ADB:Waldenfels, Karl Wilhelm Ernst von

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Artikel „Waldenfels, Karl Wilhelm Ernst v.“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 691–692, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Waldenfels,_Karl_Wilhelm_Ernst_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:19 Uhr UTC)
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Waldenfels: Karl Wilhelm Ernst v. W., königlich preußischer Major und Vicecommandant von Colberg, wurde am 10. April 1772 zu Baireuth geboren. Sein Vater war markgräflicher Kammerherr und Oberforstmeister, so kam es, daß auch W. zunächst in den Militärdienst seines engeren Vaterlandes trat, als Lieutenant im Infanterieregimente von Reitzenstein ging er mit diesem, als die fränkischen Besitzungen der Hohenzollern an das Königshaus kamen, am 5. Januar 1792 in das preußische Heer über. Als dann aus den Ansbach-Baireuth’schen Fußtruppen im J. 1794 zu Frankfurt a. M. ein dem Generalmajor v. Reitzenstein verliehenes Infanterieregiment Nr. 56 gebildet wurde, fand W. in demselben als Stabscapitän seine Stelle, am 28. Januar 1803 erhielt er nach einer Dienstzeit von 15 Jahren und 3 Monaten eine eigene Grenadiercompagnie, kam dann durch Tausch in das in Baireuth garnisonirende Infanterieregiment v. Zweifel Nr. 45, nahm mit diesem am Feldzuge des Jahres 1806 in Thüringen theil, gelangte auf dem Rückzuge am 4. December nach Königsberg in Preußen und ward hier durch eine Cabinetsordre vom 14. d. M. zum 2. Commandanten von Colberg ernannt. Dorthin hatte der König kurz vorher seinen Flügeladjutanten, den Major Graf Götzen, gesandt, um sich von dem Zustande der Festung Kenntniß zu verschaffen; Götzen hatte gemeldet, daß die Vertheidigungsfähigkeit des Platzes gering sei, aber in die Persönlichkeit des Commandanten Oberst von Lucadou keinen Zweifel gesetzt. Nur für den Fall, daß die körperlichen Kräfte des Letzteren zu vollkommen ausreichender Wahrnehmung seines Postens nicht genügen sollten, ward ihm in der Person des Hauptmanns von W. ein Beistand zugeordnet; zugleich ward dieser zum Commandeur eines neugebildeten Grenadierbataillons ernannt, welches nach ihm benannt wurde. – W. war ein tapferer und ehrgeiziger Soldat, dem das Treiben in der Festung, bevor der Feind vor derselben erschien, wenig zusagte. Er richtete daher seinen Blick nach außerhalb und gedachte in der von den Franzosen schon heimgesuchten Umgegend denselben Abbruch zu thun. Anfangs gelang es ihm, seinen Wünschen bei Lucadou Eingang zu verschaffen, als aber das erste ins Werk gesetzte größere Unternehmen, ein Angriff auf die vom Feinde besetzte Stadt Wollin, bei welchem W. den Oberbefehl führte, fehlgeschlagen war und erhebliche Verluste im Gefolge gehabt hatte, war das Vertrauen, welches der Commandant in seinen Gehülfen setzte, geschwunden und unter der Störung ihres Einvernehmens litt die Sache, der beide dienten. Trotzdem ließ W. seinem Vorgesetzten Gerechtigkeit widerfahren, ein von ihm dem Könige erstatteter Bericht ward die Veranlassung, daß Friedrich Wilhelm III. dem Oberst von Lucadou später noch den Charakter als Generalmajor verlieh. Um so freudiger begrüßte W. das Eintreffen Gneisenau’s, der gleich ihm seine Dienstzeit bei den markgräflichen Truppen begonnen hatte, als dieser am 29. April Lucadou als [692] Commandanten ablöste; er selbst war inzwischen zum Major befördert und durch Verleihung des Ordens pour le mérite ausgezeichnet; sein Grenadierbataillon zählte damals 850 Mann. Gneisenau beschloß, die Wolfsbergschanze zum Hauptstützpunkte seiner Vertheidigungsstellung zu machen. Sie bildete von nun an den Hauptgegenstand der Kämpfe, jede der beiden Parteien wollte sie haben, keine die andere in ungestörtem Besitze lassen und ihr gestatten, sich darin festzusetzen. In der Nacht zum 9. Mai nahmen sie die Franzosen, in der zum 18. eroberten die Belagerten sie zurück, wobei W. mit seinen Grenadieren den Hauptantheil hatte, so daß das Werk in Zukunft die Grenadierschanze genannt wurde, am 12. Juni ward sie, nachdem alle Mittel der Vertheidigung und der Abwehr der überlegenen Gegner erschöpft waren, auf Grund einer abgeschlossenen Capitulation den Franzosen überlassen. Die Kämpfe um die Schanze hörten trotzdem nicht auf, die Belagerten konnten nicht dulden, daß die Angreifer sich dort ungestört einnisteten. Nur drei Tage lang blieben diese in ungestörtem Besitze. In der stürmischen Regennacht vom 14./15. Juni unternahm die Besatzung den Versuch der Wiedereroberung. Der von W. geleitete Angriff gelang, aber dieser selbst fiel, nachdem er noch gesehen hatte, daß die Schanze genommen war. Gneisenau’s Briefe athmen tiefe Trauer um den Tod seines tapferen Vicecommandanten.

Archiv des Kriegsministeriums zu Berlin. – E. v. Höpfner, Krieg von 1806 und 1807, IV, 2. Aufl., Berlin 1855.