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Artikel „Streit, Sigismund“ von Fritz Jonas in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 565–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Streit,_Sigismund&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:42 Uhr UTC)
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Streit: Sigismund St., Kaufmann, geboren zu Berlin am 13. April 1687 als der Sohn des Hufschmieds David St. und seiner Ehefrau Eva Marie, gebornen Meltzow, † zu Padua in der Nacht vom 19. zum 20. December 1775. Seine Leiche wurde seiner letztwilligen Bestimmung gemäß nach Venedig überführt und dort auf der Insel St. Christoph auf dem Kirchhof der protestantischen Deutschen bestattet. Er hatte das Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster bis Secunda besucht, ging 1704 als Kaufmannsdiener nach Altona, dann nach Leipzig und von dort 1709 nach Venedig, wo er 1715 eine eigene Handlung begründete, die durch seine Sparsamkeit und Arbeitsamkeit ihm allmählich ein großes Vermögen verschaffte. 1750 setzte er sich zur Ruhe und siedelte 1754 nach Padua über. Von Beziehungen, die Friedrich der Große mit dem tüchtigen Geschäftsmanne unterhielt, geben zwei Schreiben Zeugniß, die in Robert Naumann’s Serapeum 1858, Nr. 18, abgedruckt worden sind.

Ein bleibendes Denkmal hat sich St. durch seine Stiftungen begründet. Da er die Kinder seiner Geschwister – er selbst war unvermählt geblieben – „auf niedrigen Wegen fand und Niemanden unter ihnen, von dem ein solides Denken zu hoffen“, so wollte er zwar die Seinigen nicht ganz übergehen, aber den Haupttheil seines „durch Gottes offenbaren Beistand“ erworbenen Vermögens zu geistlichen Stiftungen in seinem Vaterlande bestimmen; und nach langen Erwägungen, wie sein Geld den größten Segen bringen könne, beschloß er drei Stiftungen zu machen. Seine Pläne entwickelten sich erst im Laufe vieler Jahre, und fast ein Vierteljahrhundert hat er über dieselben eine lebhafte Correspondenz geführt. Das Endergebniß war, daß St. durch Schenkungen unter Lebenden und durch letztwillige Verfügungen dem Berlinischen Gymnasium zum Grauen Kloster zu verschiedenen von ihm mit peinlicher Sorgfalt bestimmten Zwecken 85 000 Thaler zugewendet hat und außerdem eine beträchtliche Anzahl seiner Bücher und 47 zum Theil sehr werthvolle Gemälde. Außerdem hat er in den [566] Jahren 1753 und 1754 dem Directorium der Hallischen Waisenhäuser in zwei Stiftungen je 15 000 Gulden überwiesen zur Unterhaltung armer Kirchen- und Schulanstalten der vereinigten evangelisch-lutherischen Gemeinden in Nordamerika unmittelbarer großbritannischer Landeshoheit, und zu einem beständigen Fonds für die evangelische Mission zu Madras und Cudelur in Ostindien.

Seinem katholischen Diener Neri hatte er testamentarisch 300 Ducaten und sein gesammtes Mobiliar an Hausgeräth etc. vermacht, jedoch mit der folgenden Klausel, welche in gleicher Weise das treue Festhalten an seiner evangelischen Confession und seine kluge Vorsicht kennzeichnen: „Ich bin in der evangelisch-lutherischen Religion geboren und habe beständig darin gelebt, und in dieser Religion will ich, und erkläre es fest, durch völlige Ueberzeugung und Eifer gedrungen, bis zum letzten Hauch meines Lebens beharren. Mein Diener, Johann Neri, ist von dieser meiner inbrünstigen Entschließung durch mich und andere würdige Personen sehr oft unterrichtet, und aufs eifrigste ermahnt worden, daß er mir in dieser wichtigen Sache, auf welche ich mich völlig verlasse, getreu sein solle, und ich bin gewiß, daß er mich nicht hintergehen wird. Sollte aber wider alle meine Erwartung verlauten, daß ich die Religion verändert, so erkläre ich in diesem Fall, daß der Neri alles dessen verlustig gehen soll, was ich ihm in diesem Testament vermacht habe.“

Büsching, Progr. des Grauen Klosters 1776 und in seinen Beiträgen zur Lebensgeschichte denkwürdiger Personen. Th. IV. – Gedike im Programm des Grauen Klosters zu dem Wohlthäterfest 1794. – Ribbeck, Programme des Grauen Klosters zum Wohlthäterfest 1842 und 1844. – Heidemann, Geschichte des Grauen Klosters zu Berlin. Berlin 1874.