ADB:Stromer, Ulman
Lamprecht von Bamberg in burggräf1ichen Händeln, weiter auf einen Tag des Bischofs Gerhard von Würzburg nach Neustadt und endlich nach Landshut. In der inneren Verwaltung der Stadt spielt er eine nicht unwichtige Rolle. 1406 ist er unter den Rathsverordneten, welche die Stadtrechnung abnehmen, und noch in seinem letzten Lebensjahre, im J. 1407, gab er einen Anschlag zur Losung mit einer Taxordnung. Als besonders bemerkenswerth muß es Erwähnung finden, daß ihm als Stadtbaumeister die Oberaufsicht und Rechnungsführung über den Bau des schönen Brunnens von 1390 bis 1396, dem Jahre seiner Vollendung, übertragen war. Er wirkte hier übrigens, was wohl festzuhalten, keineswegs als eigentlicher Baumeister, sondern nur in der Function eines Pflegers, eines vom Rath aufgestellten Commissars, während der Architekt in der Person ‚Heinrich des Boliers‘ zu suchen ist.
Stromer: Ulman St., Nürnberger Rathsherr, Kaufherr und Chronist, geboren am 6. Januar 1329 als Sohn des Nürnberger Rathsherrn Heinrich St. und der Margaretha, einer Tochter des Schultheißen Heinrich Geuschmied, † am 13. April 1407. Mit U., was hier als Curiosum bemerkt sei, überlebten 17 Geschwister den Vater. Seit 1371 gehörte U. dem Rathe seiner Vaterstadt, wenn auch mit Unterbrechungen, an und stieg (1396) bis zur Stufe eines Obristhauptmanns empor. Von den Aemtern, die er im Rathe bekleidete, nennt er nur die Pflegschaft des Nonnenklosters zu St. Clara, welche er von 1372 bis 1390 versah, es kann indeß keinem Zweifel unterliegen, daß er noch andere und bei seinen bedeutenden Fähigkeiten auch wichtigere Rathsämter innegehabt hat. Im übrigen bediente sich der Rath seiner zu wichtigen politischen Missionen. Er selbst allerdings erzählt nur von seiner Sendung im J. 1384, als er mit anderen nach Nördlingen abgeordnet wurde, um den Beitritt Nürnbergs zum schwäbischen Bund herbeizuführen. Allein im J. 1386 übernahm er im Auftrag des Raths nicht weniger als vier politische Missionen, einmal nach Weißenburg, wo er in Bundesangelegenheiten verhandelte, dann zum BischofDas hohe Ansehen, dessen sich U. erfreute, ging weit über die Mauern seiner Vaterstadt hinaus. So standen der alte wie junge Herzog Ruprecht von Baiern und des letzteren Gemahlin Elisabeth mit ihm in näheren Beziehungen. Der alte Herzog nahm 1374 zum ersten Male bei ihm Herberge, König Ruprecht’s Gemahlin Elisabeth hob 1401 seine Enkelin Else aus der Taufe und der König selbst war 1403 bei ihm zu Gast, wo er ihn in einer Urkunde seinen Wirth nennt und ihm, wol zur Deckung der Kosten, die Dinkelsbühler Stadtsteuer vom J. 1404 überweist.
Für den Historiker und insbesondere den Culturhistoriker ist U. St. in doppelter Beziehung bemerkenswerth, einmal als Verfasser einer geschichtlichen und genealogischen Aufzeichnung, die 1360 von ihm begonnen, unter dem Titel: „Püchel von meim geslechet und von abentewer“ bekannt, die Jahre 1349 bis 1407 umfaßt, dann aber noch in seiner Stellung als bedeutender Kaufherr und unternehmender Industrieller. Jenes Büchlein gibt nach beiden Seiten hin erwünschte Aufschlüsse, wenn es auch in dem engen Rahmen gehalten ist, wie er bei älteren derartigen Aufzeichnungen herkömmlich. Wenn man es als Denkwürdigkeiten bezeichnet hat, so darf man nicht an moderne Aufzeichnungen dieser Art denken. Das persönliche Moment tritt bei ihm vollständig in den Hintergrund, die Mittheilungen, die er gibt, sind oft lückenhaft, knapp, ja kärglich, [618] nichtsdestoweniger bilden sie aber wichtige Beiträge für die Geschichte seiner Zeit. Zunächst bringt er kurze Nachrichten über die Verbrennung und Vertreibung der Juden in Nürnberg in den Jahren 1349 und 1385 und über den allgemeinen Nachlaß der Judenschulden im J. 1390. Wir erfahren Näheres über das anhebende schlimme Verhältniß zwischen der Stadt und den Burggrafen, über die politischen Unternehmungen des Kaisers und der Fürsten, über den großen Städtekrieg, kurz über Alles, was ihm zur Festhaltung für sich und seine Nachkommen als wichtig genug erschien. Eine zweite Abtheilung seiner Aufzeichnung gibt genealogische und historische Nachrichten über die eigene Familie, die sich aufwärts bis ins Jahr 1205 auf seinen Ahnherrn Gerhard von Reichenbach zurückerstrecken, abwärts seine Sippschaft bis ins dritte Glied behandeln.
Dann folgen wieder locale Nachrichten über seine eigene Thätigkeit und persönlichen Verhältnisse, so auch über die Wiederansäung des Waldes bei Lichtenhof durch den Rath, die insofern für ihn auch ein familiäres Interesse darbot, als sein Bruder Peter St. mit der Durchführung dieser Aufgabe betraut wurde, über das Verhältniß zu seinen Erbleuten in Harlach u. s. f., dann aber über die Anlage seiner Papierfabrik. Den Schluß dieser Abtheilung bilden eine Menge genealogischer Notizen über die damals lebenden ehrbaren Nürnberger Geschlechter.
Das Büchlein Stromer’s „von meim geslechet und von abentewr“ erscheint auch deshalb von ganz besonderem Interesse und hervorragender Wichtigkeit, weil in ihm sich das Bild des tüchtigen, gediegenen Nürnberger Kaufherrn und unternehmenden, seine Ziele klar ins Auge fassenden Großindustriellen des 14. Jahrhunderts in trefflicher Weise wiederspiegelt. Wol zu eigenem Gebrauch und zu Nutz und Frommen seiner Nachkommen hat er nach den Urkunden Kaiser Karl’s IV. aus den Jahren 1332, 1347 und 1355 alle jene Städte in Süd- und Norddeutschland, am Niederrhein, in Flandern, Burgund und in der Schweiz in seinem Büchlein genau notirt, mit denen Nürnberg auf dem Fuße der Zollfreiheit auf Grund von Verträgen stand, weiter gibt er Mittheilungen über das Verhältniß des Nürnberger Gewichts zu dem in Frankfurt, Mainz, Köln, Brügge, Genua etc., dann Barcelona, Krakau, Asow, Lemberg, ferner über Zölle, Geleitsgelder, Weglöhne, Unterkaufsgelder und andere Abgaben. Auch über das Verhältniß des Nürnberger Guldens zu den Regensburger Pfennigen für die Jahre 1377 bis 1396 erhalten wir wünschenswerthe Aufschlüsse. Zum Schluß gibt er noch eine Methode an die Hand zur Auffindung des Rauminhalts eines Fasses, die sog. Visirruthe.
Besonderes Interesse erweckt es, daß U. Str. der erste war, der in Nürnberg, ja wahrscheinlich in Deutschland überhaupt die Papierfabrikation im Großen heimisch machte. Linnenpapier wurde allerdings schon seit Beginn des 14. Jahrhunderts durch Handmaschinen bereitet. U. St. führte den Fabrikbetrieb ein. Er ließ Italiener kommen, welche ihm in der oberhalb Nürnberg an der kleinen Pegnitz gelegenen Gleismühle, späterhin und heute noch unter dem Namen Hadermühle bekannt, im J. 1390 ein Werk errichteten mit 18 Stämpfen, die durch zwei Räder getrieben wurden. Es war das für jene Zeit eine bedeutende Anlage, die dem Unternehmungsgeist U. Stromer’s ein glänzendes Zeugniß ausstellt. Er war eben, und das leuchtet aus so manchen Stellen seines uns so werthvollen Büchleins auf das unzweideutigste hervor, ein ebenso weitblickender, kluger und gediegener Kaufmann, wie er ein vortrefflicher und zugleich anspruchsloser Mensch war.
- Siehe Chroniken der deutschen Städte, Bd. 1, wo das Stromerbüchlein von Prof. Hegel publicirt und mit einer eingehenden Einleitung versehen ist.