ADB:Tauchnitz, Bernhard Freiherr von

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Artikel „Tauchnitz, Bernhard“ von Karl Friedrich Pfau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 672–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tauchnitz,_Bernhard_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 13:12 Uhr UTC)
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Tauchnitz: Bernhard T., ein Neffe von Karl Tauchnitz dem Aelteren (s. A. D. B. XXXVII, 441), Begründer des großen gleichnamigen Verlagshauses zu Leipzig, geboren am 25. August 1816 zu Schleinitz bei Naumburg. T. begründete im J. 1837, kaum 21 Jahre alt, sein eigenes Verlagsgeschäft, mit welchem er zugleich auch eine Druckerei und Stereotypengießerei verband. T. widmete sich ursprünglich der Herausgabe juristischer Werke; von seiner Thätigkeit auf diesem Gebiete legt manches hervorragende Werk Zeugniß ab. Später wurde diese Richtung zwar nicht ganz aufgegeben, aber doch etwas in [673] den Hintergrund gedrängt durch das bedeutende Unternehmen der „Tauchnitz-Collection“. Der erste Band dieser Collection, dessen Zweck es sein sollte, die englische Litteratur auf dem Continente in guten und billigen Ausgaben dem größeren Publicum zugänglich zu machen, erschien am 1. September 1841 und erzielte einen außergewöhnlichen Absatz. Der Erfolg des ersten Bandes ermuthigte zur Fortsetzung und so erschien rasch Band auf Band, so daß allmählich in dem Rahmen dieses Unternehmens die Arbeiten fast aller hervorragenden englischen Autoren zur Aufnahme gelangten. Mit der wachsenden Ausdehnung der Tauchnitz-Collection hielt das steigende Interesse für dieselbe gleichen Schritt. Mit zäher Energie überwand T. alle Schwierigkeiten, die ihm entgegentraten und hauptsächlich in der großen Verschiedenheit englischer Verhältnisse gegenüber den deutschen gipfelten. In welchem Maße T. sein Ziel erreichte, beweist die Thatsache, daß englische Autoren, ebenso diejenigen Nordamerikas später es sich zur Ehre anrechneten, in die „Tauchnitz-Collection“ aufgenommen zu werden. Das Unternehmen liegt gegenwärtig in mehreren tausend Bänden vor. Macaulay allein erhielt von T. etwa 50 000 Mk., und dessen Erben beziehen bis zur Gegenwart noch sehr ansehnliche Beträge.

Die Tauchnitz-Collection begründete ihres Schöpfers Ansehen und Stellung. Denselben Zweck wie die Tauchnitz-Collection für die englische Litteratur, verfolgt die gleichartige Sammlung „France classique“; sie umfaßt die besten classischen Werke der Franzosen und erfreut sich ihrer Correctheit wegen größter Anerkennung. Ergänzt wurden diese beiden Sammelwerke später durch eine Collection englischer Jugendschriften, denen sich endlich noch eine neue Collection „German Authors“ anschloß. Weitere werthvolle Verlagsartikel der Firma Bernhard Tauchnitz sind die „Sammlung griechischer und römischer Classiker“ und ihre Wörterbücher; die kleinen rothen, schmucken Bändchen sind zu typischen Erscheinungen der Litteratur geworden.

Trotz aller Erfolge, die T. auch vielfach äußere Anerkennung eintrugen, u. a. 1861 die Verleihung des erblichen Adels, ist er der einfache und bescheidene, in seinem Denken vornehme Mann von ehedem geblieben. Seit dem Jahre 1866 bekleidete Freiherr v. T. die Würde eines kgl. großbritannischen Generalconsuls, eine Auszeichnung, die ihm sein verdienstvolles Wirken für die englische Litteratur eingebracht hat. Ebenso ist ihm die Ehre zu Theil geworden, zum lebenslänglichen Mitgliede der I. sächsischen Ständekammer ernannt zu werden. Seit dem 1. Juli 1866 ist der älteste Sohn von Bernhard T., Dr. jur. Karl Bernhard Freiherr v. Tauchnitz, als Theilhaber der Firma beigetreten; in dessen Besitz ging dann auch bei dem am 13. August 1895 erfolgten Tode des Vaters die Firma über.