffte Pension zu Lebzeiten Friedrich’s d. Gr. nicht gewährt wurde und auch Isabellens Mutter um den größten Theil ihres Vermögens gekommen war. In den folgenden Jahren lebte nun Frau v. W. mit ihren Kindern theils in Breslau, theils auf dem Lande in immer drückender werdenden Verhältnissen. Eine kleine Pension, die ihr nach dem Regierungsantritte Friedrich Wilhelm’s II. gewährt wurde, half nur wenig zum Bessern; verschiedene Aussichten, eine neue Ehe einzugehen, schlugen fehl. Auch in Berlin, wohin Frau v. W. bald darauf übersiedelte, hatte sie immerfort mit Noth und Sorgen zu kämpfen. Als alle Versuche, sich durch gewerbliche Thätigkeit einen Unterhalt zu verschaffen, fehlschlugen, griff sie endlich, nachdem sie Anfang der neunziger Jahre nach Leipzig gezogen war, zur Feder und veröffentlichte mehrere Romane, als ersten „Die drei Spinnrocken (nicht Spinarcken, wie bei Schindel und bei Goedeke steht) oder Bertha von Salza und Hermann von Thüngen, aus dem 12. Jahrhundert“ (Leipzig 1793). Kleine Gedichte, besonders zu Familienfesten, hatte Frau v. W. schon in ihren Kinderjahren und später in Breslau verfaßt, auch in Berlin eine Sammlung derselben drucken lassen, die aber freilich ebenso wie die meisten ihrer Romane nur wenig Anklang fanden. Sie selbst hat sich in ihrer unendlich breit ausgesponnenen, aber rücksichtslos offenherzigen Lebensbeschreibung (Bd. 2, S. 611 ff.) gegen Kritik und Publicum eingehend zu vertheidigen und die einzelnen Werke in ein besseres Licht zu setzen versucht. Freilich vergebens; öde Langweiligkeit einerseits, widerliche Ausmalung raffinirter Sinnlichkeit andrerseits konnten diesen Schriften weder damals noch in der Folge zu irgendwelcher Anerkennung verhelfen. Ueber ihre dramatische Fortsetzung von Schiller’s Räubern, die 1801 unter dem Titel „Karl Moor und seine Zeitgenossen nach der Abschiedsscene am alten Thurm“ erschien, sagt Boas (Schiller’s Jugendjahre II, 89): „sie gehört zu dem widerwärtigsten Flitterputz, mit dem die kriechende Travestie einer echten, stolzen Moral jemals ihren dürren Leib behängt hat“. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die Verfasserin unter der Pflege ihrer zweiten Tochter, einer Frau v. Krockwitz, in Lampersdorf bei Bernstadt in Schlesien, wo sie am 11. October 1819 starb. Auch ihre älteste Tochter, Auguste Freiin v. Goldstein, sowie ihre jung verstorbene Enkelin, Clara Maria Aurora Freiin v. Goldstein, sind schriftstellerisch thätig gewesen.

Außer den bei Schindel (II, 400 ff.) und bei Goedeke (V, 401 u. 476 f.) aufgezählten Werken der Frau v. W. ist noch eine pseudonym veröffentlichte Broschüre mit dem Titel „Pflicht und Vortheil der Deutschen in einem Sendschreiben [735] an den Adel und die Ordensritter der deutschen Länder“ zu nennen. Das bei Goedeke angeführte Werk „Adelaide“ ist nicht von ihr, sondern ein Erzeugniß ihrer Tochter Auguste.

Schindel. Die deutschen Schriftstellerinnen des 19. Jahrh. II, 398–402.