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Artikel „Veit, David“ von Ludwig Geiger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 533–534, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Veit,_David&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 19:20 Uhr UTC)
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Veit: David V., Mediciner und Schriftsteller. Er wurde in Breslau am 8. November 1771 geboren, hing aber mit der Berliner Familie Veit zusammen, Simon V., der Gatte von Dorothea Mendelssohn, war sein Onkel. Er genoß eine gute, keineswegs confessionell jüdische Erziehung und gewann ästhetischen Sinn und die allgemeine poetische Empfänglichkeit, die in Schlesien überhaupt und bei den dortigen Juden besonders zu Hause war. Er kam [534] frühzeitig nach Berlin, wo er mit Rahel und ihrem Kreise in enger Beziehung stand. Er studirte Medicin in Göttingen, Jena und Halle von 1793–1796. Aus diesen Jahren stammt der Briefwechsel zwischen V. und Rahel, wol das interessanteste Document für Veit’s Bildungsgang und geistigen Standpunkt. Lebhaftes vielseitiges Interesse, geistiges Schwelgen, philosophische Grübeleien, vermischt mit einigem Anekdotenkram, gibt sich hier kund. Die großen Angelegenheiten des Tages werden ebensowenig berührt wie Herzenssachen, auch das Confessionelle tritt nicht häufig hervor; das Litterarische steht durchaus im Mittelpunkt des Interesses; von den litterarischen Größen: Fichte, W. v. Humboldt ist vielfach die Rede. Goethe’s Person und Werke stehen obenan, Veits Schilderungen Goethe’s, den er mehrfach sah, sind von großer Frische und Anschaulichkeit. Der Briefwechsel des jungen, sich zu einem Lebensberuf vorbereitenden Mannes mit der nur wenig älteren geistreichen Freundin ist durchaus ein Erzeugniß und ein Abbild des 18. Jahrhunderts in seinen kosmopolitischen, aufklärenden und geistigen Bestrebungen und Stimmungen. Am 23. Februar 1797 machte V. sein Doctorexamen. Seine Dissertation, A. v. Humboldt, viro de scientia naturali optime merito gewidmet – das mir vorliegende Dedicationsexemplar trägt eine handschriftliche Widmung des Autors an Reil –, eine recht ausführliche Arbeit (172 S.), hat den Titel: „De organorum corporis humani tam energia seu activitate interna quam cum organis sociis connexione seu sympathia“ (Halle 1797). Zu ihrer Beurtheilung fehlen mir die nöthigen Fachkenntnisse. V. wurde nicht alsbald praktischer Arzt, vielmehr benutzte er die folgenden Jahre zur Erweiterung seiner Bildung, zu Reisen nach Paris, schriftstellerischen und Uebersetzungsarbeiten. Zahlreiche Aufsätze aus jener und der späteren Zeit, in Journalen zerstreut, meist ohne seinen Namen erschienen, sind spurlos untergegangen. Zwei Uebersetzungen eines chemisch-medicinischen Werkes und eines biographischen Werks über Rousseau mit mannichfachen eigenen Zuthaten sind bei Meusel VIII, 192 verzeichnet. Zufällige Umstände bewirkten seine Uebersiedelung nach Hamburg, wo er seit Ende 1799 lebte. Er wirkte als Arzt, war vielfach als Schriftsteller thätig und verkehrte – anregend und angeregt – im Reimarus-Sieveking’schen Hause. Ein Zeugniß dieses Verkehrs ist seine Schrift: „J. A. H. Reimarus nach zurückgelegten Fünfzig Jahren seiner medizinischen Laufbahn. Ein biographischer Beytrag zur Feyer des 29. Aprils“ (Hamburg 1807). Das Buch, das auch einen Abschnitt von L. v. Heß, Briefe von Lichtenberg u. A. enthält, ist von freisinniger Anschauung getragen; die Biographie ist frisch und anziehend geschrieben. In den letzten Jahren war er als Arzt thätig; die überaus anstrengende Thätigkeit zu den Zeiten der französischen Occupation bewirkte seinen frühen Tod am 15. Februar 1814. V. war ein witziger, geistreicher, allseitig gebildeter Mensch, der durch Gespräche und Briefe mehr wirkte als durch Schriften, der in dem Kreise seiner Freunde sehr anregend und einflußreich war, während er nach außen wenig hervortrat.

Briefwechsel zwischen Rahel und David Veit. 2 Bde. Lpz. 1861 (hsg. von Ludmilla Assing). – Varnhagen, Galerie von Bildnissen aus Rahel’s Umgang. Lpz. 1836.