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Artikel „Vater, Abraham“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 502–503, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vater,_Abraham&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:39 Uhr UTC)
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Vater: Abraham V., Arzt und Naturforscher und besonders ausgezeichnet als Anatom, wurde als Sohn von Christian V. (s. d.) am 9. December 1684 in Wittenberg geboren. Er studirte seit 1702 die Heilkunde an der Universität seiner Vaterstadt, wo er 1706 die philosophische Doctorwürde erlangte, und später auch in Leipzig, wo er 1710 den medicinischen Doctorgrad erwarb. Darauf machte er eine größere wissenschaftliche Reise durch Deutschland, England und Holland mit längerem Aufenthalt in Amsterdam und Leyden, wo er unter Ruysch eingehendere anatomische Studien trieb und besonders sich mit der von diesem Autor kunstvoll gepflegten Injectionstechnik vertraut machte. Nach seiner Rückkehr habilitirte er sich 1712 als Docent in Wittenberg, wurde daselbst 1717 außerordentlicher, 1719 ordentlicher Professor der Anatomie und Botanik und lehrte diese Fächer gemeinschaftlich, von 1733 ab aber ausschließlich die Anatomie mit großem Erfolg, den er dadurch steigerte, daß er in verdienstlicher Weise ein reichhaltiges anatomisches Museum gründete. 1737 erhielt er auch die Professur der Pathologie, doch überließ er die Vorträge über dieses Gebiet dem Dr. Stenzel, während er selbst fortfuhr seine Kraft dem anatomischen Unterricht bezw. der Forschung anhaltend zu widmen. Nachdem er 1746 auch noch zum ersten Professor (der Therapie) an der Wittenberger Universität ernannt war, verblieb er zuletzt als Senior der medicinischen Facultät in dieser Stellung bis zu seinem am 18. November 1751 eingetretenen Lebensende. – V., der auch Mitglied der k. k. Leopold.-Carolinischen Akademie der Naturforscher war, ist ein außerordentlich vielseitiger Forscher gewesen. Seine zahlreichen Arbeiten betreffen die Botanik, Chemie, Pharmakologie, allgemeine und specielle Pathologie und Therapie, die Chirurgie, Gynäkologie und Staatsarzneikunde. Sie alle werden bei weitem überragt durch Vater’s Leistungen in der Anatomie, die er durch hervorragende Forschungen von bleibendem Werth bereichert hat. Erwähnenswerth sind besonders die Abhandlungen über den Mechanismus der Schließung des foramen ovale (1714), über ein Divertikel an der Mündung des ductus choledochus im Zwölffingerdarm (1720), über einen Speichelgang in der Zunge (1720, 1723), über einen Ringmuskel am Gebärmuttergrunde (1723). In einer Dissertation von Lehmann „De consensu partium corporis humani“ (Wittenberg 1741), beschreibt er ferner die unter seinem Namen bekannten, dann in Vergessenheit gerathenen und von Pacini im 3. Decennium dieses Jahrhunderts erst wieder entdeckten sogenannten Tastkörperchen als kleine ovale Anschwellungen, papillae nerveae, mit denen die Hautnerven der Handfläche und Fußsohlen beim Menschen nicht selten besetzt gefunden werden. Außer durch die bereits oben erwähnte Einrichtung eines anatomischen Museums hat sich V. um [503] die Hebung des bezüglichen Unterrichts in Wittenberg noch dadurch verdient gemacht, daß er auch anatomische Demonstrationen für Frauen hielt und für die Ablieferung der Leichen von Selbstmördern an die Anatomie Sorge trug. Ein ziemlich vollständiges Schriftenverzeichniß Vater’s findet sich in der schon genannten Biogr. méd., Bd. VII, S. 400–403.

Vgl. außerdem Poggendorff’s Biogr.-litterat. Handwörterbuch II, 1180, sowie Biogr. Lex. u. s. w. VI, 74 und die daselbst genannten Quellen.