ADB:Büsching, Anton Friedrich

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Artikel „Büsching, Anton Friedrich“ von Julius Löwenberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 644–645, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%BCsching,_Anton_Friedrich&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:15 Uhr UTC)
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Büsching: Anton Friedrich B, der Begründer der neueren politisch-statistischen Methode der Geographie, wurde geboren am 27. September 1724 zu Stadthagen im Schaumburg-Lippeschen, † am 28. Mai 1793 als Ober-Consistorialrath und Director des Gymnasiums zum grauen Kloster in Berlin. Erst im 19. Lebensjahre kam er aus der rohen Zucht eines überstrengen Vaters nach Halle, studirte Theologie und ging 1749 als Erzieher bei dem Sohne des dänischen geheimen Raths v. Lynar nach Petersburg, kehrte aber bald mit demselben in dessen Heimath Itzehoe zurück und verließ die Stelle, um neben theologischen Studien vorzugsweise Materialien für eine große Erdbeschreibung zu sammeln. Nach wechselndem Aufenthalt als Professor der Theologie in Göttingen, als Pfarrer der lutherischen Gemeinde in Petersburg, ging er 1765 nach Altona, folgte aber schon 1767 einem Rufe nach Berlin in das bereits genannte Amt, das er bis zu seinem Tode volle 26 Jahre, 29. Mai 1767 bis 28. Mai 1793, verwaltete. – Wie in seinem Wohnsitz war B. auch in der Wissenschaft unstät. Seine Schriften, weit über hundert, waren kunsthistorische, theologische, dogmatische, exegetische, asketische, kirchenhistorische, pädagogische, biographische, zumeist geographische. Als Geograph ist er aber von historischer Bedeutsamkeit, seine „Neue Erdbeschreibung“ war bahnbrechend für die Darstellung der neueren Geographie und wurde in fremde Sprachen übersetzt. Ihr Erscheinen beginnt 1754. Er selbst bearbeitete Theil 1–11, Abth. 1. d. i. Europa und den Anfang von Asien, 1754–1792, ohne das ganze Werk zu vollenden. Die ersten Theile erlebten bis 8 Auflagen. Nach Büsching’s Tode wurde sein Werk fortgesetzt: von Sprengel und Wahl (Asien, Th. 11, Abth. 2–4, Hamburg 1802 bis 1807), von Hartmann (Afrika, Th. 12, Abth. 1, 1799), von Ebeling (Amerika, Th. 13, Bd. 1–6, 1800–1803). Ein von B. selbst noch veranstalteter Auszug von Europa hatte von 1762–1785 sechs Auflagen. Büsching’s Haupteigenthümlichkeit war die Darstellung der sogenannten politischen Geographie. Er wagte es zuerst, genauere Nachrichten über den Zustand mancher Länder bekannt zu machen, die bisher als Staatsgeheimnisse verborgen gehalten wurden. Wie in einen großen Strom ergießen sich in sein Werk alle Quellen von nahen und entfernten Gegenden. Er war ein Deutscher von emsigstem Ameisenfleiß. Sein „Magazin für die Historie und Geographie der neueren Zeit“, 1767 bis 1788, umfaßt 23 Bände, 4.; seine „Wöchentlichen Nachrichten von neuen Landkarten, geogr., statist. und histor. Büchern und Sachen“, 1773–1787, setzte er 15 Jahre fort. Seine politisch-statistische Methode wurde durch Achenwall’s neu begründete Disciplin der Statistik und Staatswissenschaft wesentlich gefördert, aber bei allem schweren Uebergewicht von dergleichen politischen Zuthaten ist doch das statistische Zahlendetail oft frappirend mangelhaft und vollends das physikalische, eigentlich erdkundliche. Genau genommen hatte man nur einen Wust von Namen und Zahlen, die nach der jeweiligen politischen Staateneintheilung zusammengehäuft waren. Alles in Allem bot die Geographie nur nuda locorum nomina. Ein Bild der Natur des Landes erhielt man nicht. Und so [645] ist denn auch bei dem jähen Wechsel der politischen Staatenbildungen am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts sein Werk schnell veraltet und gegenwärtig nur eine litterarische Ruine achtungswerthen, handwerksmäßigen Fleißes. Trotz alledem blieb seine politisch-statistische Methode Muster und Vorbild für alle größeren und kleineren Werke. In seinem Sinne arbeiteten Gaspari, Fabri, Hüllemann, Hassel, Stein, Galletti, Cannabich und viele Andere, und wenn ihre geographischen Systeme durch einen Feld-, Feder- oder Namenszug verändert und ihre geographischen Lehrgebäude durch einen Grenzpfahl oder Schlagbaum umgestoßen wurden, da wurde eben so schnell ein Neubau ausgeführt, mit emsigster Schreibseligkeit der alte Wust neu rubricirt und die „neue“, „neuste Geographie“ mit der Fluth der Tageslitteratur vom Stapel gelassen. Erst im zweiten und dritten Jahrzehnt begann die Reform rein geographischer Darstellung.

Spalding, Oratio funebris de Büschingio, Berol. 1793. Erinnerung an Büsching’s Verdienste um das Berlinische Schulwesen, von Gedike (ein Schulprogramm), Berlin 1795. Büsching’s Leben im Supplementbande von Schlichtegroll’s Nekrolog für die Jahre 1790–1793. Erste Abth. S. 58 bis 146.