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Artikel „Torquatus, Georg“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 455–457, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Torquatus,_Georg&oldid=- (Version vom 16. Dezember 2024, 12:55 Uhr UTC)
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Torquatus: Georg T., oder, wie er mit seinem deutschen Namen hieß, Halsband, Theologe und Geschichtschreiber, war im zweiten oder dritten [456] Decennium des 16. Jahrhunderts, nach 1513, in der Sudenburg bei Magdeburg geboren. Seine erste wissenschaftliche Bildung hat er wol auf dem Altstädter Magdeburger Gymnasium erhalten, dann ging er nach Braunschweig und von da aus bezog er die Universität Wittenberg, um Theologie und Philosophie zu studiren. Seinen Plan, sich ausschließlich den Wissenschaften zu widmen und auf ein öffentliches Amt zu verzichten, führte er nicht aus. Er ging nach Magdeburg zurück, wurde am Altstädter Gymnasium Schulcollege und zugleich Frühprediger an der Jakobikirche, 1557 Capellan an der Ulrichskirche, 1570 Pastor an der Nicolaikirche in Neustadt-Magdeburg und starb hier am 30. Juni 1575. Eine von ihm 1569 in niederdeutscher Sprache unter dem Titel „Husbuck“ verfaßte Selbstbiographie scheint nicht mehr erhalten zu sein, doch gibt Boysen, der sie noch in Händen hatte, daraus in der Vorrede seiner Ausgabe von Torquatus’ Magdeburger Annalen einige schätzenswerthe Mittheilungen, die den Verlust dieses Buches schmerzlich empfinden lassen. Danach hat er 1567 den Plan gefaßt, Geschichte, und zwar Magdeburger und Halberstädter Annalen, zu schreiben. Zu diesem Zwecke beschäftigte er sich nicht nur mit der bereits gedruckten Litteratur, er machte auch in den bezüglichen Archiven eingehende Studien. Ein noch vorhandenes Patent des Erzbischofs Sigismund vom 9. November 1563 gibt den Stiftern und Städten den Auftrag, T. bei „seinem vorhabenden Geschichtswerke“ über das Erzstift Magdeburg zu unterstützen. Andererseits mußte er sich zur „Verschwiegenheit und Geheimhaltung etwaiger bei Perlustrirung der Archive aufzufindender Arcana“ verpflichten. Eine „Series pontificum ecclesiae Magdeburgensis“, welche unter seinem Namen von Mencken im 3. Bande von dessen Scriptores rerum Germanicarum herausgegeben ist, wird, wenn sie wirklich von ihm herrührt, nur eine Vorstudie zu seinem Hauptwerke sein; einen selbständigen Werth kann sie nicht beanspruchen. Im J. 1562 veröffentlichte er eine Streitschrift gegen das Papstthum: „Vom Grewel des selbserdichteten Coelibats“, das von großer Belesenheit des Verfassers zeugt. Das Hauptwerk seines Lebens sind die „Annales Magdeburgenses et Halberstadenses“, das nach seinem Plan drei Theile umfassen und bis auf Erzbischof Cardinal Albrecht von Brandenburg fortgeführt werden sollte. Er hat aber nur den ersten Theil vollendet, die beiden anderen Theile, von denen der eine die Geschichte des Erzstifts Magdeburg bis zum Tode Erzbischof Albrecht’s II. im J. 1234 behandeln, der dritte bis ins 16. Jahrhundert gehen sollte, sind unausgeführt geblieben. T. selbst hat sein Manuscript nicht veröffentlicht, dasselbe kaufte der Domdechant von Möllendorf, von dessen Familie es die als Historiker bekannten Meibom erwarben. Nach dem Tode der Meibom kam daß von diesen hochgeschätzte Werk mit ihrer ganzen Bibliothek zur Auction, in der es der auch als Schriftsteller bekannte gelehrte Syndikus der Stadt Magdeburg, Smalian, erwarb. Von dessen Erben kam es in den Besitz eines nicht genannten berühmten Mannes, der es dem Oberhofprediger und Consistorialrath Boysen in Quedlinburg mittheilte, welcher es 1761 im ersten (und einzigen) Bande seiner Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Magdeburgensium et Halberstadensium etc. herausgab. Das Werk des T. trägt allerdings sehr stark den Stempel seiner Zeit, sein Verfasser prunkt mit einer für diesen Zweck ganz unfruchtbaren Gelehrsamkeit, seine Ansichten über die älteste Geschichte der Deutschen sind jetzt vollständig unbrauchbar, ebenso seine Etymologien, aber dennoch enthält das Buch, namentlich in seinem topograpthischen Theile, viele noch heute brauchbare Mittheilungen. Ueber den Verbleib des Manuscripts ist bis jetzt noch nichts bekannt geworden.

Kettner, Clerus Neostadio-Australis. – Boysen, Monumenta inedita etc. Tom I., qui Georgi Torquati Annales continet. Lipsiae et Quedlinburgi [457] (1761). – G. Hertel, Mag. Georg Torquatus und seine Werke, in den Blättern für Handel, Gewerbe und sociales Leben (Beiblatt zur Magdeburger Zeitung) 1887, S. 178 ff.