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Artikel „Tretsch, Aberlin“ von Alfred Klemm in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 577–579, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tretsch,_Aberlin&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 04:48 Uhr UTC)
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Tretsch: Aberlin T., Baumeister (auch: Dretsch, Dretzsch, Trötsch, Trösch, Tresch; Auberlin, Auberle, Albrecht). In Stuttgart als Bürgerssohn, allem nach als Sohn des zwischen 1536 und 1540 verstorbenen Hans T., um das Jahr 1510 geboren erscheint Aberlin T. seit 1537 im Dienst des Herzogs Ulrich von Württemberg. Jedenfalls seit 1542 in dem jetzt vom Stadtdecan bewohnten Haus Gymnasiumsstraße Nr. 27 (in unser Frauen Vorstadt) wohnhaft, dürfte er zunächst als ausführender Steinmetzmeister unter der Oberleitung des fürstlichen Baumeisters Martin Vogler von Lienzingen (1536–1549) beschäftigt gewesen sein. Mit dem Regierungsantritt von Herzog Christof im Jahr 1550 erscheint er sodann selber als dessen fürstlicher Baumeister, d. h. als oberster Berather des Herzogs in allen den Architekten berührenden Fragen und Oberleiter aller fürstlichen Bauten landauf landab, so daß nur der ebenfalls Baumeister genannte Oberzimmermeister eine in diesem Specialfach der seinen ähnliche Stellung neben und doch unter ihm hatte. Diesen Posten hat T. noch über den Tod des Herzogs Christof im J. 1568 hinüber bis zu seiner Zurruhesetzung [578] 1576, der 1577 oder 1578 sein Tod folgte, inne gehabt; aber ein größeres Werk hatte er unter Herzog Ludwig nicht mehr auszuführen, und wir haben alles Recht ihn den Baumeister des Herzogs Christof zu nennen, in ähnlicher Weise wie nachher Georg Beer der Baumeister Herzog Ludwig’s, Heinrich Schickhardt der der Herzoge Friedrich und Johann Friedrich gewesen ist. Baumeister des Herzogs Christof – das will nun einerseits gar viel besagen und eine großartige Arbeitsleistung für den Baumeister in sich einschließen, wenn man die große Baulust dieses Herzogs kennt und namentlich seine förmliche Liebhaberei des Schlösserbauens. Andrerseits ist es aber auch dem Nachruhm des Baumeisters etwas abträglich. Denn Herzog Christof war in Bausachen auch so verständig und selbständig, daß er seinem Baumeister Gedanken geben, Pläne nach seinem Sinn corrigiren mochte, alles bis auf die kleinste Kleinigkeit nach seinem Kopf gemacht haben wollte, sich neben seinem Rath, nach Belieben auch des von andern Sachverständigen, z. B. 1567 vom Jülichschen Baumeister Johann Pasqualin bediente oder seinen Baumeister nach dem Muster von solchem, das er anderswo erfahren oder gesehen und das ihm gefallen hatte, bauen ließ, wie die Küchenkamine (1558) nach dem Muster derer in Schwetzingen, den berühmten Reitschnecken am Stuttgarter Schloß (1558–1560) nach Dillinger Muster. Hierdurch ist es bedingt, daß wir fast nirgends sagen und ausmachen können, das und das an einer Schöpfung aus Christof’s Zeit kommt auf des Baumeisters, das und das auf des Herzogs Rechnung.

Zunächst hatte T. die Aufführung des noch als Ruine bedeutenden Herzogs- oder Christofsbaus auf dem Hohentwiel von 1552–1556 persönlich zu leiten. Erst als bei dem 1553 begonnenen Bau des alten Schlosses in Stuttgart der Umbau des früheren als Hauptflügel stehen bleibenden Schlosses in der Hauptsache fertig war und der Bau der neuen 3 Flügel stete persönliche Oberleitung nöthig machte, kehrte T. 1556 – nunmehr in eine Wohnung in der Gegend der Hirschgasse – nach Stuttgart zurück und führte also unter des Herzogs Augen diese hervorragende Schöpfung der deutschen Renaissance durch, die bis 1563 im Außenbau im wesentlichen vollendet war, während die innere Einrichtung noch bis 1570 dauerte und die 3 Thürme noch später erst hinzugefügt wurden. Den bezeichnendsten Theil des Baues, die mit der geschlossenen Wucht im Aeußern so merkwürdig contrastirenden, Leben, Bewegung und Reiz verleihenden Arkadengänge gegen den innern Hof, finden wir am Schloß in Brackenheim ähnlich, und sie haben auch auf die Plassenburg bei Culmbach in die Ferne gewirkt. Auf den Emporenbau der Schloßcapelle wirkte das Vorbild von Torgau, Wittenberg und Annaberg in Sachsen ein.

An sonstigen Schloßbauten u. dgl. unter Herzog Christof ist eine oberleitende Thätigkeit von T. nachgewiesen für Asperg, Weinsberg, Waiblingen, Leonberg, Schorndorf, Tübingen, Neuenbürg (1557), Grafeneck (1559), Schloß Ruck bei Blaubeuren (1563), Kirchheim (Kirchthurm 1564), Neuenstadt, Hohenurach (1565), Böblingen (1568). Die Schlösser in Brackenheim und Göppingen wurden unter seiner Oberleitung von dem Meister Martin Berwart ausgeführt, wie Blasius Berwart längere Zeit der Steinmetzmeister am Stuttgarter Schloß war. Als ein Hauptverdienst von T. ist endlich sein Antheil an der 1568 nach 12jährigen schwierigen Verhandlungen und Berathungen zu Stande gekommenen württembergischen Bauordnung zu nennen. Selbstverständlich hatte er dabei namentlich die bautechnischen und baupolizeilichen Theile zu bearbeiten, hier besonders aber unter stetem persönlichen Eingreifen des Herzogs.

Klemm, Aberlin Tretsch, Herzog Christof’s von Württemberg Baumeister, in Janitschek, Repert. für Kunstwiss. 1886, Heft I, S. 28–58 (dort S. 57 f. [579] auch die früheren Quellen). Nachträge dazu s. Staatsanzeiger f. Württ., bes. Beil. 1887, 232. – Württ. Vierteljh. 1889, 91 ff.