Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Thimo, Bischof von Meißen“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 43–45, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thimo_von_Colditz&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 10:17 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Thiloninus, Philymnus
Band 38 (1894), S. 43–45 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Thimo von Colditz in der Wikipedia
Thimo von Colditz in Wikidata
GND-Nummer 138619476
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|38|43|45|Thimo, Bischof von Meißen|Georg Müller|ADB:Thimo von Colditz}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138619476}}    

Thimo, Bischof von Meißen 1399–1410. Thimo von Colditz stammte aus einer in Meißen und Böhmen begüterten, namentlich am böhmischen Königshofe politisch einflußreichen Familie. Sein Vater war Volrad von Colditz, seine Mutter Anna, geb. v. Kittlitz. Er war bereits um 1370 Propst des Nonnenklosters nach der Regel Benedict’s zu Teplitz, auch gehörte er der Kanzlei König Wenzel’s als secretarius et consiliarius an. Seine böhmische Politik hatte dieser Fürst im Auge, als er seinen Rath dem Papste als Bischof von Meißen empfahl, [44] nachdem der bisherige Bischof Nicolaus seine Würde niedergelegt und sich nach Bautzen zurückgezogen hatte. So bestieg ein Böhme den Bischofsstuhl zu einer Zeit, wo der größte Theil des Sprengels, die Ober- und Niederlausitz, außerdem ein großer Theil des Meißner Hochlandes, der Krone Böhmen gehörte.

Markgraf Wilhelm von Meißen erkannte die seiner Herrschaft drohende Gefahr. Er verlangte von dem neuen Bischof das Versprechen, ihm ein treuer Verbündeter zu bleiben und an den hergebrachten Rechten nichts zu ändern. Dafür sagte er ihm den landesherrlichen Schutz zu. Gleichzeitig suchte er, von König Wenzel unterstützt, bei der päpstlichen Curie um Bestätigung der Exemtion des Bisthums Meißen von dem Erzbisthum Prag nach. Papst Bonifaz IX. und Innocenz VII. entsprachen diesem Antrage in mehreren Bullen vom Jahre 1399, 1402 und 1405. Gegen das Eindringen fremder Elemente sicherte sich der Markgraf durch die vom päpstlichen Hofe erlangte Befugniß zur Besetzung mehrerer Meißner Domherrnstellen. Auch die Ansprüche des Erzbischofs von Magdeburg auf eine Oberhoheit über Meißen wurden von der Curie auf Antrag des Fürsten zurückgewiesen.

Wie der Bischof in Meißen ein Fremdling war, so fühlte er sich in der alten Bischofsstadt nicht heimisch. Er lebte viel in Böhmen, auch am Hofe König Wenzel’s, am liebsten auf seinem, auch zu Böhmen gehörigen Schlosse Stolpen, dessen Capelle von ihm als Stiftskirche mit sieben Geistlichen ausgestattet und durch päpstliche Begnadigung der Gerichtsbarkeit des Meißner Capitels entzogen wurde. Auch den bischöflichen Gerichtsstuhl wollte er hierher verlegen, nachdem derselbe vorher noch eine größere Erweiterung seiner Rechte erfahren hatte. Aber jetzt griff Markgraf Wilhelm ein. Er beschwerte sich bei Papst Innocenz VII. und dieser ordnete die Zurückverlegung nach Meißen an.

Wahrscheinlich mit der Abwesenheit des Bischofs hängt es zusammen, daß die finanzielle Lage des Bisthums sich während der Regierung Thimo’s wesentlich verschlechterte. Daß er es mit der Verwerthung des Besitzes nicht eben ernst nahm, beweisen die zahlreichen Verpfändungen und die Art des finanziellen Gebahrens; seinem Vetter Otto von Colditz verpachtete er z. B. das Gut Nossen zu einem Spottpreise. Viel trug zur Verschuldung die Reise bei, die er in König Wenzel’s Auftrag nach Italien unternahm, um dem Concil zu Pisa beizuwohnen. Als man hier die bisherigen beiden Päpste abgesetzt und Alexander V. zum Haupt der Christenheit ausgerufen hatte, wußte Th. sich von diesem eine Reihe von Vergünstigungen zu verschaffen, die meist finanzielle Angelegenheiten betrafen. In die Heimath zurückgekehrt starb er am 26. December 1410. Sein Testament hatte er bereits vor seiner Reise nach Italien aufgesetzt. In demselben wurde die Meißner Domkirche nicht bedacht, dagegen das Vermögen den Verwandten bestimmt. Die Tilgung der für die damalige Zeit sehr bedeutenden Schuldenlast übernahm das Capitel, dem der Oberhauptmann der Lausitz, Nicolaus von Polenz, mit einem vortheilhaften Angebote entgegen kam. Auch der bischöfliche Schatz von Juwelen und Kleinodien war unter Thimo’s Regierung verloren gegangen; er sollte ihm auf seiner Reise durch Kärnten von Räubern entwendet worden sein. Ein Chronist schließt seinen Bericht mit den Worten: Vide igitur clericorum periculum, praecipue praelatorum, qui se curiis saecularium committunt.

Aus Thimo’s geistlicher Thätigkeit ist noch zu erwähnen die Einführung der Verehrung des heiligen Erasmus in dem Meißner Sprengel. Bereits in den vorhergehenden Jahrzehnten war eine Reihe neuer Feiertage in Uebung gekommen. Jetzt wurde, nachdem 1401 die Stolpener Capelle jenem Heiligen gewidmet worden war, von den Päpsten Bonifaz IX. und Innocenz VII. ihm zu Ehren der 3. Juni als Feiertag angeordnet und mit besonderen Ablässen ausgestattet.

[45] Cod. dipl. Sax. reg. II, 2, XXII-XXVII. 280–360. – Verzeichniß Oberlausizischer Urkunden. 1. Heft. Vom Jare 965 bis 1346 S. 146–172. Görliz 1799. – Sigismund Calles, Series Misnensium Episcoporum p. 270 bis 280. Ratisbonae et Viennae 1752. – Ed. Machatschek, Geschichte der Bischöfe des Hochstifts Meißen S. 342–361. Dresden 1884. – Th. Lindner, Ueber Kanzler und Kanzlei König Wenzel’s in den Jahren 1378–1400 in Dr. v. Löher’s archivalischer Zeitschrift 4, S. 150 ff. 160 f. – Einige Nachrichten finden sich im königl. Hauptstaatsarchive zu Dresden.