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Artikel „Wölfl, Joseph“ von Eusebius Mandyczewski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 127–128, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:W%C3%B6lfl,_Joseph&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 04:05 Uhr UTC)
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Wölfl: Joseph W., geboren zu Salzburg 1772, † zu London im Mai 1812, war ein Clavierspieler außerordentlichster Art und ein fleißiger, wenn auch nicht über seine Zeit hervorragender Componist. Er war ein Schüler von Michael Haydn und Leopold Mozart; in seiner frühesten Jugend Violinspieler, wandte er sich bald dem Clavierspiel und der Composition zu und war schon mit 18 Jahren auf eine so hohe Stufe künstlerischer Reife gelangt, daß er auf Mozart’s Empfehlung vom Grafen Orginsky als Capellmeister nach Warschau berufen wurde. Nach der Theilung Polens erschien er 1795 in Wien. Hier erregte er durch sein Clavierspiel, das als das blendendste seiner Zeit gepriesen wurde, ungeheures Aufsehen und machte sich auch durch die Composition einiger komischer Opern, die dem Geschmacke des Publicums entgegenkamen, sehr beliebt. [128] Daneben wurde er durch seine persönlichen Vorzüge, sein liebenswürdiges, heiteres Naturell, seine gesellschaftlichen Talente, alles Eigenschaften, die die Wirkung seiner künstlerischen Leistungen noch erhöhten, der bewunderteste Liebling der Wiener Gesellschaft. 1798 heirathete er die Schauspielerin Therese Klemm. Diese Verbindung zeigte sich aber bald als eine unglückliche, und W. begann Kunstreisen zu machen. Er besuchte zunächst Brünn und Prag, dann Leipzig, Dresden, Berlin und Hamburg, wo er längere Zeit verweilte. Ueberall wurde der Clavierspieler in ihm bewundert, der Componist geachtet, der liebenswürdige, heitere Gesellschafter geliebt. So erging es ihm auch in Mainz, Braunschweig und mehreren anderen deutschen Städten, die er besuchte. Endlich finden wir ihn (im September 1801) in Paris, wo sein Erscheinen eine wahre Begeisterung erregte. Etwa vier Jahre lebte er hier auf dem höchsten Gipfel seines Ruhms. Von den beiden Opern, die er für das Théâtre Feydeau schrieb, scheint die zweite empfindlich abgefallen zu sein, und der Verdruß darüber dürfte W. veranlaßt haben, Paris den Rücken zu kehren und nach London zu gehen. Hier lebte er bis zu seinem Tode als der angesehenste Clavierspieler und Componist, wenn auch seine für das Kings Theatre geschriebenen Ballette kein besonderes Glück hatten. Wölfl’s Vorliebe für gesellschaftliche Unterhaltung, für Kartenspiel, Billard u. dergl. soll ihn schon in Paris und später auch in London oft in unangenehme Verlegenheiten gebracht und moralisch vielfach niedergedrückt haben; demgemäß wurde auch sein Lebenslauf mitunter mit recht romantischen Berichten ausgeschmückt, von denen sich keiner gründlich als wahr erweisen läßt. So viel steht nur fest, daß er in bescheidenen Verhältnissen gestorben ist. W. componirte mit großer Leichtigkeit, mit unbedingter Sicherheit in der Behandlung der Form, und für die kurze Zeit seines Lebens erstaunlich viel. Die meisten seiner Werke sind zu seinen Lebzeiten gedruckt und viel gespielt worden, darunter nicht weniger als 60 Sonaten für das Pianoforte, 33 für Pianoforte und Violine, 21 Pianoforte-Trios, ebenso viele Flötensonaten, 7 Pianoforteconcerte, 15 Streichquartette und eine sehr große Zahl von Phantasieen, Rondos, Variationen, Tänzen u. dergl. W. hatte eine ungewöhnlich große und wohlgebildete Hand und brachte mit dieser manch’ neue und verblüffende Klangeffecte auf dem Claviere hervor. Viele Stellen in seinen Werken geben Zeugniß davon. Die virtuose Seite seiner Clavierwerke hat diesen unter allen übrigen die längste Lebensdauer gesichert. Als aber die Virtuosität neue Bahnen einschlug, wurden auch sie bei Seite gelegt.