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Artikel „Versen, Otto Wilhelm von“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 635–636, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Versen,_Otto_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:37 Uhr UTC)
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Versen: Otto Wilhelm v. V., schwedischer Feldmarschall, entstammt einem lüneburgischen Adelsgeschlechte, welches seit dem 13. Jahrhundert sich über fast alle von der Ostsee bespülten Länder verbreitet hat. Otto Wilhelm, am 25. Juli 1623 in Reval geboren, gehörte dem schwedischen Zweige an; seine Eltern waren Hermann v. V. auf Raijkull und Nyenhoff in Esthland und Margaretha Anrep, Tochter des schwedischen Feldmarschalls Reinhold Anrep. Ursprünglich zum Studiren bestimmt, wurde er 1642 Hofjunker bei der Königin Christine, trat aber schon im folgenden Jahr bei Beginn des Krieges mit Dänemark in das Heer ein, zuerst in das Cavallerieregiment von Ostgothland unter Oberst Wachtmeister, 1647 in die Leibgarde des Feldmarschalls Karl Gustav Wrangel, und machte die Belagerungen von Höxter, Augsburg, Bregenz und Schweinfurt mit. Nach dem Friedensschluß ging er mit Empfehlungen Karl Gustav’s, späteren Königs von Schweden, nach Frankreich und erhielt 1650 ein Commando als Major im französischen Regiment Rosen, kehrte jedoch nach kurzer Zeit wieder nach Schweden zurück, war bei der Thronentsagung der Königin Christine 1654 zugegen und wurde zu ihrem Reisemarschall ernannt, als sie ihrem Lande den Rücken wandte. Im nächsten Jahr trat er als Oberstlieutenant in die Leibgarde, das frühere „gelbe Regiment“, das aus Deutschen bestand und seinen Werbeplatz in Pommern zu Greifenhagen an der Oder hatte. An den folgenden Feldzügen des Königs Karl Gustav nahm V. thätigen Antheil, zeichnete sich besonders bei der Eroberung von Krakau und in Jütland aus, dankte jedoch nach dem Friedensschluß von Oliva 1660 ab und lag der Bewirthschaftung seiner Güter ob. Da er sehr bald zum Landrath gewählt wurde und als solcher auch Mitglied des Obersten Gerichtshofes war, so hätte man annehmen können, daß die Beschäftigung mit den inneren Angelegenheiten des Landes ihn von nun an gänzlich in Anspruch nehmen würde. Dem war aber nicht so, denn als er 1672 von der esthländischen Ritterschaft zur Erwirkung der königlichen Bestätigung der Landesprivilegien nach Stockholm gesandt wurde, ließ er sich zum Wiedereintritt in die Armee, und zwar als Generallieutenant der finnländischen Cavallerie, bewegen. Im Zusammenhang mit dieser Sendung erfolgte unter dem 4. November 1674 seine Erhebung in den schwedischen Freiherrnstand, die auch auf seinen älteren Bruder Hermann und zwei Vettern ausgedehnt wurde. Im dänischen Krieg gerieth er 1676 in der Schlacht bei Lund schwerverwundet in Gefangenschaft und sollte, kaum ausgewechselt, zum Entsatz des vom Großen Kurfürsten belagerten Stettin nach Pommern eilen; es kam aber nicht nur nicht dazu, denn Stettin fiel am 16. December 1677, sondern die unter dem Feldmarschall Horn im November 1678 nach Preußen marschirende schwedische Armee wurde nach dem berühmten Marsch Friedrich Wilhelm’s über das kurische Haff bei Tilsit geschlagen und langte unter großen Verlusten im Februar 1679 wieder in Livland an. Dies für Schweden sehr mißliche Resultat wäre wenigstens theilweise abgewendet worden, wenn man Versen’s Vorschläge zur Verbesserung der Armee angenommen hätte. Er selbst zog sich auf seine Güter zurück und verlebte die nächsten zehn Jahre in stiller Ruhe, bis ihm im J. 1691 das Generalgouvernement von Narwa, Ingermannland und Kexholm übertragen wurde. Seine Verdienste als Soldat wurden durch die am 20. September 1693 erfolgende Ernennung zum Feldmarschall belohnt. Im J. 1698 nahm er seinen Abschied aus dem Staatsleben, genoß aber nur noch wenige Jahre der Ruhe, denn er starb am 23. April [636] 1703 auf seinem Gute Kurnall bei Reval und wurde am 26. Februar 1704 im Dom zu Reval beigesetzt. Trotz seines wechselvollen Lebens als Soldat und höherer Verwaltungsbeamter war es ihm gelungen, seinen ererbten Besitz erheblich zu vermehren; ihm gehörten die Güter Kronendahl, Raijkull und Kurnall in Esthland, Kymenegard in Finnland und Joala bei Narwa, und wenn es ihm vergönnt war, von den öffentlichen Geschäften sich zurückzuziehen, erwies er sich als eifriger und umsichtiger Landwirth. Aus seiner am 23. März 1669 mit Gertrud Yxküll († 1689) eingegangenen Ehe entsprossen fünf Töchter, von denen die vier ältesten den Vater überlebten.

Anrep, Svenska Adelns Aettartaflor. – Cederkrona, Sweriges Rikes Ridderskaps och Adels Wapenbok, Stockholm 1746. – Vanselow, Pomm. Heldenregister, Colberg o. J. – v. Versen, Gesch. d. Geschlechts von Versen und von Fersen, Berlin 1885, darin eigene Lebensbeschreibung des Otto Wilhelm von Versen.