ADB:Strombeck, Friedrich Karl

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Artikel „Strombeck, Friedrich Karl v.“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 614–617, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Strombeck,_Friedrich_Karl&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 22:12 Uhr UTC)
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Strombeck: Friedrich Karl v. St., geboren zu Braunschweig am 16. September 1771, † am 17. August 1848, entstammte einem alten braunschweigischen Patriciergeschlechte, das unterm 25. November 1800 in den Adelstand erhoben wurde. Sein Vater Christoph Georg v. St., der als Privatmann lebte und sich zumeist mit der Verwaltung seiner Güter beschäftigte, war in sehr guten Verhältnissen († am 17. April 1801); seine Mutter Christiane Henriette Luise geborne Häseler war die Tochter eines braunschweigischen Kaufmanns († am 20. August 1807). Er besuchte das Martinigymnasium seiner Vaterstadt, wo sich früh in ihm eine brennende Liebe zu der alten Litteratur entfachte, die sein ganzes Leben hindurch anhielt. Im März 1788 ging er auf das Collegium Carolinum über, wo er sich eifrig in eigenen Dichtungen versuchte und insbesondere Professor Gärtner einen großen Einfluß auf ihn ausübte. Am 21. October 1789 wurde er auf der Universität zu Helmstedt immatriculirt; er wohnte im Hause des Professors Bruns, hörte bei Oelze[WS 1] und Günther Rechtswissenschaft, setzte daneben aber als Mitglied der Deutschen Gesellschaft unter Hofrath Wiedeburg seine schöngeistigen Bestrebungen fort. Michaelis 1791 siedelte er nach Göttingen über. Er hörte hier bei Böhmer, Pütter, Claproth und Runde Jurisprudenz, aber auch bei Bürger ästhetische Vorlesungen und trat vorzüglich zu [615] Heyne in ein näheres Verhältniß, das bis zu dessen Tode währte. Nachdem er hier anderthalb Jahre geblieben war, trat er im Mai 1793 eine Reise durch Oberitalien an, von wo er im September 1793 nach Braunschweig zurückkehrte. Er trieb hier bei dem Professor Domenico da Gattinara fleißig Italienisch und ließ im folgenden Jahre als erste Frucht seiner dichterischen Arbeiten, seine Uebersetzung von Ovid’s Kunst zu lieben erscheinen, der 1796 die von Ovid’s Heilmitteln der Liebe folgte. Durch jenes Werk wurde auf den strebsamen jungen Mann die Aufmerksamkeit Herzog Karl Wilhelm Ferdinand’s gezogen, der ihn unterm 2. April 1795 zum außerordentlichen Assessor beim Hofgerichte in Wolfenbüttel ernannte. Neben dieser richterlichen Thätigkeit, die ihn veranlaßte am 1. Januar 1797 seinen Wohnsitz nach Wolfenbüttel zu verlegen, setzte er seine Beschäftigung mit den alten Dichtern unverdrossen fort. Im J. 1799 erschien seine Uebersetzung der Elegien Tibull’s, später die des Properz. Im Anfange 1799 wurde er auf Vorschlag des Herzogs in Gandersheim, wo die Schwester des Fürsten, Auguste Dorothea, Aebtissin des kaiserlich freiweltlichen Stifts war, zum Hof- und Abteirath ernannt. Als solcher entfaltete er eine sehr erfolgreiche Wirksamkeit. Außer der Verwaltung der Justiz und der Lehnskammer wurde ihm bald auch die Leitung des Finanzwesens und des Hofstaats der Aebtissin übertragen; er war bei allen Fragen deren rechte Hand, genoß ihr vollstes Vertrauen und stand zu ihr in einem wirklich freundschaftlichen Verhältnisse. Dies war vornehmlich in Braunschweig der Fall, wo die Aebtissin den größten Theil des Jahres zuzubringen pflegte und wohin auch St. im October 1801 zur Erledigung verschiedener Geschäfte, der Testamentsordnung der Herzogin Philippine Charlotte u. a. übersiedelte. Er verlebte hier glückliche Jahre. Schon in Gandersheim, wo er am 2. April 1799 sich mit Amalie v. Bülow, einer Tochter des kurhannoverischen Forstmeisters v. Bülow, verheirathete, hatte er sich ein eigenes Hauswesen gegründet. Der Herzog, der ihn im Mai 1801 zum ordentlichen Hofgerichtsassessor von der Curie der Ritterschaft ernannte, schenkte ihm großes Vertrauen; verschiedene Reisen, wie 1805 nach Paris, verschafften ihm stets neue Anregungen und Bekanntschaften. Als im J. 1806 die Schlacht bei Jena die fürstliche Familie auseinander trieb, begleitete St. die Aebtissin Auguste Dorothea nach Rostock, Lübeck und Ottensen, wo er den Herzog Karl Wilhelm Ferdinand noch ein paar Tage vor seinem Tode († am 10. November 1806) sah. Dann reiste er nach Braunschweig zurück, um hier alles für die Heimkehr der Aebtissin vorzubereiten. Durch seine klugen Rathschläge und gewandten Verhandlungen erreichte er, daß Napoleon die Aebtissin in dem Genusse ihrer sämmtlichen Einkünfte beließ. Sie nahm darauf in Gandersheim ihren Wohnsitz, wo St. sich jetzt emsig mit dem Studium des französischen Rechts beschäftigte. Bei der Huldigung, die dem Könige von Westfalen am 1. Januar 1808 geleistet werden mußte, war auch St. unter den Deputirten. Unterm 15. Februar 1808 wurde er von dem Justizminister Siméon, mit dem er mit der Zeit sehr befreundet wurde, als Präsident des Districtstribunals in Einbeck angestellt; er blieb so in der Nähe Gandersheims, so daß er die Angelegenheiten der Aebtissin auch in Zukunft noch besorgen konnte. Als sie am 10. März 1810 starb, wurde er der Vollstrecker ihres Testaments, in dem ihm eine beträchtliche jährliche Pension ausgeworfen wurde. Seine Studien verfolgten jetzt vor allem praktische Ziele. Er entfaltete für die Einführung der neuen Gesetzgebung eine eifrige litterarische Thätigkeit. Auch an ihrer Berathung hat er als Mitglied beider Reichstage erfolgreich theil genommen. Sein Ansehen war hier so bedeutend, daß man ihm in der Civilgesetzcommission den Vorsitz übertrug. Auch von seiten der Regierung fand er volle Anerkennung. Er wurde zum Ritter der westfälischen Krone und unterm 22. September 1812 in den Freiherrnstand erhoben. Schon vorher (am [616] 1. September 1810) war er zum Präsidenten des Appellationshofes in Celle ernannt worden und gerade drei Jahre später wurde er als Staatsrath nach Kassel berufen. Wenige Wochen darauf machte die Schlacht bei Leipzig der westfälischen Herrlichkeit ein Ende. Da ihm 1814 der Aufenthalt in Kassel untersagt wurde, so zog er nach Wolfenbüttel. Sein Wunsch, von dem Herzoge Friedrich Wilhelm eine Anstellung zu erhalten, ging nicht in Erfüllung. Er verwandte daher seine Muße zu umfangreichen litterarischen Arbeiten; er übersetzte die Werke des Tacitus und des Sallust. Neben den Alten zogen ihn jetzt auch die Naturwissenschaften mächtig an, besonders die Mineralogie und die Geognosie. Eine Frucht dieser Studien war die Uebersetzung von Scipio Breislack’s[WS 2] Geognosie. In die richterliche Thätigkeit zurück führte ihn die Fürstin Pauline zur Lippe, mit der er in eifrigem Briefwechsel stand. Sie ernannte ihn unterm 28. Mai 1816 zum geheimen Justizrath und Mitglied des Oberappellationsgerichts zu Wolfenbüttel, das damals für das Herzogthum Braunschweig und die Fürstenthümer Lippe-Detmold, Lippe-Schaumburg und Waldeck gemeinschaftlich war. Unterm 9. September 1823 ward er zum lippischen Geheimrath ernannt und 1827 wurden ihm auch die waldeck’sche und die schaumburg’sche Stelle im Oberappellationsgerichte übertragen, in dem er unterm 5. Januar 1843 zum Präsidenten ernannt wurde. Daneben war er seit 1819 auch als Landtagsmitglied thätig. Er gehörte zu der Commission, die während der vormundschaftlichen Regierung den Verfassungsentwurf berieth, und hatte hauptsächlich die Verhandlungen mit dem Ministerium zu führen. Die Ereignisse des Jahres 1830, die Vertreibung Herzog Karl’s II. etc. suchte er in einer besonderen Schrift: „Was ist Rechtens, wenn die oberste Staatsgewalt dem Zwecke des Staatsverbandes entgegenhandelt?“, zu rechtfertigen, von der 1832 die vierte Auflage erschien. Unterm 24. November 1820 wurde er von der ersten Section der Stände zum Mitgliede des Landessteuercollegiums erwählt, Ende des Jahres 1832 zum Director der herzoglichen Steuerdirection ernannt, aber am 1. Januar 1835 wegen der gesetzlichen Neuordnung der Finanz- und Steuerbehörden als solcher pensionirt. Neben allen diesen amtlichen Beschäftigungen setzte er seine litterarischen Bestrebungen unermüdet fort: die Uebertragungen aus den Schriftstellern der Alten, seine naturwissenschaftlichen, juristischen und geschichtlichen Studien; er machte weite Reisen nach Italien (1835), Holland (1837) und Scandinavien (1839) und theilte die Erlebnisse und Beobachtungen, die er dort machte, in besonderen Werken mit; er lieferte Beiträge für zahlreiche Zeitschriften und unterhielt mit den verschiedensten Gelehrten einen fleißigen Briefwechsel; er brachte eine reiche Sammlung von Bildern, Kunstgegenständen und eine vorzügliche Bibliothek zusammen. Nicht minder als wegen der von ihm veröffentlichten Werke erfreute er sich wegen der Vielseitigkeit seiner Bildung, seines rastlosen Fleißes und seiner Geschäftsgewandtheit nicht nur daheim, sondern in ganz Deutschland eines hohen Rufes. Er war Mitglied mehrerer gelehrter Gesellschaften, darunter seit 1812 der Societät der Wissenschaften in Göttingen. Als in Braunschweig 1841 die Naturforscherversammlung tagte, wurde er zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Er starb nach einer längeren Krankheit am 17. August 1848; seine Frau hat ihn bis zum 25. December 1860 überlebt. Von seinen fünf Söhnen sind zwei schon in der Jugend, von den andern Friedrich als Consistorialrath am 29. October 1887 in Wolfenbüttel, Hermann als Regierungsrath am 8. August 1846 zu Magdeburg und Eggeling als pensionirter Rittmeister am 27. Januar 1892 in Wolfenbüttel gestorben. – Auch sein Bruder Friedrich Heinrich v. St. (geboren am 2. October 1773, † am 30. März 1832 in Halberstadt) hat sich als juristischer Schriftsteller bekannt gemacht (s. o.).

Vgl. Fr. K. v. Strombeck, Darstellungen aus meinem Leben und aus [617] meiner Zeit I, II, 1833 (2. Aufl. 1835). – [Fr.] C[rame]r in den Zeitgenossen V, Heft 19 (1820), S. 141–170. – Annalen der Haupt- und Residenzstadt Braunschweig 1831, Nr. 6. – Herzogl. Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Gottlieb Eusebius Oelze (1734-1807), seit 1782 Professor der Rechte in Helmstedt, seit 1788 ordentlicher Professor und Geheimer Justizrat.
  2. Scipione Breislak (* 16. August 1750 in Rom; † 15. Februar 1826 in Mailand), italienischer Geologe schwedischer Herkunft.